Mit Mikro-LEDs die Welt verstehen EU-Projekt SMILE will vielversprechende Technologie bis zur Marktreife entwickeln
Wer Luft- und Wasserqualität messen oder hochauflösend mikroskopieren will, ist auf die Infrastruktur von Laboren angewiesen. Der Forschungsschwerpunkt Metrologie der Technischen Universität Braunschweig hat die Vision, präzises Messen und Mikroskopieren überall und für alle verfügbar zu machen. Um Feinstaub, Mikroplastik oder Bakterien nachzuweisen, würde dann ein Blick aufs Smartphone reichen. Das Rückgrat für diesen Prozess bilden Chips mit Mikro-LEDs. Doch zwischen den Laboraufbauten eines Forschungsinstituts und einem marktreifen Produkt liegt ein enormes wirtschaftliches Risiko. Hier setzt das EU-Forschungsprojekt SMILE an, an dem auch das Institut für Halbleitertechnik der TU Braunschweig beteiligt ist.
Die Idee hinter SMILE liegt im EU-Projekt ChipScope. ChipScope entwickelt mithilfe von winzigen LEDs Mikroskope, die die Beugungsgrenze des Lichts austricksen. Das Ziel sind reiserobuste Super-Mikroskope in der Größe einer Schmuckschachtel, die nur einen Bruchteil der üblichen Labor-Mikroskope kosten. Mit SMILE wollen die Projektpartner in Deutschland, Spanien und Italien weitere Potenziale der von ChipScope entwickelten LED-Technologie erschließen und an die Wirtschaft übergeben.
Von 16 x 16 zu 512 x 512
SMILE steht für „Structured Micro-Illumination Light Engines“. Diese mikroskopischen LED-Anordnungen sollen an der TU Braunschweig entstehen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Halbleitertechnik setzen dabei bis zu 16 x 16 LEDs auf einem Mikrochip zusammen. Die 256 LEDs nehmen zusammen lediglich die Fläche von weniger als einem Hundertstel eines Quadratmillimeters ein. Demgegenüber steht jedoch eine unverhältnismäßig große Steuerelektronik. An diesem Punkt übernehmen dann Forschende der Universität Barcelona. Sie konstruieren einen zweiten Mikrochip, der die bisherige Steuerungselektronik auf engstem Raum vereinen soll. In der Folge können in Braunschweig mehr LEDs auf kleinem Raum installiert werden. Angestrebt sind 512 x 512 Pixel. Zeitgleich sollen Forschende der Universität Tor Vegata in Rom das Design simulieren, um die hohe Leuchtkraft der LEDs stärker auszurichten.
„Mit unseren europäischen Projektpartnern verbinden uns viele Jahre vertrauensvoller Zusammenarbeit. Im Projekt SMILE zeigt sich, wie hervorragend sich europäische Forschende über Grenzen hinweg ergänzen“, beschreibt Professor Waag vom Institut für Halbleitertechnik als technischer Projektkoordinator die Kooperation.
Aus dem Labor auf den Markt
Um wiederum aus den beiden Chips ein marktreifes Produkt zu formen, soll das Start-up QubeDot GmbH die Technologie mit Unternehmen abstimmen. Als Ausgründung der TU Braunschweig entwickelt QubeDot Mikro-LEDs und betreibt das „End User Board“ bei SMILE. Im direkten Kundenkontakt sucht QubeDot Marktpotenziale und überbrückt so die Lücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Die angestrebten Pilotprojekte zu Messtechnik, Mikroskopie oder Quantencomputer zeigen: In Zukunft könnten Mikro-LEDs unsere Lebenswelt prägen.
„Wir wollen Technologien anbieten, die aktuelle Herstellungs- und Analyseverfahren schneller, kompakter und einfacher machen“, sagt Jan Gülink, Geschäftsführer beim Projektpartner QubeDot und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Halbleitertechnik.
Projektdaten
Die Europäische Union fördert das Projekt SMILE mit zwei Millionen Euro im Rahmen des FET-Proactive-Programms von „Horizon 2020“. Die TU Braunschweig erhält anteilig etwa die Hälfte der Fördermittel. Von der Universität Barcelona koordiniert, startet SMILE im Dezember 2020 mit zwei Jahren Laufzeit.
SMILE ist Teil der FET-Proactive-Ausschreibung des European Innovation Council. Diese Förderlinie hat das Ziel, Ergebnisse der Grundlagenforschung in die Anwendung zu bringen. FET-Open und FET Proactive sind mittlerweile Teil des “Enhanced European Innovation Council (EIC) Pilot” Programmes, der Heimat für europäische Deep-Tech-Forschung.