Wenn die Sturmflut auf das Haus an der Küste trifft Best Paper Award für Dr.-Ing. Clemens Krautwald vom Leichtweiß-Institut für Wasserbau
In den Küstenregionen ist die Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten weltweit stetig angestiegen, da sie eine Fülle wichtiger Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaft und Verkehr sowie zahlreiche Freizeitaktivitäten bieten. Diese dicht besiedelten Gebiete sind jedoch anfällig für verschiedene Naturgefahren, wie Überschwemmungen oder sogar Tsunamis. Welche Kräfte hier bei Sturmfluten auf Küstengebäude wirken und wie die Gebäudenormen verbessert werden müssen, hat Dr.-Ing. Clemens Krautwald vom Leichtweiß-Institut für Wasserbau (LWI) untersucht. Für seine Arbeit wurde er jetzt mit dem „Coastal Engineering Journal Award of 2022“ der Japan Society of Civil Engineers (JCSE) ausgezeichnet.
Wie können Gebäude vor Überflutungen geschützt werden, ist eine der Fragen, mit der sich die Menschen in Küstenregionen immer häufiger auseinandersetzen müssen. Eine Strategie: Die Bauwerke werden durch Pfahlfundamente erhöht. „Die aufgeständerten Küstengebäude haben bei den jüngsten Ereignissen weniger Schaden genommen, da das Wasser unterhalb des Gebäudes hindurchfließen konnte und somit die Kräfte auf die Tragwerke reduziert werden“, erklärt Dr.-Ing. Clemens Krautwald, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau am LWI. „Die bisherige Forschung zu diesen Kräften ist jedoch begrenzt, insbesondere im Fall von Extremereignissen.“
Um die struktur- und hydrodynamischen Prozesse der aufgeständerten Gebäude besser zu verstehen, haben Wissenschaftler*innen des LWI gemeinsam mit Forschenden des Instituts für Baukonstruktion und Holzbau großskalige experimentelle Untersuchungen am Großen Wellenkanal in Hannover durchgeführt und analysiert.
Gebäudenormen müssen verbessert werden
Sturmfluten, Tsunamis und Dammbrüche führen zu kombinierten Belastungen von Gebäuden. So gibt es beispielsweise seitliche hydrostatische Druckkräfte, die für vertikale Bauteile, wie Wände, maßgeblich sind, und Auftrieb, der für horizontale Bauteile (Decken) entscheidend ist. Beispiele für außergewöhnliche hydrodynamische Belastungen sind auch Trümmereinschläge, die in letzter Zeit in der Forschung an Bedeutung gewonnen haben.
In einer von drei Veröffentlichungen im Rahmen seiner Dissertationsschrift konnte Dr.-Ing. Clemens Krautwald zeigen, wie groß der Einfluss der Höhe von Gebäuden im Verhältnis zur Überschwemmungstiefe für unterschiedliche Belastungen ist und dass die Gebäudenormen verbessert werden müssen, um diese extremen Belastungen in den betroffenen Gebieten zu berücksichtigen. „Die Wahl der aufgeständerten Gebäudehöhe kann die horizontalen Kräfte reduzieren, während allerdings die vertikalen Kräfte durch Umlenkung der Strömung zunehmen können.“ Zur Berechnung dieser Kräfte entwickelten die Wissenschaftler*innen eine neue Methode, die eine gute Übereinstimmung mit den gemessenen Werten zeigte. „Für die Zukunft können so verbesserte aufgeständerte Gebäudeformen für die Nutzung in gefährdeten Gebieten entwickelt und die Widerstandsfähigkeit von Küstenregionen gegenüber extremen hydrodynamischen Ereignissen verbessert werden“, ist sich Dr.-Ing. Clemens Krautwald sicher.