Heinrich-Büssing-Preis 2011: Die Preisträger
Mit dem Heinrich-Büssing-Preis ehrt die „Stiftung zur Förderung der Wissenschaften an der Carolo-Wilhelmina“ des Braunschweigischen Hochschulbundes (BHB) jährlich herausragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Technischen Universität Braunschweig. Eine Wissenschaftlerin und vier Wissenschaftler werden in diesem Jahr für ihre hervorragenden Doktorarbeiten ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am Freitag, 4. November 2011, um 18 Uhr im Kongresssaal der Industrie- und Handelskammer Braunschweig statt.
Die Preisträger
Dr. Judith Becker, Bioverfahrenstechnikerin
Die Aminosäure Lysin ist ein komplexer Baustein des Lebens, der in allen menschlichen und tierischen Zellen in Form von Eiweißen vorkommt und mit der Nahrung aufgenommen werden muss. Da dieser wichtige Lebensbaustein in Futtermitteln jedoch nur in geringem Maße enthalten ist, wird Lysin weltweit in großen Mengen benötigt. In einer Kooperation mit der BASF SE ist es Judith Becker gelungen, auf Basis des Bodenbakteriums Corynebacterium glutamicum mit gezielten molekular-biotechnologischen Veränderungen die bislang beste bekannte Zellfabrik für Lysin herzustellen. Ihre Erfolge sind für die Lysin-Produktion weltweit von großer Bedeutung und bereits durch zwei Patente geschützt.
„Ihre Arbeit ist ein sicher wegweisender Beitrag für zukünftige Konzepte im Bereich von biotechnologischer Stammentwicklung. Neben ihrer herausragenden wissenschaftlichen Leistung ist es auch ihr Erfinder- und Pioniergeist, der sicher ganz im Sinne des großen deutschen Erfinders und Unternehmers Heinrich Büssing ist“, lobt Prof. Christoph Wittmann, Institut für Bioverfahrenstechnik der Technischen Universität Braunschweig, seine Doktorandin.
Thema der Dissertation: „Optimierung der Lysinproduktion mit Corynebacterium glutamicum durch Systems Metabolic Engineering“
Zur Person: Die gebürtige Saarbrückerin studierte Biologie an der Universität des Saarlandes. Im Laufe der Promotion folgte Sie ihrem Professor von der Uni Saarbrücken über Münster an die TU Braunschweig. Seit 2008 arbeitet sie am Institut für Bioverfahrenstechnik der TU Braunschweig und leitet dort seit 2010 den Aufbau der Arbeitsgruppe „Angewandte Systembiologie in Biotechnologie und Medizin“.
Dr. Markus Johannes Bröcker, Mikrobiologe
Während der Photosynthese wandeln nicht nur Pflanzen, sondern auch Bakterien Sonnenenergie in energiereiche organische Moleküle um. Bei der Energieumwandlung spielen dabei vor allem die Chlorophylle eine wichtige Rolle. Markus Bröcker erforschte diejenigen Enzyme der Chlorophyll-Biosynthese, die ohne Licht auskommen. Die Dissertation stellt ein grundsätzliches Verfahren für die Analyse weiterer Enzyme zur Verfügung und hilft dabei, die Oxido-Reduktase besser zu verstehen.
„Herr Bröcker ist eine sehr runde Arbeit gelungen, die den Forschungsgegenstand nicht nur aus unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet, sondern auch hinsichtlich Qualität der Resultate, methodischer Breite und intellektuellem Anspruch Maßstäbe setzt“, so der Gutachter Prof. Ralf Mendel vom Institut für Pflanzenbiologie der TU Braunschweig.
Thema der Dissertation: „Funktion und Struktur der lichtunabhängigen Protochlorophyllid-Oxidoreduktase“
Zur Person: Markus Bröcker wurde in Papenburg geboren, studierte Biologie an der TU Braunschweig und promovierte anschließend im Institut für Mikrobiologie. Seit 2010 arbeitet er als Nachwuchswissenschaftler in der Abteilung Molecular Biophysics and Biochemistry an der Yale Universität (USA).
Dr. André Hartmann, Chemiker
Kohlenhydrate sind nicht nur als Energiespeicher von Bedeutung, sondern nehmen auch als Informationsträger in vielen biologischen Prozessen eine Schlüsselrolle ein. Die Entwicklung von sowohl selektiven, als auch effektiven Kohlenhydratrezeptoren stellt dabei eine große Herausforderung dar. André Hartmann ist es gelungen, neuartige, künstliche Rezeptoren zu entwickeln, die eine gezielte Erkennung von Kohlenhydraten möglich machen. Damit können die Wechselwirkungen zwischen Kohlenhydraten und Proteinen besser verstanden werden. Die Forschungsergebnisse können zukünftig dabei helfen, beispielsweise tumorassoziierte Kohlenhydratveränderungen zu erkennen oder Infektionserkrankungen zu behandeln.
