BepiColombo: Erneuter Vorbeiflug am Merkur Nur noch drei Jahre bis zum Orbiteinschuss
Nach einem Erdvorbeiflug, zwei Venusvorbeiflügen und zwei Merkurvorbeiflügen ist für BepiColombo ein weiterer Schnupperbesuch beim Zielplaneten geplant. Am 19. Juni fliegt der Satellit wieder am Merkur, dem sonnennächsten Planeten unseres Sonnensystems, vorbei. Mit dabei: Messtechnik aus dem Hause der TU Braunschweig.
Am Abend des 19. Juni 2023 wird die BepiColombo-Sonde ein entscheidendes Manöver durchführen: Sie wird sich auf 240 Kilometer an die Oberfläche des Merkur heranwagen und dabei zusätzlichen Schwung aufnehmen für den finalen Einschuss in den Orbit um Merkur im Jahr 2025. Während dieses Vorbeiflugs wird die Sonde das in Braunschweig entwickelte Magnetometer vom Institut für Geophysik und Extraterrestrische Physik (IGEP) einschalten, um das planetare Magnetfeld weiter zu vermessen.
Das Forschungsteam um Dr. Daniel Heyner, der am IGEP das Magnetometer-Team für den europäischen Satelliten leitet, wird dann in der Lage sein, eigene Daten aus der Merkurmagnetosphäre zu analysieren. Bislang wurde lediglich die nördliche Hemisphäre des Planeten im Rahmen der NASA-MESSENGER-Mission (2004-2015) magnetisch erforscht. Mit den Daten aus den ersten beiden Vorbeiflügen der BepiColombo-Sonde hoffen die Wissenschaftler*innen feststellen zu können, ob sich das Merkurmagnetfeld seit der partiellen Untersuchung durch die NASA-MESSENGER-Mission verändert hat.
Trennung steht noch bevor
BepiColombo besteht bis zum Einschuss in den finalen Orbit aus drei Teilen: Dem europäischen Mercury Planetary Orbiter (MPO), dem japanischen Mercury Magnetospheric Orbiter (auch „Mio“ genannt) und dem Mercury Transfer Module (MTM) – letzteres stellt mit einem Ionentriebwerk den Motor dar, um die Mission zum Merkur zu bringen. Kurz vor Erreichen der Zielumlaufbahn wird das dann nicht mehr benötigte Transfermodul abgetrennt. Kurz danach trennen sich auch die beiden Sonden MPO und Mio voneinander, die auf unterschiedlichen Umlaufbahnen um den sonnennahen Merkur weiterreisen. Dabei sind sie extrem hohen Temperaturen von bis zu 300 Grad Celsius ausgesetzt.
Während der rund einjährigen Primärmission müssen die Satelliten außerdem der Sonnenstrahlung und der von der bis zu 470 Grad Celsius heißen Merkuroberfläche ausgehenden Infrarotstrahlung standhalten. Beim Eintritt der Satelliten in den Merkurschatten erfolgt ein rascher Temperaturwechsel zu sehr kalten Bedingungen. Dies stellt eine enorme Herausforderung für die Technik an Bord der Raumfahrzeuge dar. Es wird das erste Mal sein, dass ein anderer Planet als die Erde simultan von zwei Satelliten vermessen wird.
„Nackt“ im Sonnenwind
Dieser duale Ansatz, bei dem der Mio-Satellit den Sonnenwind vor Merkur und der MPO gleichzeitig die Merkurmagnetosphäre vermessen, bietet entscheidende Vorteile. Dadurch können die Wissenschaftler*innen beobachten, wie die Magnetosphäre auf Ereignisse wie Sonnenstürme reagiert. Bei Merkur setzen diese massiven Teilchenausstöße die Magnetosphäre in Bewegung. In einigen Fällen sind diese Sonnenstürme sogar so stark, dass die Magnetosphäre kollabiert und der Planet „nackt“ im Sonnenwind steht, da ihm sein magnetischer Schutzschild fehlt und der Planet keine eigene Atmosphäre aufrechterhalten kann.
Das primäre Ziel der Braunschweiger Forscher*innen bleibt jedoch, die magnetische Karte des Planeten so präzise wie möglich zu vervollständigen. Für eine solche Präzision ist natürlich eine anspruchsvolle Sensorkalibrierung notwendig. Dazu wurde unter anderem das Braunschweiger Kalibrierlabor „Magnetsrode“ genutzt, das sogar Sensoren im Auftrag der NASA kalibriert. Diese Magnetfeldkarte vom Merkur kann dann mit den am IGEP erstellten Dynamomodellen verglichen werden. Dies ermöglicht wichtige Rückschlüsse auf die langfristige thermische Entwicklung des Merkur.
Enge europäisch-japanische Zusammenarbeit
Die Gesamtleitung der Mission liegt bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die auch für Entwicklung und Bau des Mercury Planetary Orbiter (MPO) zuständig war. Der Mercury Magnetospheric Orbiter (Mio) wurde von der japanischen Raumfahrtagentur JAXA beigesteuert. Dieser zweite Satellit ist ebenfalls mit Magnetometern ausgestattet, bei denen das IGEP mit japanischen Instituten kooperiert. Der deutsche Beitrag zu BepiColombo wird vom DLR-Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) überwiegend finanziert.