Mit „AeonDroid“ alles im Griff BMBF-gefördertes Projekt will Robotern das Greifen beibringen
Komplexe Greifaufgaben wie die Handhabung von Türgriffen sind bisher aufgrund des hohen Programmieraufwands mit Robotersystemen nicht lösbar. Die Technische Universität Braunschweig und das Start-up Aeon Robotics forschen nun gemeinsam an einer Roboterplattform, die Roboter Greifbewegungen vom Menschen erlernen lässt. So sollen beispielsweise Reinigungs- und Wartungsarbeiten automatisiert werden.
Das Institut für Robotik und Prozessinformatik (IRP) der TU Braunschweig und das Braunschweiger Robotik-Start-up Aeon Robotics forschen gemeinsam an der Automatisierung von Reinigungs- und Wartungsarbeiten. Gemeinsam wollen beide im Forschungsvorhaben „AeonDroid“ möglich machen, dass Serviceroboter erstmals Aufgaben im Bereich der Gebäudereinigung und Gebäudewartung direkt vom Menschen erlernen. Dafür erhalten sie im Rahmen des START-interaktiv Förderprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) insgesamt eine Projektförderung von rund 700.000 Euro. Das geförderte Vorhaben wurde als eines von fünf aus insgesamt 72 Bewerbungen durch das BMBF und den Projektträger ausgewählt.
Handbewegungen nach menschlichem Vorbild
Im Projekt wird eine mobile Roboterplattform entwickelt, die über Roboterhände und Arme nach menschlichem Vorbild verfügt und auf der innovativen HandEffector-Technologie von Aeon Robotics basiert. Das System wird über eine Handsteuerung intuitiv ohne Programmierkenntnisse bedienbar sein. Die Roboterhände verfügen über einen KI-gestützten tiefensensiblen Kraftsinn mit direkter Kraftübertragung zum/zur menschlichen Nutzer*in. So können Reinigungsaufgaben mit Kraft-Feedback gesteuert und durch Vorführen der Aufgabe intuitiv angelernt werden.
Der tiefensensible Kraftsinn des „AeonDroid“ erlaubt es, auch verformbare und sensible Objekte wie Schwämme und Reinigungsmittel sicher zu greifen und zu bewegen, um so Beschädigungen von zu reinigenden Objekten zu vermeiden. Aufgrund der hohen Variabilität der menschlichen Vorbilder birgt die Entwicklung angepasster Kraft- und Bewegungsprimitive für diese spezifische Anwendung einen erheblichen Forschungsbedarf, der an der TU Braunschweig von Professor Jochen Steil und seinem Team bearbeitet wird. So sollen Datenbanken der Greifbewegungen, Greifkräfte und Arbeitsabläufe erstellt werden, um Muster innerhalb der Bewegungsabläufe mittels neuronaler Netze zu erkennen und diese für neue Utensilien und Arbeitsbereiche eigenständig KI-gestützt anzupassen.
Interaktive Technologien für Gesundheit und Lebensqualität
Das BMBF will mit dem Programm START-interaktiv das Innovationspotenzial von Start-ups in der Spitzenforschung zu interaktiven Technologien für Gesundheit und Lebensqualität stärken. Dazu sollen die Chancen für die Gründung von Start-ups geeigneter Forschungsteams bereits an Hochschulen frühzeitig und gezielt gefördert werden. Gefördert werden zudem bereits gegründete Start-ups bei risikoreicher vorwettbewerblicher Forschung. Gegenstand der Förderung sind risikoreiche Forschungs- und vorwettbewerbliche Entwicklungsvorhaben, die technologieübergreifend und anwendungsbezogen sind sowie einen direkten positiven Einfluss auf die Innovationsfähigkeit und erwarteten Wettbewerbschancen der beteiligten Start-ups haben.
Verbundkoordinator: Aeon Robotics GmbH
Die Aeon Robotics GmbH ist ein Start-up mit Fokus auf die Bereiche modulare Robotik, Künstliche Intelligenz, Antriebstechnik und smarte Komponenten. Das Unternehmen startete 2021 als Ausgründung der TU Braunschweig. Mit dem HandEffector-Robotersystem bietet Aeon Robotics eine Lösung, die es erstmalig ermöglicht, intuitiv Greifkräfte und Greifbewegungen ohne Vorkenntnisse im Bereich Robotik oder Programmierung an ein Robotersystem anzulernen. Die Roboterhand mit KI-gestütztem, tiefensensiblem Kraftsinn in Verbindung mit einer Kraft-Feedback-Steuerung erlaubt eine direkte Kraftübertragung zum menschlichen Nutzer. Die integrierte Greif- und Gelenkkraftmessung ohne zusätzliche Sensoren ist kostengünstig und ermöglicht in Verbindung mit der Kraft-Feedback-Einheit das automatisierte Greifen von empfindlichen Objekten. So können Prozesse automatisiert werden, deren Automatisierung bisher nicht möglich war.
Partner: Institut für Robotik und Prozessinformatik (IRP)
Das traditionsreiche IRP vertritt die Robotik, speziell in Verbindung mit maschinellem Lernen, in seinen Grundlagen in Lehre und Forschung mit Schwerpunkten im Roboterlernen, der Mensch-Maschine-Interaktion, der Prozessmodellierung komplexer Systeme und der Anwendung von künstlicher Intelligenz in diesen Bereichen. Die Aktivitäten umfassen auch die Integration von Robotik in Produktionssysteme und generell im Kontext von Industrie 4.0 und der digitalen Transformation der Gesellschaft, wobei Professor Jochen Steil verschiedene Institutionen zur Zukunft der Arbeit und zur Rolle von Roboterethik berät und in der nationalen Plattform „Lernende Systeme“ aktiv ist. Das IRP ist Mitglied der wissenschaftlichen Gesellschaft für Montage, Handhabung und Industrierobotik (MHI), betreibt Transferprojekte und kooperiert mit der Zukunftsallianz Maschinenbau Norddeutschland.