Sprachenförderung in jeder Unterrichtsstunde, durch jede Lehrkraft – Initiative zur Lehramtsausbildung wird in Niedersachsen mit 2,7 Millionen Euro gefördert TU Braunschweig erhält 130.000 Euro
Niedersachsen setzt neue Maßstäbe in der Lehramtsausbildung: Angehende Lehrkräfte werden künftig dazu befähigt, die für den Bildungserfolg so notwendige Sprachenförderung in jedem Unterrichtsfach umzusetzen. Sprachkompetenz gilt als Schlüssel für eine erfolgreiche Bildungsbiografie, doch der Anteil der Schülerinnen und Schülern mit Sprachförderbedarf steigt seit Jahren. Das Projekt „Umbrüche gestalten – Sprachenförderung und -bildung als integrale Bestandteile innovativer Lehrerbildung in Niedersachsen“ setzt auf einen gezielten Ausbau von Sprachförderungskompetenzen. Mit rund 2,7 Millionen Euro wird es ab dem kommendem Jahr vom Niedersächsischen Kultusministerium, dem Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache und neun niedersächsischen Hochschulen gefördert.
Die Technischen Universität Braunschweig ist in diesem Projekt gemeinsam mit der Universität Hildesheim für den Bereich Grund- Haupt- und Realschule zuständig. Gemeinsam entwickeln sie für die jeweilige Schulform Kerninhalte für die Lehramtsausbildung in den Bereichen Sprachenförderung und Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Ziel ist es, dass die Studierenden bereits im Laufe ihres Studiums in die Lage versetzt werden in ihrem zukünftigen Arbeitsfeld Schule kompetent auf die Zukunftsherausforderung Sprachenförderung und Deutsch als Zweitsprache zu reagieren.
Konkret werden an der TU Braunschweig Konzepte zur Etablierung von gemeinsam zu nutzenden Materialien für Lehrveranstaltungen entwickelt, Diagnosetools erstellt und Videoaufnahmen von Sprachfördersequenzen für die Lehre eingesetzt. Eine besondere Herausforderung liegt darin, für einzelnen Fächer Seminarangebote zur Sprache zu entwickeln.
Für das dreijährige Projekt fließen insgesamt 130.000 Euro aus dem Mercator-Projekt an die TU Braunschweig. Die TU Braunschweig unterstützt das Projekt im ersten Jahr zusätzlich durch eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle. Prof. Katja Koch, Institut für Erziehungswissenschaft, die zusammen mit Dr. Dina Lüttenberg, Institut für Germanistik, das Braunschweiger Projektteam leitet, betont, „dass das Projekt an der TU Braunschweig bereits auf etablierte Strukturen, wie zum Beispiel dem Sprachenzentrum und dem Institut für Germanistik sowie auf Forschungen am Institut für Erziehungswissenschaft aufbauen kann.“
„Wir wollen allen Kindern möglichst umfassende Bildungschancen bieten – mangelnde Sprachkenntnisse dürfen Schülerinnen und Schülern dabei nicht im Weg stehen“, sagt die Niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. „Lehrkräften müssen wir dazu das nötige Rüstzeug an die Hand geben. Wichtig ist, dass die Sprachförderung nicht nur in Förderstunden, sondern überall im Schulalltag erfolgt – in jeder Unterrichtsstunde und bei jeder Lehrkraft. Darum investieren wir an dieser Stelle deutlich in die Lehramtsausbildung“, so Heiligenstadt.
Neun lehrkräftebildende Hochschulen in Niedersachsen haben auf Initiative der Universität Göttingen mit ihrem Projekt „Umbrüche gestalten“ beim Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache bis 2017 eine Förderung von insgesamt 1,25 Millionen Euro eingeworben. „Lehrkräfte müssen schon im Studium auf die sprachliche Heterogenität im Klassenzimmer vorbereitet werden. Die niedersächsischen Hochschulen haben ein überzeugendes Konzept vorgelegt, wie die Themen Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache systematisch ins Lehramtsstudium einfließen können. Wir freuen uns, diesen Prozess in den kommenden Jahren zu begleiten“, erklärt Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache. Das Mercator-Institut ist ein von der Stiftung Mercator initiiertes und gefördertes Institut der Universität zu Köln.
