Automobilproduktion: Gewicht und Kosten sparen durch Funktionsintegration Tools und Prozesse für funktionsintegrierte hybride Bauteile in der Fahrzeuggroßserie
Funktionsintegration ermöglicht im Automobilbau die Reduzierung von Gewicht, notwendigem Bauraum und Kosten durch entfallende Komponenten. Zudem kann der Montageaufwand – durch den Wegfall von Teilen oder die Verlagerung des Fügeprozesses in den Herstellungsprozess – reduziert werden. Die Integration etwa von elektrischen Leitungen ermöglicht aber zum Teil auch erst die integrale Zusammenfassung von Teilen, da Zugänglichkeiten für Montageschritte nicht mehr notwendig sind. Im Verbundprojekt „TechnoHyb“ des LeichtbauCampus Open Hybrid LabFactory forscht das Institut für Konstruktionstechnik der Technischen Universität Braunschweig im Forschungsschwerpunkt Mobilität an Prozess- und Werkzeugtechnologien für funktionsintegrierte hybride Bauweisen. Ziel ist die Entwicklung der Technologie, sodass sie sich für den Einsatz in der Fahrzeuggroßserienproduktion einsetzen lässt.
Das übergeordnete Ziel von „TechnoHyb“ ist die Entwicklung wirtschaftlicher funktionsintegrierter Karosseriesysteme in Hybridbauweise. In diesem Zuge sollen Werkzeug- und Prozesstechnologien entstehen, die eine Umsetzung in der Großserienfertigung sicherstellen. Hierfür werden Ansätze zur Funktionsintegration mit Blick auf ihre Fertigbarkeit und ihre Auswirkungen auf das Werkzeug analysiert und ausgewählt. Die Umsetzbarkeit wird stufenweise von einer Probekörper- über eine Funktionsmuster- (Ausschnitte des finalen Bauteils) bis hin zur Demonstrator-Ebene (gesamtes Bauteil) untersucht.
Konkret geht es im Projekt um die Produktion von Fahrzeugheckklappen. Die so gewonnenen Erkenntnisse sind jedoch auch auf andere Anwendungsfälle übertragbar.
TU Braunschweig: Anforderungen an neue Bauweise und Entwicklung eines Greifersystems
Im Rahmen von „TechnoHyb“ leitet das Institut für Konstruktionstechnik (IK) der TU Braunschweig die Analyse der Anforderungen an die funktionsintegrierte Heckklappe. Das IK zeigt Ansätze zur Funktionsintegration sowie zur Erarbeitung von Werkzeugen und Methoden für die Entwicklung funktionsintegrierter Bauteile auf.
Außerdem sind die Braunschweiger Forscherinnen und Forscher an der Konzeptentwicklung für unterschiedliche Integrationsstufen beteiligt. Im Bereich Fertigung wird das IK in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern ein Greifersystem entwickeln und aufbauen, das das Handling der für die Funktionsintegration benötigten Halbzeuge im Fertigungsprozess übernimmt.
Funktionsintegration, Hybridbauweise und Großserientauglichkeit
„Funktionsintegration“ beschreibt zahlreiche konstruktive Vorgänge. So werden entweder mehr Funktionen unter gleichbleibender oder geringerer Bauteilanzahl oder gleiche Funktionsanzahl bei weniger Bauteilen erzielt. Zum Beispiel können mehrere Bauteile zu einem Bauteil zusammengefasst oder funktionale Komponenten wie Sensoren und Leitungen in Materialien eingebettet werden.
Hier kommt die Hybridbauweise ins Spiel, bei der Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften kombiniert werden. Dieses Vorgehen bietet viele Möglichkeiten, nicht-strukturelle Funktionen in Strukturbauteile zu integrieren. Strukturbauteile im Automobilbau sind Bauteile, die maßgeblich mechanische Aufgaben erfüllen. Dies betrifft hauptsächlich die Karosserie samt Tragstrukturen der Türen und Klappen. Nicht-strukturelle Funktionen sind dabei Funktionen, die keine aussteifende bzw. mechanische Bedeutung haben. Dazu gehören zum Beispiel Stromkabel und Medienleitungen für gasförmige und flüssige Stoffe, Sensorik, Bedienelemente sowie Heizstrukturen.
Die Funktionsintegration kann also einen großen Beitrag zur breiten Anwendung der Hybridbauweise leisten. Allerdings sind bis dahin noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Beispielweise müssen Funktionalität, Reparatur- und Recyclingfähigkeit weiterhin vollständig sichergestellt sein. Zudem müssen die Bauteile in Serienprozessen umsetzbar sein, um einen breiten Einsatz erreichen zu können. Dazu muss analysiert werden, wie sich Funktionsintegration und die Fertigungsprozesse sowie Werkzeuge gegenseitig beeinflussen.
Die Eignung für die Großserie wird dadurch sichergestellt, dass großserientaugliche Herstellungsverfahren angewendet werden. Eine Schwierigkeit besteht dabei zum Beispiel darin, dass die Komponenten auftretende Prozessdrücke oder Prozesstemperaturen aushalten müssen. Hinreichende Oberflächenqualitäten der Außenhaut sind zu gewährleisten. Hier darf es beispielsweise nicht zu Abzeichnungen integrierter Komponenten durch unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten kommen.
Projektdaten:
Das Projekt TechnoHyb ist am 15.11.2020 gestartet und endet am 31.12.2024. Das Gesamtprojektvolumen liegt bei rund 6,2 Millionen Euro, wobei die Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) 3,3 Millionen Euro beträgt. Die TU Braunschweig erhält davon 856.000 Euro. Partner sind neben der TU Braunschweig die C-CON GmbH, das Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik der Fraunhofer Gesellschaft, die INVENT GmbH, die Porsche AG und Volkswagen AG.