17. Januar 2020 | Presseinformationen:

Gesucht: Antworten in der Entsorgungsforschung Forschungsplattform für „Transdisziplinäre Forschung zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland“ gestartet

Bei der Entsorgung von wärmeentwickelnden hochradioaktiven Abfällen wird eine „Endlagerung mit Reversibilität“ – also mit der Möglichkeit, bereits getroffene Entscheidungen zurückzunehmen – favorisiert. Dies wirft Fragen zur Zusammenarbeit von Gesellschaft und Technik auf. Raum dafür bietet die neue Forschungsplattform TRANSENS, mit insgesamt rund 15 Millionen Euro von Bund und Land sowie dem „Niedersächsischen Vorab“ der Volkswagenstiftung gefördert. Mitglieder der Plattform trafen sich vom 15. bis 17. Januar 2020 zum Kick-off-Meeting in Goslar. Die Technische Universität Braunschweig ist mit zwei Instituten an dem transdisziplinären Vorhaben beteiligt. Transdisziplinäre Forschung bedeutet hier, dass wissenschaftliche Expertise durch das Wissen und die Perspektiven der interessierten Öffentlichkeit erweitert wird.

Insgesamt 16 universitäre und außeruniversitäre Institute aus gesellschafts-, natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen sind an dem Forschungsvorhaben TRANSENS beteiligt. Zwei Kooperationspartner kommen aus der Schweiz. Die grundsätzliche Frage lautet: Wie können Standorte für hochradioaktive Abfälle gefunden werden – mit größtmöglicher gesellschaftlicher Akzeptanz und geringsten technischen Risiken?

Konsequenzen der Rückholbarkeit

Ziel der Endlagerung ist, den Kontakt von Wasser mit den Abfällen zu vermeiden, um die Abfälle von der Biosphäre zu isolieren. Das soll durch das Zusammenspiel verschiedener Barrieren erreicht werden: Behälter und Abfallmatrix (technische Barriere), Verschlussbauwerk und Versatz (geotechnische Barriere) und Wirtsgestein (geologische Barriere). Von den beiden Instituten der TU Braunschweig nimmt das Institut für Geomechanik und Geotechnik Fragestellungen zu einer möglichen Rückholung der hochradioaktiven Abfälle in den Fokus. Dazu werden die in den geologischen und geotechnischen Barrieren ablaufenden Prozesse beschrieben, wie zum Beispiel Spannungsumlagerungen, Änderungen in der Tragfähigkeit und Durchlässigkeit.

Während bei planmäßiger Entwicklung ein Tiefenlager in ein Endlager umwandelbar ist, kann bei einer ungünstigen Entwicklung eine Rückholung des Abfalls notwendig werden. Hierbei ist im Wesentlichen zu untersuchen, inwieweit eine erneute Wiederauffahrung der Einlagerungsstrecken, also die Wiedererrichtung und eventuelle Verbreiterung bereits verfüllter Strecken, die Funktionstüchtigkeit der Barrieren beeinflusst.

Gemeinsam mit der „Arbeitsgruppe Bevölkerung“ erfassen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die gebirgsmechanischen Ungewissheiten einer Rückholung und wägen ab, inwiefern sie akzeptabel sind. Dadurch soll das Verständnis der Konsequenzen der Rückholbarkeit verbessert werden, stellt diese doch ein technisches Risiko dar: Die Grubenräume müssen länger offen gehalten werden, Spannungsumlagerungen und die von den Strecken aufgelockerten Bereiche werden dadurch größer.

Obertägige Anlagen in der Entsorgungskette

Das Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig analysiert Konzepte obertägiger Anlagen (z.B. Eingangslager) in der Entsorgungskette hochradioaktiver Abfälle. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln idealtypische Konzepte für obertägige Anlagen und deren Infrastruktur sowie für die bauliche Transportinfrastruktur unter Tage.

Beide Institute der TU Braunschweig bearbeiten damit Themen, die in ein lernfähiges Lebenszyklusmanagementsystem zur Entsorgung von hochradioaktiven Abfällen einfließen. Transdisziplinär sollen Lösungsansätze auch für gesellschaftliche Konflikte gefunden werden.

Projektdaten:

Das Projekt TRANSENS mit Professor Klaus-Jürgen Röhlig von der Technischen Universität Clausthal als Sprecher wird durch den Bund mit bis zu 11,25 Millionen Euro aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums und durch das Land Niedersachsen mit bis zu 3,75 Millionen Euro aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab (VolkswagenStiftung) für den Zeitraum von fünf Jahren gefördert. Die TU Braunschweig erhält anteilig rund 1,2 Millionen Euro. Die Ergebnisse werden auf der Internetplattform www.transens.de und in einem Abschlussbericht veröffentlicht.