JUICE Sonde holt Schwung: Kritisches Doppel-Flyby-Manöver um Mond und Erde TU Braunschweig mit Mess-Systemen beteiligt an Weltraumprojekt
Am 14. April 2023 startete die Satellitenmission JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) der Europäischen Weltraumagentur ESA vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. Die Technische Universität Braunschweig ist an dieser Mission unter anderem mit einem Magnetfeld-Messgerät (Magnetometer) des Instituts für Geophysik und extraterrestrische Physik (IGEP) beteiligt. Ziel der Mission ist die Erforschung der Galileischen Eis-Monde Europa, Ganymed und Kallisto, die den Planeten Jupiter umkreisen. Insbesondere interessiert die Forschenden, ob Leben unterhalb der Oberflächen der Monde Europa und Ganymed existieren kann, wo Ozeane aus flüssigem Wasser vermutet werden. Die zur Klärung dieser Frage notwendigen Messungen werden erst nach Ankunft der JUICE-Sonde im Jupiter-System im Jahr 2031 durchgeführt werden können. Hierbei wird das Magnetometer zur Charakterisierung der Ozeane maßgeblich beitragen.
Damit es die Sonde überhaupt bis ins Jupiter-System schafft, sind zahlreiche Vorbeiflugmanöver an Erde und Venus auf dem Weg dorthin erforderlich. Das erste und wohl auch spektakulärste Manöver dieser Art findet an den Abenden des 19. und 20. August 2024 statt. Zunächst wird JUICE am Erd-Mond vorbeifliegen und damit ein Bahnkorrekturmanöver einleiten, das die Sonde an der Erde vorbei wieder in die Tiefen des interplanetaren Raumes Richtung Venus befördert. Noch nie ist in der Geschichte der Raumfahrt dieses kritische Doppel-Flyby-Manöver um Mond und Erde geflogen worden.
Alte Bekannte
Auf dem Weg durch die Stromschwellen der Schwerkraft wird die JUICE-Sonde auf alte Bekannte treffen: die fünf THEMIS-Satelliten der amerikanischen Weltraumagentur NASA, die seit dem Jahr 2007 die Erde umkreisen. Zwei dieser Sonden wurden unter dem neuem Namen ARTEMIS im Verlauf der THEMIS-Mission Richtung Mond geschickt, den sie seit 2010 umkreisen. Auch auf diesen Sonden ist Braunschweiger Technik im Einsatz: Jeder THEMIS und ARTEMIS-Satellit ist mit einem weiteren IGEP-Magnetometer ausgestattet. Ziel dieser Missionen ist insbesondere die Erforschung der Dynamik der Erd-Magnetosphäre, die den Einflussbereich des Erdmagnetfeldes im Raum darstellt.
Gemeinsame Sonden-Übung für die Messungen im Jahr 2031
Die Magnetosphäre der Erde wird stark durch den Sonnenwind beeinflusst, einem Strom elektrisch geladener Teilchen, die kontinuierlich von der Sonne abströmen. Durch die Wechselwirkung mit dem Sonnenwind dehnt sich die Erd-Magnetosphäre schweifartig aus. Zum Zeitpunkt des Vorbeifluges befindet sich der Mond innerhalb dieses erdmagnetischen Schweifes in der Erd-Magnetosphäre. Zusammen mit den ARTEMIS-Sonden wird JUICE hier die genaue Charakterisierung der Magnetfelder üben können, die im Jupiter-System von großer Relevanz für das Gelingen der JUICE-Gesamtmission sein werden. Dafür werden die ARTEMIS-Sonden extra in einen langanhaltenden, hochauflösenden Messmodus geschaltet.
Komplexe Mess-Situation im Jupiter-System erwartet
Im Jupiter-System wird JUICE einerseits eine ganz ähnliche, andererseits eine deutlich verschärfte Messsituation vorfinden. Die Galileischen Monde umkreisen den Jupiter immer innerhalb seiner riesigen Magnetosphäre. Allerdings ist Ganymed der einzige uns bekannte Mond, der sein eigenes Magnetfeld über einen internen Dynamoprozess produziert. Entsprechend befindet sich um Ganymed eine Magnetosphäre (von Ganymed) in einer Magnetosphäre (von Jupiter). Um unterirdische Ozeane in diesen Monden detektieren und charakterisieren zu können, müssen magnetische Störungen, die von diesen Ozeanen herrühren, von komplizierten äußeren magnetischen Strukturen erst sauber getrennt werden.
Wichtig für Erfolg: Zuverlässiges Zusammenspiel aller Magnetometer
Damit dies ohne Hilfe weiterer Satelliten gelingt, ist das IGEP-Magnetometer an Bord von JUICE Teil des Gesamtinstrumentes J-MAG, das von einem Konsortium europäischer Universitäten und wissenschaftlicher Institute unter der Leitung von Professor Michele Dougherty (Imperial College London, ICL) entwickelt wurde. Neben ICL und IGEP ist das Institut für Weltraumforschung (IWF) in Graz weiterer Hauptakteur des Konsortiums; die drei Institute haben je ein Magnetometer zu J-MAG beigetragen. Nur im Zusammenspiel der drei Magnetometer kann die notwendige Messgenauigkeit erreicht werden, die es erlauben wird, magnetisch einen Blick unter die Oberflächen von Europa, Ganymed und Kallisto zu werfen.