14. Februar 2023 | Presseinformationen:

Raus aus den Schubladen TU Braunschweig und HBK Braunschweig gemeinsam beim Braunschweiger Schoduvel mit „Karneval*Diversity“

Gemeinsame Pressemitteilung der TU Braunschweig und HBK Braunschweig

Diversität, Diversity, Vielfalt: Welche Bilder entstehen dazu in unseren Köpfen? Wie sie Diversität erfahren und denken, zeigen Studierende der Technischen Universität Braunschweig und der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig in einem gemeinsamen Projekt beim Schoduvel, dem Braunschweiger Karnevalsumzug. Wenn die Narren am 19. Februar durch die Straßen der Löwenstadt ziehen, werden von ihnen zwei Motivwagen und eine 60-köpfige Fußgruppe dabei sein.

Das Riesen-Scrabble: 48 Buchstaben und Zeichen haben die Studierenden der TU Braunschweig auf große Holztafeln gemalt. Bildnachweis: Presse und Kommunikation/TU Braunschweig

Seit Wochen sägen, nähen, schweißen, kleben und malen die Studierenden im Institut für Architekturbezogene Kunst (IAK) der TU Braunschweig und dem Institut für Performative Praxis, Kunst und Bildung (IPKB) sowie dem Transformation Design der HBK Braunschweig, damit Wagen, Kostüme und Choreographien rechtzeitig zum Schoduvel fertig sind.

„Wir wollen stereotype Bilder auflösen“

48 Buchstaben und Zeichen haben die Studierenden auf große Holztafeln gemalt, in drei Typografien, die sich nur durch feine Nuancen unterscheiden. Aus Schubladen einer überdimensionalen Kommode des HBK-Motivwagens tragen „merkwürdige Gestalten“ die Buchstaben zum Display auf dem Wagen des Instituts für Architekturbezogene Kunst. Auf dem Weg zu dem riesigen Scrabble-Regal entstehen in marschierendem Tanz der 60-köpfigen Fußgruppe immer wieder neue Wörter und Sinnzusammenhänge: Verständliches und Unverstehbares, lesbare Wörter, sinnbefreite Laute. Dadaistisches wird über eigens hergestellte Trichter in die Menge skandiert.

Während einer langen Jurysitzung mit Studierenden und Lehrenden beider Hochschulen waren Modelle und Entwurfszeichnungen zum „Karneval*Diversity“ präsentiert und debattiert worden. Dabei galt es, die eigenen Bilder mit denen der anderen abzugleichen. Gemeinsam wurde entschieden, was realisiert werden soll. Obwohl der Abstimmungs- und Diskussionsprozess über die zu realisierenden Entwürfe zwischen vielen Beteiligten langwierig und herausfordernd war, habe er sich gelohnt, finden die Studierenden. Für den Prozess der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung seien bei „Karneval*Diversity“ Humor und Selbstironie unverzichtbare Zutaten. Jetzt sind alle gespannt, wie die Message beim Publikum ankommt.

Bereits zum vierten Mal beteiligt sich das Institut für Architekturbezogene Kunst am Braunschweiger Karnevalsumzug. Dieses Mal ist der Wagen ein riesiges Scrabble-Regal. Bildnachweis: Presse und Kommunikation/TU Braunschweig

In den vergangenen Wochen haben die Studierenden gemalt, geklebt, geschweißt, gesägt und genäht. Bildnachweis: Presse und Kommunikation/TU Braunschweig

Die Buchstaben haben die Studierenden in drei Typografien gemalt, die sich nur durch feine Nuancen unterscheiden. Bildnachweis: Presse und Kommunikation/TU Braunschweig

„Wir wollen das Schubladendenken aufheben“, erklärt Professorin Folke Köbberling, Leiterin des IAK, und Professorin Rahel Puffert, Studiengangsverantwortliche für die Kunstpädagogik und Leiterin des IPKB ergänzt: „Jeder und jede von uns hat stereotype Bilder von Diversität im Kopf. Diese Bilder gilt es humorvoll aufzulösen, um andere Vorstellungen zum Entstehen zu bringen.“

Auch die Kostüme der Fußgruppe lassen sich nicht ohne Weiteres in Schubladen einsortieren: Sie bewegen sich zwischen den Zeilen aus Buchstaben, eine eindeutige Zuordnung fällt schwer. „Inmitten des farbenreichen Treibens des Schoduvel wollten wir weder pompös, noch bunt auftreten, sondern auf andere Weise mit Witz und lautstark zur Stimmenvielfalt beitragen“, erläutern Studierende das Konzept.

