Wie LEDs Braunschweig mit Barcelona verbinden Professor Daniel Prades von der Universität Barcelona im Interview
Im Jahr 2020 startete das EU-Projekt SMILE mit dem Ziel, die nächste Generation an MicroLED-Technologien zu entwickeln. Professor Daniel Prades von der Universität Barcelona leitet das Verbundprojekt mit der TU Braunschweig und der Universität Tor Vegata in Rom. Seine Verbindung zur Carolo-Wilhelmina reicht aber tiefer. Eine Reise zum Mobile World Congress in Barcelona mit dem Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) eröffnete die Gelegenheit, Daniel Prades persönlich zu treffen und mit ihm über seine Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig zu sprechen.
Herr Professor Prades, wie kam Ihre Verbindung zur TU Braunschweig zustande?
Die Verbindung reicht tatsächlich bis in meine Doktorandenzeit zurück. Der erste Kontakt kam über Martin Hoffmann zustande, der mitten in seiner Promotion von der Universität zu Köln nach Braunschweig wechselte. Ich folgte ihm einfach, um die gemeinsame Arbeit fortsetzen zu können. An der TU Braunschweig trafen wir dann auf Professor Andreas Waag vom Institut für Halbleitertechnik. Gemeinsam begannen wir, Licht für die Entwicklung besserer Sensoren zu nutzen. Ebenso keimte zu der Zeit die Initiative für das Laboratory for Emerging Nanometrology (LENA) an der TU Braunschweig. Seither arbeite ich mit Andreas Waag zusammen und wir entwickeln gemeinsam neue Ideen.
Einer der gewagteren Gedanken drehte sich darum, ein Mikroskop aus LED-Arrays zu bauen, indem man eine LED nach der anderen durchblinkt. Eine Idee, mit der wir 2017 erfolgreich das Projekt Chipscope ins Leben riefen. Mein Barceloner Kollege Professor Angel Dieguez koordinierte Chipscope. Mit seinem Fachwissen zu CMOS-Design haben wir es geschafft, bis zum Projektende 2020 einen ersten Prototypen zu entwickeln.
Woran arbeiten Sie im Moment?
Heute setzt sich die Geschichte von Chipscope in SMILE fort, einem weiteren EU-Projekt. Aus Chipscope haben wir dabei zwei wichtige Dinge gelernt: Erstens braucht es deutlich mehr Aufwand , ein bedingungslos zuverlässiges LED-basiertes Mikroskop zu entwickeln, als wir in einem Projekt aufbringen könnten. Zweitens hat die LED-Array-Technologie das Potenzial, nicht nur die Mikroskopie, sondern die Vermessung von fast allem zu revolutionieren. Um dieses Potenzial zu erschließen, haben wir unseren Blickwinkel in SMILE von der „Optimierung von LED-Arrays für ein Mikroskop“ auf die „allgemeine Zugänglichmachung der Technologie“ verlagert.
Derzeit verbessern wir verschiedene Parameter der LED-Arrays. Einerseits wollen wir die LEDs noch weiter miniaturisieren, um mehr von ihnen auf einem Array unterbringen zu können. Andererseits wollen wir leistungsfähigere und gleichzeitig schneller blinkende Pixel entwickeln. Mit diesen Zielen wird es aber auch immer anspruchsvoller, die LEDs auf einem einzelnen Chip zu integrieren. Früher bei Chipscope haben wir das alles noch irgendwie per Hand gemacht: Ein Chip hier, ein Chip da und zahllose Drähte. Jetzt bringen wir mit hochintegrierter Halbleitertechnologien all die verschiedenen Teile zusammen. Am Ende ist es dann nur noch ein Chip. Keine Drähte. Keine Add-Ons. Damit können wir zukünftig die Anzahl der Pixel nach Belieben zu erhöhen.
SMILE setzt also viele winzige LEDs zusammen und lässt sie möglichst hell und schnell blinken. Was nun?
Nun, wenn jeder Projektpartner das alleine versucht hätte, wäre dabei wahrscheinlich eine sehr spezifische Technologie mit geringen Transferpotenzial geworden. Sobald wir aber unsere Expertise verknüpfen, bilden wir die gesamte Produktionskette von der Entwicklung der LED-Halbleiter in Braunschweig bis zur Integration auf Silizium hier in Barcelona ab. Zusätzlich haben auch QubeDot in das Projekt eingebracht. Die Ausgründung der TU Braunschweig vermittelt nun unsere LED-Arrays an Unternehmen und bringt die Technologie in die Anwendung. Mit dem Feedback unserer Industriepartner wollen wir unsere SMILE-Arrays noch stärker an unterschiedliche Anwendungen anpassen. Das beinhaltet etwa, von Bakterien oder Mikroplastik nachzuweisen, Themen der Optogenetik oder auch Effizienzsteigerung von industriellen Prozessen.
Stehen also noch weitere Kooperationen an?
Unbedingt! Wo wir jetzt stehen, ist das Ergebnis jahrelanger fruchtbarer Diskussionen und gemeinsamer Arbeit. Mit Zeit kommt Vertrauen – und Vertrauen ist der Nährboden für neue Projekte. Die Ideen kommen uns so beim Kaffeetrinken oder einem gemeinsamen Abendessen. Wenn eine Idee vielversprechend erscheint, stellen wir ein Team zusammen und suchen nach einer passenden Finanzierung. Der letzte Teil ist zugegebenermaßen der schwierigste. Dafür haben wir aber eine Menge Ideen!
Die wissenschaftliche Expedition Richtung LED-Mikroskop bei Chipscope hat immer neue Zweige zum Vorschein gebracht, die wir gemeinsam erforschen wollen. Ein Beispiel sind etwa Laser-LEDs für andere Mikroskope, oder mit LEDs verbesserte Gassensoren. An letzteren habe ich bereits während meines ERC Starting Grants mit Halbleitern aus Braunschweig gearbeitet. Seitdem haben wir allerdings große Fortschritte gemacht. Bald könnte es daher möglich sein, LEDs mit fluoreszierenden Substanzen zu kombinieren, um Chemikalien zu messen, denen bisher nur sehr aufwendige Methoden auf die Spur kommen.
Zusätzlich soll unsere Zusammenarbeit auch unseren Studierenden neue Möglichkeiten geben. Man kann eigentlich nie früh genug anfangen, sich international zu vernetzen. Deshalb arbeiten wir aktuell an einem ERASMUS-Abkommen zwischen der Universität Barcelona und der TU Braunschweig.