Nanoantennen, Mobile Marketing und Roboterbalance Nachwuchswissenschaftler mit Heinrich-Büssing-Preis 2019 ausgezeichnet
Mit dem Heinrich-Büssing-Preis hat die „Stiftung zur Förderung der Wissenschaften an der Carolo-Wilhelmina“ des Braunschweigischen Hochschulbundes (BHB) auch in diesem Jahr die herausragenden Leistungen von drei Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Technischen Universität Braunschweig ausgezeichnet. Der BHB unterstreicht mit seiner Stiftung Braunschweigs Bedeutung als herausragenden Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort.
Dr. Niels Dehio vom Institut für Robotik und Prozessinformatik, Dr. Stefanie Sohn vom Institut für Marketing und Dr. Carolin Vietz vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie erhalten jeweils 5.000 Euro. Die feierliche Preisverleihung fand im Niedersächsischen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) der TU Braunschweig statt.
Hürden des Mobile Marketing im Einzelhandel analysiert
Dr. Stefanie Sohn hat ihre kumulative Dissertation zum Thema „Mobile Online Shopping: Empirical Insights into Consumers’ Usage of Mobile Devices for Online Shopping” am Institut für Marketing von Professor Wolfgang Fritz angefertigt. Sohn ist es darin gelungen, eine für den Einzelhandel bedeutende Thematik erstmals umfassend aus der Verbraucherperspektive zu behandeln. Die Arbeit entwickelt ein ganzheitliches Konzept, das Treiber und Hemmnisse der Nutzung mobiler Einkaufskanäle identifiziert. Die Ergebnisse geben dem Einzelhandel Aufschluss darüber, wie sie ihre Kunden über diesen wichtigen Absatzkanal erreichen können. Sie bieten der Marketingpraxis neue Anhaltspunkte für Maßnahmen im Mobile Marketing. Aus der Arbeit sind Publikationen in internationalen Fachjournalen und -konferenzbänden hervorgegangen.
Wie Nanoantennen diagnostische Tests verbessern können
Die Dissertation von Dr. Carolin Vietz zum Thema “Self-assembled fluorescence enhancers for the detection of nucleic acids” entstand am Institut für Physikalische Chemie bei Professor Philip Tinnefeld. Der Wissenschaftlerin ist es gelungen, eine Erfindung aus der Grundlagenforschung für mögliche Anwendungen zu validieren und so eine wichtige Grundlage für einfachere und empfindlichere diagnostische Testverfahren zu entwickeln. Mit Hilfe von winzigen sogenannten Nanoantennen, die mit Hilfe der DNA-Nanotechnologie hergestellt werden, kann die Fluoreszenz von Molekülen um bis zu 1000-fach verstärkt werden. Da viele diagnostische Tests auf Fluoreszenz basieren, war die Idee, dass solche Verfahren um einen ähnlichen Faktor sensitiver, also empfindlicher, gemacht oder auf einfachen, batteriegetriebenen Geräten ausgelesen werden können. Carolin Vietz hat diese Idee konsequent verfolgt und in ihrer Arbeit die Kompatibilität der Nanoantennen mit Biomolekülen und existierenden Verfahren bewiesen.
Schließlich konnte Carolin Vietz sogar zeigen, dass mit Hilfe der Fluoreszenzverstärkung selbst einzelne Moleküle auf einem leicht angepassten Smartphone-Mikroskop nachgewiesen werden können. Neben elf begutachteten Publikationen trug Vietz entscheidend zum Einwerben von Drittmitteln bei, zum Beispiel für ein Projekt mit dem Ziel einer Firmenausgründung auf Basis dieser Technologie.
Wenn humanoide Roboter balancieren lernen
Dr. Niels Dehio hat seine Dissertation zum Thema „Prioritized Multi-Objective Robot Control” am Institut für Robotik und Prozessinformatik von Professor Jochen Steil der TU Braunschweig geschrieben. Wie können humanoide, also menschenähnliche Roboter mit vielen Gelenken gleichzeitig verschiedene Aufgaben ausführen, zum Beispiel Balancieren, Greifen und Hindernisse vermeiden? Wie können mehrere Roboterarme zusammenarbeiten, um schwere Lasten für den Menschen schwerelos erscheinen zu lassen? Die Antwort liegt, wie Dehio mit seiner Dissertation zeigt, in der Mathematik moderner modellbasierter Kraftregelungsverfahren, die bisher fast nur in der Forschung und nur in wenigen Instituten in Deutschland und weltweit verwendet und erforscht werden. Die dazu entwickelte Theorie ist elegant und Dehios Dissertation, obwohl voller Formeln, trotzdem gut lesbar, geradezu ein Genuss für die Fachkundigen, wie internationale Gutachter bestätigt haben.
In der praktischen Umsetzung seiner mathematisch-theoretischen Arbeit lassen dann vier Roboterarme mit je sieben Gelenken ein Objekt für den Menschen quasi schwerelos erscheinen, Vierbeiner können auf schrägen Ebenen laufen und humanoide Roboter können balancieren und gleichzeitig greifen lernen. Das ist spektakulär, wie man auch in Videos sieht. Die Arbeit von Dr. Dehio ist schnell auch in den führenden Laboren für humanoide Robotik in Deutschland und Europa bekannt geworden und hat ihm in kürzester Zeit internationale Jobangebote eingebracht, so dass er nun in Karlsruhe und in Kürze in Montpellier bei Professor Abderrahmane Kheddar, einem der international renommiertesten Forscher in humanoider Robotik, seine Karriere fortsetzen wird.