Zum Abschied von Professor Ulrich Reimers Präsidium und Kollegen würdigen den Wissenschaftler und Vizepräsidenten
Zum 31. März ist Professor Ulrich Reimers in den Ruhestand gegangen. Seine Verdienste in der Hochschulleitung würdigt die Präsidentin der TU Braunschweig, Professorin Anke Kaysser-Pyzalla. Und Professor Thomas Kürner betrachtet sein Wirken aus der Perspektive des Instituts für Nachrichtentechnik.
Laudatio der Präsidentin
Viele Aufgaben werden immer größer, je mehr man über sie nachdenkt. Das ist in der Wissenschaft üblich. Es gilt aber auch für die Darstellung herausragender Persönlichkeiten. Man weiß nicht, wo man beginnen soll, und möchte schon gar nicht enden. Insofern ist die Aufgabe, eine Kurzlaudatio für den Kollegen Ulrich Reimers zu schreiben, keine geringe. Auch dann nicht, wenn sie sich hier nur einem Teilaspekt seines Schaffens widmen soll, nämlich seinem Engagement für unsere Universität, prosaisch auch als Gremienarbeit bezeichnet.
Ulrich Reimers ist Ingenieur, und nicht nur als solcher ist er ein Mann der Zahlen. 118 Senatssitzungen, so hat er uns im Rahmen seiner offiziell letzten Sitzung wissen lassen, hat er als Senator, Dekan und Vizepräsident mitgestaltet. Acht Jahre lang war er Vizepräsident, zunächst für Strategische Entwicklung und Technologietransfer, von 2018 bis zum 31. März 2020 für Hochschulentwicklung und Technologietransfer.
Doch nicht nur die Zahlen, sondern auch die Worte beherrscht der unzählige Male preisgekrönte Nachrichtentechniker: Im Präsidium war er bekannt dafür, jedes Protokoll, und zwar Wort für Wort, gelesen zu haben und ebenso jede Vorlage. Dass er sie gleichzeitig auch im Detail erfasste und Fehler oder Lücken adressierte, hat manches Missverständnis ausgeräumt und manche Schwierigkeit verhindert. Auf seinen gewissenhaften, akribischen Blick konnten wir uns immer verlassen.
Uneigennützig engagiert
Ulrich Reimers zeichnete sich in der Hochschulleitung mindestens ebenso durch Uneigennützigkeit aus. Weder seine Fakultät noch sein Fach oder Institut wurden anderen vorgezogen. Das hielt ihn gleichwohl nicht davon ab, sich mit Verve für die Belange der ihm anvertrauten Einrichtungen und Themen einzusetzen. Er hat die Digitalisierung der TU Braunschweig bereits vorangebracht, als diese noch nicht als Meta-Aufgabe in der Hochschullandschaft etabliert war. Eine seiner ersten Aufgaben als Professor der TU Braunschweig war die Ausstattung der Hörsäle mit zukunftsfähiger Übertragungs- und Projektionstechnik, die heute mehr denn je gebraucht wird. Als Vorsitzender des IT-Lenkungsausschusses und des Lenkungsausschusses der Universitätsbibliothek war er für die strategische Ausrichtung und erfolgreiche Drittmitteleinwerbungen ebenso verantwortlich wie für wegweisende Personalentscheidungen.
Erfolgreich vernetzt
Die International Electrotechnical Commission (IEC) hat Ulrich Reimers in ihre Reihe der „Thinkers through the ages“ aufgenommen. Dort steht er also in einer Reihe mit Thales von Milet, Albert Einstein und Thomas Alva Edison. Mit dem Niedersächsischen Staatspreis würdigte das Land 2012 seine herausragenden Verdienste. Reimers, der auch weiterhin als Stellvertretender Vorsitzender der Kommission für die Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) tätig sein wird, ist nicht nur auf höchstem Niveau international und national vernetzt, sondern auch exzellent in unserer Region. Dies prädestinierte ihn auf besondere Weise als Vizepräsident für den Technologietransfer, welcher sich unter seiner Führung und Strukturierung zum Scharnier zwischen der Carolo-Wilhelmina und den Unternehmen und Wirtschaftsverbänden entwickelte. Rund um den klassischen Technologietransfer, die Innovationsgesellschaft der Technischen Universität Braunschweig mbH und den Entrepreneurship Hub sind unter seiner Leitung zahlreiche Spin-offs und Kooperationsprojekte mit stolzer Erfolgsbilanz entstanden.
Nachhaltig strategisch
Nicht zuletzt soll Ulrich Reimers als Motor der Strategie unserer Universität gewürdigt werden. Beide Strategieprozesse wurden von ihm verantwortet, beide haben ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass die Technische Universität Braunschweig mit ihren vier Forschungsschwerpunkten ins Finale um den Titel Exzellenzuniversität einziehen und mit der Bewerbung beeindrucken konnte. Die Roadmap für unsere Carolo-Wilhelmina ist von ihm geprägt und wird es auch weiterhin sein.