Das Kultusministerium ergänzt die Projektmittel um rund 670.000 Euro. Politische Unterstützung erhalten die niedersächsischen Hochschulen auch von der Landeshochschulkonferenz Niedersachsen. Darüber hinaus bringen die beteiligten Hochschulen selbst zusätzlich rund 750.000 Euro Eigenmittel ein. Neben der Universität Göttingen sind die Technische Universität Braunschweig, die Universität Hannover, die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sowie die Universitäten Hildesheim, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück und Vechta beteiligt. Ziel des Projekts „Umbrüche gestalten“ ist die Entwicklung eines strukturierten schulformspezifischen Qualifizierungsangebots in den Bereichen Sprachenförderung und Deutsch als Zweitsprache für Lehramtsstudierende aller Fächer. Ein Fokus liegt auf der Vermittlung von Kompetenzen zur Entwicklung fächerspezifischer Diskursfähigkeiten. Entwickelt werden auch Konzepte und Materialien für die Fort- und Weiterbildung von Hochschullehrerinnen und -lehrern sowie Lehrkräften an Schulen. „Je besser die Hochschulen die Lehramtsstudierenden aller Fächer bei der Vermittlung von Sprachkompetenzen ausbilden können, desto größer ist der Bildungserfolg, den wir später haben“, so die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Dr. Gabriele Heinen-Kljajić.
Deshalb entwickeln die Projektpartner Konzepte und Materialien, um Kerninhalte aus dem Bereich Sprachenförderung und -bildung vor allem in die fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Module der einzelnen Lehramtsstudiengänge einzubinden und nicht primär als gesonderte Veranstaltungen einzurichten. „Dabei geht es um die Integration in alle Fächer der Lehramtsausbildung, etwa auch in die Ausbildung der Physik- und der Mathematiklehrer,“ so Initiatorin und Projektleiterin Prof. Dr. Hiltraud Casper-Hehne, Vizepräsidentin der Universität Göttingen. „Man denke nur an Sätze aus der Mathematik wie ‚Das Verhältnis der Längen der entsprechenden Strecken ist gleich’, den sogenannten Strahlensatz. Gerade diese ‚schulische Fachsprache‘ bereitet Schülerinnen und Schülern häufig Probleme. Deshalb müssen unsere zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer auf die adäquate Vermittlung dieser Bildungssprache in heterogenen Schulklassen optimal vorbereitet werden“, sagt Casper-Hehne.
Professorinnen und Professoren aus den Bereichen Sprachwissenschaft, Deutsch als Zweitsprache, Deutsch als Fremdsprache, Didaktik der deutschen Sprache, Literaturwissenschaft/Fachdidaktik, Interkulturalität und Mehrsprachigkeit sowie den Bildungswissenschaften leiten an den neun Hochschulstandorten das Projekt. Sie haben sich jeweils zu lokalen Netzwerken mit komplementären Professuren, beispielsweise aus der Diversitätsforschung oder der Fachdidaktik Mathematik oder Physik zusammengeschlossen. Eine wichtige Rolle spielen auch die Zentren für Lehrerbildung, etwa an den Universitäten in Hildesheim, Göttingen oder Hannover. Mittlerweile sind insgesamt mehr als 40 Professorinnen und Professoren in das Projekt involviert.
Eng zusammen arbeiten die Projektpartner mit dem vom Niedersächsischen Kultusministerium eingerichteten Projekt „DaZNet – Netzwerk für Deutsch als Zweit- und Bildungssprache, Mehrsprachigkeit und Interkulturelle Kompetenz“. Im Rahmen dieses Projekts werden seit 2010 15 regionale Sprachbildungsnetzwerke mit inzwischen mehr als 120 Netzwerkschulen verschiedener Schulformen aufgebaut. Das Kultusministerium stellt für die Zusammenarbeit im Projekt „Umbrüche gestalten“ auch abgeordnete Lehrerstellen aus dem DaZNet für jeden Hochschulstandort zur Verfügung.
Kontakt zum Projekt der TU Braunschweig
Prof. Dr. Katja Koch
Institut für Erziehungswissenschaft der TU Braunschweig
Tel.: +49 (0) 531-391 8839
E-Mail: katja.koch@tu-braunschweig.de
www.tu-braunschweig.de/schulpaedagogik