Karnevalswagen wird zur Bühne in der Stadt

Der Schoduvel bildet den Auftakt für weitere gemeinsame Aktionen von TU und HBK in Braunschweig: Zu begehbaren Plattformen umfunktioniert, werden die Wagen das Thema Diversität weiterbewegen und im Sommer 2023 an verschiedenen Orten der Stadtgesellschaft platzieren. „Die Wagen werden zum Veranstaltungsort, zur Bühne, zum Display“, so Folke Köbberling „und können als Informations-, Aktions- oder Aufenthaltsort genutzt werden.“

„Ein umfangreiches Veranstaltungsangebot mit öffentlichen Werkstätten, Kino, Diskussionsveranstaltungen und Vorträgen ist bereits in Planung“, verraten Studierende des IAK. Dabei werde es unter anderem um Themen wie „Migration, Architektur und Kunst“ oder den „Klangraum Stadt“ gehen. „Die künstlerischen Interventionen und Veranstaltungsformate verstehen sich als Impulse zum Diskurs über soziale Ungleichheit und Verantwortung in Kunst und Gesellschaft“, erläutert Rahel Puffert.

TU-Präsidentin initiierte das Kooperationsprojekt

Die Initiative, in diesem Jahr gemeinsam mit der HBK das Thema „Diversität“ aufzugreifen, kam von der Präsidentin der TU Braunschweig, Prof. Dr. Angela Ittel: „Diversität und Gleichstellung sollten gelebte Realität sein und das nicht nur an unserer Universität. Wir möchten eine Vorreiterinnenrolle als Arbeitgeber*in einnehmen und uns für eine offene Gesellschaft einsetzen. Das Thema beim Karneval sichtbar zu machen, ist eine großartige Idee. Ich danke allen Beteiligten für ihr Engagement!“

Prof. Dr. Ana Dimke, seit 2022 Präsidentin der Hochschule für Bildende Künste, kann hier gut anschließen: „Wir als HBK Braunschweig sind gefragt, die mit dem Anspruch an Diversität verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen anzunehmen und Veränderungen aktiv mitzugestalten und performativ voranzutreiben. Durch dieses Projekt zeigt sich die Kunsthochschule als engagierte Kunstinstitution des Austauschs und des Diskurses, die für eine offene Gesellschaft eintritt. Allen Mitwirkenden danke ich herzlich.“

„Karneval*Diversity“ ist die erstmalige Kooperation zwischen dem Institut für Architekturbezogene Kunst (Prof. Folke Köbberling, Sina Heffner, Bernd Schulz) und dem noch jungen lehramtsbezogenen Institut Performative Praxis, Kunst und Bildung der HBK (Prof. Dr. Rahel Puffert, Prof. Dr. Johannes Kup, Annika Niemann) sowie dem Studiengang Transformation Design (Dr. Paul Rajakovics) der HBK Braunschweig.

Gefördert wird das Kooperationsprojekt von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und der Stiftung Niedersachsen. Die Beteiligten bedanken sich für diese Unterstützung.

 

Über die Institute der TU und HBK

Institut für Architekturbezogene Kunst (IAK): Das Institut unter Leitung von Professorin Folke Köbberling macht bereits seit einigen Jahren durch Kunstprojekte im öffentlichen Raum auf sich aufmerksam. Unter anderem gab es Beteiligungen am Lichtparcours Braunschweig 2016 und 2020. Aufsehenerregend war auch eine einmonatige Ausstellung im Sommer 2019 auf dem Braunschweiger Südsee mit schwimmenden Skulpturen zum Thema „Anstieg des Meeresspiegels“. 2019 erhielt das Institut auch den ersten Preis für den besten Motivwagen des Braunschweiger Schoduvels. Im Sommer 2022 begleitete das IAK das documenta15-Projekt „Citizenship“.

Institut für Performative Praxis, Kunst und Bildung (IPKB): Das 2021 gegründete Institut erforscht und initiiert Bildungsprozesse in Auseinandersetzung mit aktueller Kunst und zeitgenössischen Formen des Theaters. Die Tätigkeitsfelder des Instituts umfassen Lehre und Forschungsbereiche der Fachdidaktiken, Kunst- und Theaterpädagogik, performative Praxis sowie Kunstvermittlung. Verantwortlich für die Lehramtsbezogenen Studiengänge an der HBK macht es sich das Institut zur Aufgabe, den Austausch und die Vernetzung mit kulturellen, pädagogischen und sozialen Institutionen zu suchen und vielstimmige Arenen des Diskurses zu eröffnen. Derzeit wird das Institut von Prof. Dr. Rahel Puffert geleitet.

Transformation Design: Der Masterstudiengang Transformation Design des Instituts für Designforschung der HBK vermittelt projektbasiert die Kompetenz, Veränderungsprozesse zu reflektieren, zu initiieren und mitzugestalten. Fragen der Nachhaltigkeit sowie der Zukunftsfähigkeit von Gesellschaft nehmen dabei eine zentrale Rolle ein und werden aus designmethodischer und -theoretischer Perspektive betrachtet. Ganz nebenbei erfindet sich dabei das Design neu. Prozesse, Zusammenhänge und Interaktionen mit anderen Disziplinen, Institutionen und der Zivilgesellschaft werden im gestalterischen Prozess mitbedacht.