Es tut weh, Ulrich Reimers, der besondere Momente zu schätzen weiß und gern mit Kolleginnen und Kollegen und deren Familien feiert, mitten in der Corona-Krise zu verabschieden. Gern hätte er seine Last Lecture für uns und seine Fachcommunity gehalten, und gern hätten wir den ihm gebührenden rhetorischen und floralen Lorbeerkranz vor großem Publikum überreicht. Uns tröstet der Gedanke, dass er der TU Braunschweig verbunden bleiben wird: Als sicherlich aktiver Emeritus, als Präsident der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft und weiterhin als wertvoller Ratgeber.
Im Namen aller Präsidiumskolleginnen und –kollegen
Anke Kaysser-Pyzalla, Präsidentin der TU Braunschweig
Laudatio des Instituts für Nachrichtentechnik
Am 1. April 2020 ist Prof. Ulrich Reimers nach exakt 27 Jahren an der TU Braunschweig in den Ruhestand gegangen. Er leitete seit 1993 durchgängig das Institut für Nachrichtentechnik (IfN) in der Fakultät Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik. Seit Oktober 2012 war er darüber hinaus Vizepräsident der TU Braunschweig für das Ressort „Strategische Entwicklung und Technologietransfer“. Seine Kollegen Professor Thomas Kürner und Professor Tim Fingscheidt blicken in einer Laudatio auf die gemeinsame Zeit zurück.
Auch im Internetzeitalter ist das Fernsehen nach wie vor eines der beliebtesten und günstigsten Massenmedien. Es spielt eine zentrale Rolle für die Verbreitung von Information und bei der Unterhaltung. Die fortschreitende Digitalisierung macht auch vor dem Fernsehen nicht halt. Unter der Bezeichnung Digital Video Broadcasting (DVB) hat das DVB-Projekt in weltweiter Zusammenarbeit von Fachleuten seit 1993 Lösungen für kommerzielle, wissenschaftliche und Probleme des technischen Betriebs erarbeitet. Seit seiner Gründung im Jahr 1993 bis zum Jahr 2012 wurde von Ulrich Reimers das Technical Module, das für die technische Spezifikation von DVB verantwortlich ist, sehr erfolgreich geleitet. Für viele gilt Ulrich Reimers auch als der „Vater von DVB“. Neben seiner Leistung als Projektkoordinator für die technischen Arbeiten sind an dieser Stelle auch seine ganz erheblichen Verdienste in der weltweiten Verbreitung des DVB-Standards zu nennen. In den letzten Jahren hat sich Ulrich Reimers mit dem Zusammenwachsen von Mobilfunk und Fernsehen beschäftigt und mit der von ihm und seinem Team entwickelten 5G Broadcast-Lösung einen Weg ermöglicht, die klassischen Mobilfunknetze von dem stark steigenden Datenvolumen durch Videos zu entlasten. Mit dieser in Braunschweig entwickelten Technik laufen derzeit weltweit Feldversuche in sieben Ländern auf drei Kontinenten.
Preisgekrönter Forscher
Seine erfolgreiche Forschertätigkeit hat sich auch in einer beispiellosen Anzahl hochrangiger Auszeichnungen niedergeschlagen. Unter anderem hat Ulrich Reimers den Technologiepreis der Eduard-Rhein-Stiftung im Jahr 2006, den VDE-Ehrengring im Jahr 2010 und den Niedersächsischen Staatspreis im Jahr 2012 erhalten und ist Träger des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Niedersächsischen Verdienstordens.
Darüber hinaus ist Prof. Reimers‘ Rat und Sachverstand auch in medienpolitisch wichtigen Gremien gefragt. So ist er zum Beispiel als langjähriges Vorstands-Mitglied der deutschen TV-Plattform und Niedersachsens Vertreter in der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), dessen stellvertretender Vorsitzender er derzeit ist.
Beliebter Hochschullehrer
In der universitären Lehre gehört er zweifelsohne zu den beliebtesten Lehrenden seiner Fakultät – nicht zuletzt auch durch sein Engagement für den Einsatz neuer multimedialer Konzepte in der Lehre. Beim Aufbau des im Jahr 2000 eingeführten und inzwischen erfolgreich etablierten Studiengangs Medienwissenschaften, bei dem kulturwissenschaftliche und gestalterische sowie kommunikationswissenschaftliche Aspekte mit den technischen Grundlagen der Medientechnik verknüpft werden, war Ulrich Reimers von Anfang an und bis heute einer der treibenden Kräfte und Protagonisten.
Als Geschäftsführer des IfN hat er in besonderer Art und Weise das Institut geführt, in der Sache zielführend, dabei immer menschlich und mit einem offenen Ohr für die Anliegen der Mitarbeiter*nnen und Kolleg*nnen. Damit hat er entscheidend zu dem beigetragen, was viele den „Geist des IfN“ nennen.
Lieber Ulrich, wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Gute, bleibt gesund, und Du genieße bitte in den nächsten Jahren verstärkt Deine Hobbies, die Ornithologie und die Orchideen.