25. September 2023 | Magazin:

Zwischen Hightech und Naturschutz Future City Goes Global: Mit Johanna Müller und Hendrik Jahns in Singapur

Wie sieht die lebenswerte Stadt von morgen aus? Darüber tauschen sich Wissenschaftler*innen des Forschungsschwerpunkts „Stadt der Zukunft“ mit Forscher*innen weltweit aus. In der Reihe „Future City Goes Global“ nehmen sie uns mit in andere Städte, zeigen Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Johanna Müller, Gastwissenschaftlerin am Institut für Füge- und Schweißtechnik, und Hendrik Jahns vom Institut für Stahlbau gaben bei der „International Conference on Welding and Joining“ in Singapur Einblicke in ihre Forschung im Sonderforschungsbereich „Additive Manufacturing in Construction“ (AMC).

Begrüntes Hotel, Chinatown, Singapur. Bildnachweis: Hendrik Jahns/TU Braunschweig

Was war der Grund Ihrer Reise?

Im Rahmen unserer Promotion hatten wir die Möglichkeit, unsere Forschungsergebnisse auf der „IIW Annual Assembly and International Conference on Welding and Joining“ in Singapur vorzustellen. Neben klassischen schweißtechnischen Themen lag der Fokus der Konferenz auch auf Additiver Fertigung.

Unser Wissen und unsere Erkenntnisse zu teilen und von anderen Expert*innen Feedback zu erhalten, war äußerst bereichernd. Neben dem fachlichen Austausch spielte auch das Netzwerken eine zentrale Rolle auf der Konferenz. Die Gespräche mit Fachleuten aus aller Welt eröffneten neue Perspektiven und potenzielle Kooperationsmöglichkeiten.

Was hat Sie am meisten in der Stadt beeindruckt? Was war Ihr persönliches Highlight?

Die Stadt Singapur zeichnet eine beispielhafte Ressourceneffizienz aus. Angesichts der begrenzten Ressourcen in diesem kleinen Stadtstaat hat die Stadt intelligente Lösungen entwickelt, um Abfall zu reduzieren, den Energieverbrauch zu optimieren und das Wassermanagement zu verbessern. Ein Beispiel dafür ist das Sammeln von Regenwasser für die ressourcenschonende Realisierung von besonderen Installationen, wie zum Beispiel dem Fluss in der Marina Bay Sands Mall.

Rain Oculus, Marina Bay Sands, Singapur. Bildnachweis: Johanna Müller

Die nachhaltige Stadtplanung von Singapur ist ein weiterer Aspekt, den wir bewundernswert fanden. Die Stadt hat sich in beeindruckender Weise mit städtebaulicher Gestaltung und grüner Infrastruktur auseinandergesetzt. Wunderschöne Parks, Gärten und Grünflächen bereichern das Stadtbild und schaffen eine harmonische Verbindung zwischen Urbanität und Naturschutz. Diese grünen Oasen dienen nicht nur als Erholungsorte für die Bewohner*innen, sondern tragen auch zur Verbesserung der Luftqualität und zur Förderung der Artenvielfalt bei. Auch bei Büro- und Hotelgebäuden wird nachhaltige Architektur eingesetzt, um den Wasserverbrauch zu reduzieren und durch begrünte Fassaden die Luftqualität zu verbessern.

Angesichts der begrenzten Ressourcen in diesem kleinen Stadtstaat hat die Stadt intelligente Lösungen entwickelt, um Abfall zu reduzieren, den Energieverbrauch zu optimieren und das Wassermanagement zu verbessern.

Was macht diese Stadt aus? Was könnten wir uns für deutsche Städte abschauen?

Singapur ist eine faszinierende Stadt, die sich – wie bereits beschrieben – durch ihre beeindruckende Ressourceneffizienz und ihr multikulturelles Zusammenleben auszeichnet. Während unseres Aufenthalts haben wir die Stadt als Paradebeispiel für nachhaltige Entwicklung und soziale Integration erlebt, von dem sich deutsche Städte inspirieren lassen könnten.

Was Singapur besonders auszeichnet, ist der vorbildliche öffentliche Nahverkehr. Die Stadt hat ein äußerst gut durchdachtes und modernes Transportsystem, das den individuellen Autoverkehr minimiert. Die gut vernetzten MRT (Mass Rapid Transit)-Züge und Busse bieten den Bewohnern eine bequeme und umweltfreundliche Möglichkeit, sich innerhalb der Stadt fortzubewegen. In den nächsten Jahren soll dieses System weiter ausgebaut werden, um letzte Lücken zu schließen und Hauptverbindungen zu verbessern.

Garden by the Bay, Marina Gardens, Singapur. Bildnachweis: Johanna Müller

Beeindruckt waren wir vom harmonischen Zusammenleben  von Nationalitäten und Kulturen in Singapur. Die Stadt hat eine inklusive Umgebung geschaffen, in der Menschen aus verschiedenen kulturellen Hintergründen respektvoll miteinander leben. Interkultureller Dialog und kulturelle Veranstaltungen fördern das Verständnis und die Akzeptanz zwischen den Gemeinschaften, was zu einem bereichernden sozialen Gefüge führt.

Während unseres Aufenthalts ist uns außerdem aufgefallen, dass Singapur erfolgreich eine Kultur der Leitungswassernutzung etabliert hat. Die Bürger*innen werden ermutigt, Leitungswasser zu trinken, was nicht nur die Menge an Plastikflaschen reduziert, sondern auch einen positiven Effekt auf die Umwelt hat.

Die meisten Züge werden ohne Fahrer*innen betrieben, was nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Effizienz des Systems steigert.

Was ist in der Stadt das Fortbewegungsmittel Nummer 1?

IIW Annual Assembly and International Conference. Bildnachweis: Johanna Müller

Wenn es ein Transportmittel gibt, das in Singapur zweifellos an erster Stelle steht, dann ist es das MRT-System (Mass Rapid Transit). Bemerkenswert sind die kurzen Taktzeiten und der hohe Automatisierungsgrad. Die Züge verkehren regelmäßig und die Wartezeiten sind minimal. Passagiere müssen nur wenige Minuten auf ihre nächste Bahn warten, was die Mobilität in der Stadt erheblich verbessert. Die meisten Züge werden ohne Fahrer*innen betrieben, was nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Effizienz des Systems steigert.

In puncto Bezahlmethoden ist das MRT-System sehr nutzerfreundlich. Es können unter anderem gängige Kreditkarten für das Passieren der Schranken verwendet werden, was den Fahrgästen das Kaufen eines Tickets erspart. Die Preise für Fahrten im MRT-System variieren je nach Entfernung und Tickettyp, aber sie sind in der Regel erschwinglich und bieten ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Für unsere Standardstrecke von drei Kilometern haben wir umgerechnet rund 0,70 Euro bezahlt.

Haben sich Pläne für Forschungskooperationen ergeben?

Nach unserem Vortrag wurden wir von zahlreichen interessierten Kolleg*innen angesprochen, um über verwandte Themen und mögliche Lösungsansätze für ähnliche Herausforderungen, wie die Qualifizierung von 3D-gedruckten Stahlbauteilen, zu diskutieren. Die entstandenen Kontakte – zum Beispiel zur TU Graz und Osaka University – sollen weiter ausgebaut werden, um in Zukunft bei Aspekten, die unsere eigene Forschung betreffen, erfolgreich zusammenzuarbeiten. Der Austausch auf der Konferenz hat uns inspiriert und bestärkt, gemeinsam innovative Lösungen anzugehen.

Vielen Dank!