„Wir entwickeln Fähigkeiten, die fast überall anwendbar sind“ Erfahrungen von US-Studierenden am Institut für Pflanzenbiologie
Am Institut für Pflanzenbiologie waren drei Studentinnen aus den USA für einen Forschungsaufenthalt zwischen ein und zwei Monaten zu Besuch. Kiersten Lagerhausen von der Arizona State University und Blessing Ajayi vom Bates College in Maine arbeiten an Kakao. Catrinel Berevoescu von der University of California, Davis, forscht an Maniok. Wie kamen sie auf die TU Braunschweig als Studienort, welche Erfahrungen haben sie hier sammeln können?
Was ist Eure Motivation, nach Deutschland bzw. an die TU Braunschweig zu kommen?
Kiersten: Der Hauptgrund, warum ich nach Deutschland kommen wollte, war mein Studium in Amerika. Während meines Biochemie-Studiums habe ich im Nebenfach Anthropologie belegt. Eines meiner Hobbys ist es, andere Kulturen kennenzulernen und zu erleben. Ein persönlicher Grund ist jedoch, dass meine Familie väterlicherseits vor mehreren Generationen aus Deutschland in die USA eingewandert ist, und ich wollte selbst einmal sehen, wie es dort ist.
Catrinel: Ich habe die Gruppe Pflanzenbiotechnologie und Bioinformatik der TU Braunschweig über das RISE-Programm des DAAD entdeckt. Ich interessierte mich schon damals für die Pflanzengenomforschung, die das Pucker-Lab durchführt, und wollte meine Bioinformatikkenntnisse verbessern.
Blessing: Ich wollte den Sommer über an einem neuen Ort forschen. Da ich zur Zeit Biochemie und Deutsch studiere, habe ich nach Forschungsgruppen in Deutschland gesucht. Die Gruppe von Professor Boas Pucker habe ich auch über das RISE-Programm des DAAD entdeckt, in dem Maria Fernanda Marin Recinos ein Projekt angeboten hat. Es war die einzige Gruppe, mit der ich ein Vorstellungsgespräch führte, und ich fand den Vorschlag, Kakao mit Methoden der Bioinformatik zu erforschen, gleich überzeugend, vor allem, weil ich vor meinem Eintritt in die Gruppe sehr wenig über Bioinformatik wusste. Im Vorstellungsgespräch konnte ich schnell erkennen, dass Prof. Pucker und Maria Recinos zu der Art von Umfeld passten, das ich suchte.
Kakao und Maniok … worum geht es bei der Forschung?
Kiersten: Meine Forschung über Kakao bestand aus zwei Teilen. Der erste Teil bestand in der Erforschung eines effektiven Protokolls zur Extraktion von DNA in hoher Qualität und Quantität, was sich manchmal als recht schwierig erwies. Der zweite Teil war die Sequenzierung und Untersuchung der funktionellen Struktur des Genoms, insbesondere der Flavonoid-Biosynthesegene. Diese Gene tragen zu zahlreichen Faktoren in Pflanzen bei, wie z. B. der Farbe und der Reaktion auf biotische und abiotische Stressfaktoren, denen die Pflanze ausgesetzt ist.
Catrinel: In meiner Forschung arbeite ich daran, Regionen im Maniokgenom zu identifizieren, die mit der Virusresistenz in Verbindung stehen. Ich führe eine Analyse auf Populationsebene mit Hilfe eines bioinformatischen Ansatzes durch, um diese genomischen Loci zwischen virusresistenten und virusanfälligen Maniokpflanzen zu finden.
Blessing: Mein Schwerpunkt liegt auf Kakao (Theobroma cacao). Genauer gesagt bin ich daran interessiert, den Flavonol-Biosyntheseweg in Theobroma cacao weiter zu verstehen und verschiedene Sorten miteinander zu vergleichen. Mehr Wissen über diesen Weg könnte dazu beitragen, den Anbau von Kakao und die biosynthetische Produktion von Flavonolen zu verbessern. Meine Arbeit besteht hauptsächlich darin, mit Hilfe von Bioinformatik-Tools, Informationen aus dem Labor und bestehenden Forschungsarbeiten vorherzusagen, welche Enzyme an den nächsten Schritten des Flavonol-Biosynthesewegs beteiligt sind.
