Bild des Monats: EKG-T-Shirts Aus dem Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik
Unser Bild des Monats April 2022 zeigt nicht etwa eine Landschaft auf einem fernen Planeten, sondern ein spezielles Gewebe. Das etwa vier mal zwei Zentimeter große Stück Stoff befindet sich an verschiedenen Stellen an der Innenseite eines sogenannten EKG-T-Shirts. Es dient dazu, ein Elektrokardiogramm (EKG) zu messen, ohne dass die Patient*innen etwas davon merken. Das Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik (PLRI) der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover forscht damit an der Zukunft des Gesundheitsmonitorings.
Ein EKG stellt die elektrische Aktivität des Herzens dar und wird üblicherweise ambulant beim Hausarzt oder stationär im Krankenhaus gemessen. Doch dieser Ansatz bringt einige Probleme mit sich: Zum einen dauert die Messung mit klassischen EKG-Messgeräten nur wenige Sekunden und stellt daher lediglich eine Momentaufnahme dar. Die Patient*innen befinden sich zudem währenddessen im Ruhezustand. In Bewegung wird die Aktivität nicht gemessen.
„Erschwerend kommt hinzu, dass die Ergebnisse oft noch ausgedruckt und nicht digital gespeichert werden. Eine erneute Analyse zur Verlaufskontrolle ist somit nur schwer möglich“, erklärt Dr. Nicolai Spicher vom PLRI. Auf Dauer sind die Geräte mit ihren Sensoren unangenehm zu tragen. EKG-T-Shirts, wie sie von kommerziellen Anbietern bereits angeboten werden, haben hingegen einen deutlich besseren Tragekomfort und umfangreichere Möglichkeiten für die Auswertung der gemessenen Daten.
Kontinuierliches Gesundheitsmonitoring auch im privaten Umfeld
Wissenschaftler*innen am PLRI arbeiten mit Hilfe der EKG-T-Shirts daran, ein Gesundheitsmonitoring nicht nur im kontrollierten medizinischen, sondern auch im privaten Umfeld zu realisieren – und das rund um die Uhr. Im Rahmen des durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderten 5G-Reallabors in der Mobilitätsregion Braunschweig-Wolfsburg wird untersucht, wie dies mit Hilfe des neuen Mobilfunkstandards 5G, tragbaren Sensoren – sogenannten „Wearables“ – und gezielten Algorithmen umgesetzt werden kann.
„Das Institut für Nachrichtentechnik (IfN) der TU Braunschweig bringt seine Expertise auf dem Gebiet der Modellierung und Simulation von Mobilfunksystemen in das Forschungsprojekt ein“, so Spicher. „Damit können wir zuerst per Simulation und dann per Experiment bewerten, inwiefern der neue 5G-Standard einen Mehrwert gegenüber kabelgebundenen oder bisherigen Mobilfunkstandards bietet.“ So habe man bereits gemeinsam die Leistungsfähigkeit des 5G-Netzes für die Übermittlung von medizinischem Bildmaterial evaluieren können. In zukünftigen Arbeiten solle untersucht werden, wie leistungsfähig dieser für die Übermittlung der EKG-Daten ist.
Damit die entwickelten Lösungen im Sinne eines Reallabors auch einen Weg in die Praxis finden können, sind darüber hinaus Wissenschaftler*innen vom Institut für Automobilwirtschaft und Industrielle Produktion an dem Forschungsprojekt beteiligt. „Die Kollege*innen untersuchen, wie unterschiedliche Interessengruppen, wie beispielsweise medizinische Experten oder interessierte Patienten, beteiligt werden können und so ein erfolgreiches Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis realisiert werden kann“, erklärt Dr. Nicolai Spicher.
Im Sommer soll in Braunschweig ein großer Feldtest mit fünfzig EKG-T-Shirts stattfinden. Dann werden erste Ergebnisse vorliegen.