15. Mai 2019 | Presseinformationen:

Gegen Alzheimer & Co: Fehlfaltung von Proteinen untersucht „In-Zell“-Experimente werden in DFG-Schwerpunktprogramm fortgesetzt

Proteine bestimmen eine Vielzahl molekularer Prozesse in Zellen und übernehmen verschiedene Funktionen. In bestimmten Stresssituationen oder im Zuge von Zellalterung können Proteine jedoch Schaden nehmen und „fehlfalten“. Diese Proteinfehlfaltung kann ursächlich für eine Vielzahl neurodegenerativer Erkrankungen wie Chorea Huntington, Alzheimer und Parkinson sein. Ein Forscherteam der Technischen Universität Braunschweig und der Ruhr-Universität Bochum hat sich die molekularen Prozesse genauer angeschaut und die Stabilität von verschiedenen Proteinen analysiert. Eine entscheidende Rolle für den Umbau der Proteine spielt demnach die lokale zelluläre Umgebung. Ausgehend von dieser Studie werden die „in-Zell“-Experimente in einem DFG-Schwerpunktprogramm fortgesetzt.

Bis heute sind die molekularen Prozesse bei der Proteinfehlfaltung und -aggregation wenig verstanden und somit die therapeutischen Möglichkeiten sehr begrenzt. Gründe hierfür sind zum einen die Komplexität der beteiligten Proteine, zum anderen die Komplexität der zellulären (neuronalen) Umgebung, in der diese Reaktion verläuft. Die Faltung zu einer dreidimensionalen Struktur ist von zentraler Bedeutung für das fehlerfreie Funktionieren des Proteins.

Ein Forscherteam um Professor Simon Ebbinghaus von der TU Braunschweig hat die Faltung von Superoxid-Dismutasen in zellulären Umgebungen analysiert. Superoxid-Dismutasen, kurz SOD, sind Enyzme, die für den Abbau des für Zellkomponenten schädlichen Superoxidradikals und dessen Umwandlung in Wasserstoffperoxid zuständig sind.

Die Forscherinnen und Forscher haben die Stabilität von verschiedenen krankheitsrelevanten SOD-Mutanten gemessen. Im Vergleich zu bisherigen Experimenten, in denen diese Prozesse meist unter Reagenzglasbedingungen durchgeführt werden, konnten die Studien von Professor Ebbinhgaus und Dr. Gnutt etwas Neues zeigen: Die zelluläre Umgebung selbst hat einen Einfluss auf die Proteinstabilität, also ihre native Struktur. Sogenannte quinäre Wechselwirkungen destabilisieren die SOD durch intermolekulare Interaktionen zwischen den Oberflächen des Proteins und den umgebenden Biomolekülen. Solche „in-Zell“-Experimente könnten die Basis für neuartige Studien sein, um mittels gezielter Wirkstoffe die Proteinfehlfaltung und -aggregation zu verhindern oder zu beeinflussen und somit das Protein zu stabiliseren.

Weitere Forschung im DFG-Schwerpunktprogramm

Aufbauend auf diesen Arbeiten werden künftig weitere Forschungsarbeiten im Labor von Professor Ebbinghaus durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Schwerpunktprogramms “Molecular Mechanisms of Functional Phase Separation” (SPP 2191, Koordination Professor Dr. Edward A. Lemke) gefördert. In den kommenden Arbeiten soll untersucht werden, inwiefern Proteinfehlfaltung und -aggregation zur Bildung von Stresskörperchen beiträgt. Diese Stresskörperchen sind mikrometergoße tröpfchenartige Gebilde in Zellen. Sie bilden eine separate flüssige Phase in der zellulären Umgebung, vergleichbar mit der Bildung von Öltröpfen in Wasser.

Publikation:

David Gnutt, Stepan Timr, Jonas Ahlers, Benedikt König, Emily Manderfeld, Matthias Heyden, Fabio Sterpone, and Simon Ebbinghaus, Stability Effect of Quinary Interactions Reversed by Single Point Mutations, Journal if the American Chemical Society, 2019, 141 (11), pp 4660–4669, DOI: 10.1021/jacs.8b13025, Publication Date (Web): February 11, 2019