„Mit den durchgeführten Studien hat André Hartmann neue Wege eröffnet, die weitere Untersuchungen nach sich ziehen werden. Diese sehr aktuellen, innovativen und interdisziplinären Forschungsarbeiten sind sowohl für die Grundlagenforschung, als auch für die anwendungsorientierte Forschung von großer Bedeutung“, ist Prof. Monika Mazik, Institut für Organische Chemie der TU Braunschweig, überzeugt.
Thema der Dissertation: „Artifizielle Kohlenhydratrezeptoren: Design, Synthese, Kristallstrukturen und Komplexierungseigenschaften“
Zur Person: André Hartmann wurde in Halberstadt geboren und absolvierte in Braunschweig eine Ausbildung zum chemisch-technischen Assistenten. Nach seinem Studium der Chemie an der TU Braunschweig promovierte er dort und arbeitete als leitender Assistent im Bereich der Organischen Chemie. Von 2010 bis 2011 war er als Nachwuchswissenschaftler an der Yale Universität (USA) und arbeitet derzeit als Chemiker in der Industrie.
Dr. Torsten Kröger, Informatiker
Torsten Kröger hat ein mathematisches Verfahren entwickelt, mit dem es möglich wird, Roboterbewegungen so zu berechnen, dass elektronisch gesteuerte Mechanismen auf unvorhersehbare Sensorsignale unmittelbar reagieren können. Die Berechnung der Bewegung erfolgt innerhalb von nur einer Millisekunde, sodass Roboter nun auch während der Bewegung reflexartig reagieren können. Die Ergebnisse der Dissertation helfen dabei, Sensoren, wie sie beispielsweise in Kameras und Lichtschranken zu finden sind, in die Steuerungssysteme von mechanischen Systemen zu integrieren.
„Herr Kröger hat mit seiner Dissertationsschrift eine bis dato offene (schmerzliche) Lücke der internationalen Robotikforschung geschlossen“, bekräftigt der Betreuer der Dissertation Prof. Friedrich M. Wahl vom Institut für Robotik und Prozessinformatik der TU Braunschweig.
Thema der Dissertation: „Reflexe für Roboter und Maschinen – Ein neues Konzept zur Online- Bewegungsgenerierung für mechanische Systeme“
Zur Person: Torsten Kröger studierte Elektrotechnik an der TU Braunschweig und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Robotik und Prozessinformatik. Zudem war er als technischer Unternehmensberater freiberuflich tätig. 2010 gründete er die Firma Reflexxes GmbH und arbeitet seitdem als wissenschaftlicher Assistent am Artificial Intelligence Laboratory der Stanford University (USA).
Dr. Anh-Tuan Pham, Elektroingenieur
MOS-Transistoren sind die wichtigsten Bauelemente der Mikro- und Nanoelektronik. Anh-Tuan Pham hat erstmals einen Simulator entwickelt, der das Verhalten zukünftiger MOS-Transistoren mit kritischen Längendimensionen von weniger als 20nm in allen Betriebsbereichen vorhersagen kann. Zudem bleibt er auch bei hohen Genauigkeitsanforderungen effizient und ist damit für industrielle Reihenuntersuchungen einsetzbar. Die von ihm entwickelten Simulationsalgorithmen werden daher für die Entwicklung zukünftiger Silizium-Technologien von großer Bedeutung sein.
“Mit dieser Arbeit wird der Stand der Technik auf dem Gebiet der numerischen Bauelementsimulation in einem ganz erheblichen und für eine Dissertation ungewöhnlich großem Maße erweitert”, betont Prof. Bernd Meinerzhagen vom Institut für Elektronische Bauelemente und Schaltungstechnik der TU Braunschweig.Thema der Dissertation: „Effiziente und vorhersagefähige deterministische Multisubband-Bauelementsimulation von verspannten PMOSFETs mit Nanometerdimensionen“
Zur Person: Anh-Tuan Pham ist gebürtiger Vietnamese und hat Elektrotechnik an der Ho Chi Minh City University in Vietnam studiert. Seinen Master-Abschluss im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie erhielt er im Jahr 2004 von der Universität Bremen. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Elektronische Bauelemente und Schaltungstechnik an der TU Braunschweig. 2010 wechselte er zum Interuniversity Microelectronics Center (IMEC) in Löwen, Belgien. Zurzeit setzt er seine Entwicklungsarbeiten bei der Firma Synopsys im Silicon Valley in Kalifornien, USA, fort.