Sensibler Umgang mit knappen Ressourcen beginnt beim Abwasser Forschungsprojekt: Wie Pharma-Produktionsabwässer energiesparend gereinigt werden können
Sauberes Wasser ist eines der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Gemeint ist damit vor allem der Zugang zu sauberem Trinkwasser. In Zeiten knapper werdender Wasserressourcen gewinnt die Aufreinigung von Abwasser zunehmend an Bedeutung. Wasser ist auch bei der Herstellung von Pharmawirkstoffen und Arzneimitteln ein kostbares Gut. Damit Pharma-Produktionsabwässer künftig energieeffizienter aufgereinigt werden können, startet die TU Braunschweig zusammen mit einem Industriepartner ein Forschungsprojekt im September 2022.
Herkömmliche Verfahren zur Aufreinigung von Pharma-Produktionsabwässern stellen in der Regel komplexe Prozesse dar, die besonders energie- und kostenintensiv sind. Der neue Ansatz, der nun in einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt vom Labormaßstab bis zum Vorserienmodell vorangetrieben werden soll, nutzt das Prinzip der Sprühverdampfung unter Vakuumbedingungen. Mit diesem neuartigen Verfahren sollen pharmazeutische Produktionsabwässer zu Reinstwasser aufbereitet werden.
Durch Vakuum niedrigere Temperaturen möglich
Der Clou im Bereich der Pharmaproduktion: Aufgrund der Vakuumbedingungen kann die Aufreinigung im Vergleich zu den bisher bekannten Verfahren bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen erfolgen. Dadurch kann der Energiebedarf deutlich reduziert werden. Zusätzlich wird das zu verdampfende Wasser vor der Aufreinigung durch Solarthermie oder Abwärme aus einem Produktionsprozess vorgewärmt, was Energie einspart und die Autarkie der Anlage deutlich erhöht.
Vom Modell zur Testanlage
Das Institut für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik (ICTV) der TU Braunschweig übernimmt die experimentellen Untersuchungen und erarbeitet darauf aufbauend die Modellierung des Verfahrens und speist die dabei gewonnenen Forschungsergebnisse in die Konzeption und Auslegung der Anlage ein. „Da das Gesamtverfahren im Bereich der Wasseraufbereitung neuartig ist, fehlt aktuell eine verlässliche Modellierung sowie eine belastbare, validierte Berechnungsgrundlage zur Auslegung derartiger Anlagen. Wir werden daher eine Laboranlage aufbauen, um Prozesseinstellungen, aber auch apparative Variationen, wie zum Beispiel verschiedene Sprühdüsen, zu untersuchen, um so die anforderungsgerechte Auslegung und Optimierung des Verfahrens zu unterstützen“, sagt Dr.-Ing. Katharina Jasch, Arbeitsgruppenleiterin für Innovative Apparate- und Anlagenkonzepte am ICTV.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
„Mit dem Verfahren sollten sich unterschiedlich stark kontaminierte Abwässer behandeln lassen. Im einfachsten Fall könnten dies beispielsweise Spülabwässer aus der Behälter- und Anlagenreinigung in Pharma- oder Lebensmittelproduktionsanlagen bei einer Cleaning-In-Place-Reinigung sein“, sagt Knut Denecke von der Firma DEWA Engineering und Anlagenbau, die als Industriepartner an „VacuSpray“ beteiligt ist. Dabei enthielten die Abwässer meist gelöste Salze, Öle und feste (Produkt-)Rückstände. Bei den stärker kontaminierten Abwässern handele es sich um pharmazeutische Abwässer, die beispielsweise bei der Impfstoffherstellung anfallen. „Sie enthalten zum Beispiel lebende Mikroorganismen, Bestandteile von Viren oder Bakterien, Endotoxine sowie weitere Pyrogene.“
Bei erfolgreicher Projektdurchführung können sich die Partner vorstellen, das Prinzip auf weitere Einsatzbereiche, etwa in der Chemieindustrie, bei der Vorkonzentrierung von Meerwasser zur Trinkwassergewinnung oder bei der Aufreinigung von mit Mikroorganismen belasteten Abwässern, auszudehnen.
ProPharm: Schneller Transfer vom Labor in den Markt
Die Projektidee wurde im Innovationsnetzwerks Pharmaproduktionstechnologie – ProPharm – am Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) der TU Braunschweig konzipiert und in Form eines gemeinsamen Förderantrages realisiert. „VacuSpray ist ein wichtiges Signal für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft, für die das ProPharm-Netzwerk steht. Durch die Kooperation können innovative Forschungsansätze schneller vom Labor in den Markt transferiert werden“, erläutert Dr. Gerlinde Benninger, Geschäftsführerin des PVZ und Leiterin des ProPharm-Netzwerkmanagements.
Projektdaten
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützt das Vorhaben „Vakuum-Sprühverdampfer zur energieeffizienten Aufbereitung pharmazeutischer Produktionsabwässer und Gewinnung von Reinstwasser“, kurz VacuSpray, im Rahmen der Förderlinie „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“. Die Fördersumme im ZIM beträgt insgesamt circa 425.000 Euro (September 2022 bis Februar 2025). Partner ist die DEWA Engineering und Anlagenbau GmbH aus Goslar.