21. März 2023 | Presseinformationen:

Chip-Plattform für zellbasierte Testsysteme Verbundprojekt arbeitet an komplexen Tierversuchsersatz-Systemen für die Grundlagenforschung

Testsysteme auf Basis von Zellkulturen und künstlichen Geweben als Tierversuchsersatzmethoden sind ein zunehmend wichtiger Bestandteil in der Forschung. Sie verfolgen den sogenannten 3R-Ansatz (Replace, Reduce, Refine). Rund 3,6 Millionen Euro fließen aus dem Förderprogramm „Spitzenforschung für Niedersachsen“ in die Entwicklung von Alternativmethoden, die speziell in der Grundlagenforschung zum Darm und zu Atemwegen die Notwendigkeit von Tierversuchen verringern sollen. Dazu arbeiten Forschende der Technischen Universität Braunschweig und der Tierärztlichen Hochschule Hannover unter Federführung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zusammen.

Symbolfoto: Beispiel für ein Organ-on-Chip-System. Mit der neuen Chip-Plattform mit integrierter Sensorik können 3D-Zellkulturmodelle des Darmtrakts und der Atemwege beim Menschen untersucht und so Tierversuche reduziert bzw. ersetzt werden. Bildnachweis: Eugen Koch/TU Braunschweig

In Niedersachsen wurden in den letzten Jahren Strukturen aufgebaut, in der sich wissenschaftliche Arbeitsgruppen mit Möglichkeiten zum Ersatz und der Einsparung von Versuchstieren in der Forschung beschäftigt haben. Insbesondere wurde durch eine Verbundförderung („R2N – Replace und Reduce aus Niedersachsen“) die Entwicklung von Alternativsystemen zur Tiermodell-basierten Forschung angestoßen. Aus diesem Konsortium haben sich komplementäre Gruppen herausgebildet, die zusammen mit teilweise neuen Partnern des Netzwerkes Alternativmodelle für die Grundlagenforschung am Verdauungstrakt (Darm, orale Mukosa) sowie Respirationstrakt vorantreiben wollen. Somit soll in dem Verbundvorhaben primär der „Replace“-Gedanke umgesetzt werden. Durch die Anwendung humanisierter Systeme soll dabei auch eine optimale Übertragbarkeit der Ergebnisse in klinische und kommerzielle Nutzung gewährleistet werden.

Ziel ist die Herstellung komplexer mikrophysiologischer Systeme. Diese sollen geeignet sein, vielschichtige Fragestellungen aus der Grundlagenforschung zu untersuchen. Im Vordergrund stehen dabei Anwendungen im Bereich Infektionsbiologie und Entzündungsforschung.

Langjährige Erfahrung zu Alternativmethoden an der TU Braunschweig

Die Teams um Professor Andreas Dietzel und Professor Stephan Reichl entwickeln eine Chip-Plattform mit integrierter Sensorik für dynamisierte 3D-Zellkulturmodelle des Darmtrakts und der Atemwege. Das heißt, sie fertigen die mikrofluidischen Chip-Systeme (Organ-on-Chip), die die Kolleg*innen in Hannover nutzen werden, um ihre Zellkultursysteme darin zu kultivieren und zu testen. Die Arbeitsgruppe von Professor Stefan Dübel stellt innerhalb des Verbundvorhabens tierversuchsfrei Antikörper her, die wiederum von Arbeitsgruppen in Hannover für die immunhistologische Analytik genutzt werden.

Alle drei beteiligten Arbeitsgruppen der TU Braunschweig haben eine langjährige Erfahrung in der Erforschung von Alternativmethoden zum Tierversuch. Professor Reichl erforscht seit vielen Jahren 3D-Zellkulturmodelle epithelialer und endothelialer Barrieren als In-vitro-Modelle für die Arzneimitteltestung. Gemeinsam mit Professor Dietzel hat er diese Modelle auf mikrofluidische Chips übertragen. Innerhalb des Zentrums für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) leiten beide gemeinsam die Abteilung Mikroapparate und -analytik, in der sie an Organ-on-Chip-Systemen forschen. Die Expertise von Professor Dübel liegt im Bereich des „Antibody Engineerings“.

Zur Förderung

Aus dem Förderprogramm der VolkswagenStiftung „Spitzenforschung für Niedersachsen“ fließen 59,2 Mio. Euro in neue und laufende Vorhaben, rund 25,6 Mio. Euro davon in die Förderlinie „Forschungsverbünde und -schwerpunkte“. Darin angesiedelt ist das Verbundprojekt für die „Forschung zum Ersatz von Tierversuchen“. Sprecher des Vorhabens ist Professor André Bleich, Tierschutzbeauftragter der MHH vom Institut für Versuchstierkunde und Zentrales Tierlaboratorium. Es umfasst zwölf Teilprojekte und wird über 36 Monate durchgeführt.

Seitens der TU Braunschweig arbeiten als Projektleiter Professor Dr. Stephan Reichl, Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, und Professor Dr. Andreas Dietzel, Institut für Mikrotechnik, gemeinsam im Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) sowie Professor Dr. Stefan Dübel, Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik, Abt. Biotechnologie, in diesem Verbundvorhaben.