Welche Erfahrungen und Fähigkeiten sind für Euch während eines Forschungsaufenthalts wichtig? Welche Rolle könnte dies für Eure Karriere spielen?
Kiersten: Ich glaube, dass ich während meines Aufenthalts hier zwei entscheidende und wertvolle Fähigkeiten für meine zukünftige Karriere gelernt habe. Die erste davon war die Bioinformatik. An meiner Heimatuniversität lag der Schwerpunkt auf dem Lernen im Labor, so dass ich keine Ahnung hatte, wie viele Hilfsmittel für die genetische Forschung online zur Verfügung stehen. Mit dem technologischen Fortschritt ist die Bioinformatik ein ständig wachsender Bereich, der uns viele Möglichkeiten bietet, unser Verständnis der Molekularwissenschaften zu verbessern. Zweitens habe ich gelernt, wie man effektiv kommuniziert, wenn es sowohl sprachliche als auch kulturelle Hürden gibt. Ich lebe mein ganzes Leben lang in Arizona und habe dort studiert, so dass es eine Herausforderung war, sich in dieser neuen Umgebung mit sehr begrenzten Sprachkenntnissen zurechtzufinden. Dennoch denke ich, dass es für mich sehr vorteilhaft war, da ich in meiner zukünftigen Karriere höchstwahrscheinlich für ein privates Unternehmen arbeiten werde, das international tätig ist.
Catrinel: Während meines Forschungsaufenthalts habe ich die Unabhängigkeit bei der Arbeit an meinem Projekt genossen und gleichzeitig von Forschenden gelernt. Die Diskussion von Forschungsthemen und der Kontakt mit Personen aus meinem Interessengebiet waren sehr wertvolle Erfahrungen. Darüber hinaus habe ich meine Fähigkeiten in der Wissenschaftskommunikation verbessert, indem ich etwa einer Gruppe von peruanischen Studierenden meine Forschungsergebnisse präsentierte. Ich schätze die Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen und mit ihnen über Forschung zu sprechen. Die Fähigkeiten und Möglichkeiten, die ich in Braunschweig erfahren habe, werden sicher meinem Weg in der Wissenschaft nützen.
Blessing: Aufgeschlossenheit, die Bereitschaft, neue Dinge zu lernen, eine Affinität zum Lesen und Geduld. Wichtig ist auch, dass man Fragen stellt, wenn man sie hat. Es gibt mehrere Vorteile für die berufliche Laufbahn, wenn man solche Fähigkeiten entwickelt hat, vor allem im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit in fast jedem Arbeitsbereich.
Wie habt Ihr das Campusleben und die Forschungsarbeit hier in Braunschweig bisher wahrgenommen?
Kiersten: Das Campusleben und die Forschungsarbeit hier sind fantastisch. Jeder im Labor ist sehr gastfreundlich und wenn ich mir unsicher war, wie etwas gemacht wird, haben sich die Kolleg*innen immer die Zeit genommen, es mir beizubringen. Ich glaube, das Beste an der Arbeit hier in den letzten Monaten war die work-life-balance. In meinem Labor fanden häufig Grillabende statt, bei denen wir uns austauschen und uns nach einem langen Tag entspannen konnten. Gern erinnere ich mich daran, als jemand in meiner Labor eine improvisierte Verkostung deutscher Biersorten veranstaltete. Ich habe während meines Aufenthalts auch im Wohnheim gewohnt und hatte auch dort eine wunderbare Zeit, in der ich neue Freunde gefunden habe.
Catrinel: Bei meiner Forschungsarbeit wurde mir viel Selbstständigkeit zugestanden, was mich ermutigt hat, kreative Wege zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragen zu finden. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, von meinen Laborkolleg*innen Feedback und Ratschläge zu erhalten und bei Labortreffen mehr über ihre Forschung zu erfahren. Ich genieße auch die sozialen Aktivitäten, wie z. B. die Grillabende im Labor. Das Labor war sehr gastfreundlich.
Blessing: Die Forschungsarbeit macht mir sehr viel Spaß! Ich mag die Flexibilität und das tiefe Eintauchen in Themen, die mich interessieren. Leider habe ich noch nicht viel am Campusleben teilgenommen, so dass ich dazu nicht viel sagen kann.