Die Suche nach den besten Problemstellungen Start des internationalen Verbundprojekts TraDe-OPT
Immer schneller entstehen immer mehr Daten. Selbst wenn Algorithmen beim Durchdringen des Datendschungels helfen, brauchen sie dafür in der Regel immer mehr Zeit für optimale Ergebnisse. Eine Lösung sucht das Verbundprojekt TraDe-OPT, an dem das Institut für Analysis und Algebra der Technischen Universität Braunschweig beteiligt ist. Acht Forschungseinrichtungen und sechs Unternehmen kommen bei TraDe-OPT zusammen, um mathematische Probleme so zu formulieren, dass die Algorithmen bei mehr Daten sogar schneller werden könnten. Ein Interview mit Professor Dirk Lorenz und den zwei neuen Doktoranden Emanuele Naldi und Lionel Tondji.
Professor Lorenz, worum geht es bei TraDe-OPT?
Lorenz: Grundsätzlich geht es bei dem Projekt um Optimierung. Dazu gehört beispielsweise, Prozesse zu planen und Daten so aufzubereiten, dass sie zu optimalen Entscheidungen führen. Allerdings stehen die Optimierungsalgorithmen einer stetig wachsenden Datenflut entgegen, die zugleich immer dynamischer wird. Wenn dann der Algorithmus bei doppelter Datenmenge das Vierfache an Zeit benötigt oder bei neu hinzugefügten Daten wieder von vorne anfängt, wird deutlich, wie sehr neue Methoden gefragt sind.
Zusammen mit meinen beiden neuen Doktoranden Lionel Ngoupeyou Tondji und Emanuele Naldi arbeite ich in TraDe-OPT an konvexer Optimierung. Diese haben die Eigenschaft, dass jedes Ergebnis, das nur bei kleinen Abweichungen optimal ist, auch schon das insgesamt bestmögliche ist. Eine große Herausforderung besteht darin, Probleme so zu modellieren, dass sie konvex sind
Das Besondere des internationalen Verbundprojekts: Es verbindet mathematische Spitzenforschung mit praktischer Anwendung. Einen Teil absolvieren die Promovierenden in den kooperierenden Unternehmen. Beispielsweise helfen sie dann, Laser- und Röntgenmessgeräte zu verbessern oder die Arbeit eines Computertomographen zu beschleunigen. Bei TraDe-OPT bilden wir so insgesamt 15 Spezialistinnen und Spezialisten eines neuen Forschungsfeldes aus.
Herr Tondji, Herr Naldi, Sie haben beide erst vor wenigen Wochen in Braunschweig als Doktoranden angefangen. Warum haben Sie sich für das Projekt entschieden?
Naldi: Ich habe meine bisherige akademische Laufbahn im italienischen Pavia verbracht. Vor allem für meinen Master habe ich in Pavia eine ausgezeichnete Forschungsgruppe für Funktionalanalysis gefunden. Dort begegnete ich verschiedenen Optimierungsaufgaben, etwa in der konvexen Analysis, und begeisterte mich für die theoretische Komplexität des Themas. Mein Betreuer der Masterarbeit, Giuseppe Savaré, erzählte mir von dem Projekt TraDe-OPT. Mich reizte die Kombination der theoretischen Herausforderung der Konvexität und die Umsetzung der Theorie in die Praxis. Zudem freue ich mich auf die internationale Erfahrung und neue Perspektiven.
Tondji: Während meines Studiums ging ich von Kamerun für meinen Master in maschineller Intelligenz an das African Institute for Mathematical Sciences (AIMS) nach Ruanda. Während meiner Teilnahme am „AI Residancy“-Projekt von Google entdeckte ich meinen Forschungsdrang zu konvexer Optimierung. Jetzt freue ich mich, zu einem großangelegten Projekt beizutragen und tiefer in das Thema einzusteigen. TraDe-OPT schafft für mich die Voraussetzungen für Forschung in einem spannenden interdisziplinären Umfeld. Doch wie bei Emanuele ist es nicht nur die Theorie, die mich am Projekt fasziniert. Ich freue mich darauf, meine Forschung in praktische Aufgaben umzusetzen, wie zum Beispiel die Verbesserung der Magnetresonanztomographie (MRT). Neben dem Reiz des spannenden Promotionsprogramms wollte ich mich außerdem unbedingt für eine deutsche Institution bewerben. Bereits 2018 habe ich gute Erfahrungen während eines Forschungspraktikums am Bremer Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) gemacht.
Das Projekt verbindet vierzehn akademische und wirtschaftliche Partnerinstitutionen. Welchen Einfluss hat dieses Netzwerk auf Ihre Doktorarbeit?
Tondji: Das Projekt vereint eine Vielzahl an Expertinnen und Experten. In der Regel sind Promovierende lediglich mit ihrer eigenen Institution verbunden und kontaktieren nur gelegentlich andere Forschende. Bei TraDe-OPT beginnen wir dagegen von Anfang an als vernetzte Gruppe mit internationaler Expertise. Als ich dem Projekt beitrat, hörte ich außerdem, dass ein Freund, mit dem ich gemeinsam im Senegal studiert habe, ebenfalls dem Projekt beigetreten ist – an der Universität von Genua.
Naldi: Ich habe eine ähnliche Verbindung zu einer unserer Partnerinstitutionen: Ein enger Freund hat sich parallel für das Projekt beworben und gerade in Graz begonnen. Wir tauschen uns jede Woche aus, manchmal sogar täglich. Jetzt können wir gemeinsam an einem Thema arbeiten. Das zeigt, wie lebendig die Verbindung zwischen den Projektpartnern ist, und ich hoffe, dass wir auch mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in so konstruktiven Kontakt treten.