20. September 2023 | Magazin:

Post aus … Japan Hanne Thiemann und Nicol Jaramillo berichten über ihren dreimonatigen Aufenthalt in Japan

Allgemeine Informationen

Hier lebe ich momentan:

In Japan/Kōfu (Yamanashi Präfektur)

Das machen wir in Japan:

Wir studieren Nachhaltige Energietechnik im dritten Mastersemester und schreiben derzeit unsere Studienarbeiten im Bereich Elektrokatalyse am Hydrogen and Fuel Cell Nanomaterials Center der Universität Yamanashi. Unsere Studienarbeiten sind Bestandteil der Japanese-European Research Collaboration of New Affordable and Durable Electrocatalysts for Fuel Cells (NADC-FC).

An der Kooperation sind die TU Braunschweig, die Universität Bern, die Universität Yamanashi sowie das German-Japanese Green Hydrogen Material Laboratory beteiligt. Durch die Kooperation sowie ein PROMOS-Stipendium konnten wir unseren Auslandsaufenthalt realisieren. Unser besonderer Dank geht sowohl an Professor Katsuyoshi Kakinuma von der Universität Yamanashi als auch an Professor Mehtap Özaslan, Leiter des Instituts für Technische Chemie der TU Braunschweig, die uns diesen Aufenthalt ermöglicht haben und uns währenddessen hervorragend betreut haben.

Darum haben wir uns für einen Auslandsaufenthalt entschieden:

Nicol: Ich komme aus Kolumbien und war immer schon ein riesiger Japan-Fan. Als ich von der Möglichkeit gehört habe, über das Institut für Technische Chemie meine Studienarbeit in Japan schreiben zu können, stand für mich fest: Da muss ich hin!

Hanne: Ich wollte schon längere Zeit ein Praktikum im Ausland machen, was durch Corona in den vergangenen Semestern nicht möglich war. Ich wollte vor allem das Arbeiten in einem internationalen Umfeld kennenlernen sowie ein neues Land mit einer ganz anderen Kultur, als der eigenen, kennenlernen. Die Wahl auf Japan ist bei mir dann eher auf den zweiten Blick gefallen.

Leben vor Ort

So wohnen wir in Kōfu:

Wir wohnen im Wohnheim für internationale Studierende in Kōfu, das circa 15 Minuten zu Fuß von der Universität entfernt liegt. Kōfu ist eine Großstadt mit rund 187.000 Einwohnern, aber im Vergleich zur Metropole Tokio natürlich eher beschaulich. Alles ist gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen und man grüßt sich auf der Straße. Die Stadt ist von den Miniami Alpen umgeben, weshalb man immer einen wunderschönen Blick in die Berge hat. Ein Nachtteil an dieser Lage im Tal sind die hohen Durchschnittstemperaturen in den Sommermonaten. Oft sind es über 35 Grad und die hohe Luftfeuchtigkeit macht es noch unerträglicher.

Was unterscheidet das wissenschaftliche Arbeiten als Studierende in Japan von dem in Deutschland?

Die japanische Arbeitskultur ist auf jeden Fall durch eine starke Hierarchie geprägt. Während man in Deutschland zwischen den Bacheloranden, Masteranden und Doktoranden nur einen geringen Unterschied in der Hierarchie wahrnimmt, ist dieser hier allgegenwärtig. Außerdem werden Probleme eher indirekt besprochen und oft bedeutet ein „Ja“ eigentlich „Nein“, was etwas Übung und Feingefühl in der täglichen Kommunikation bedarf. Natürlich ist es auch ein großer Unterschied, dass man Ausländer ist und dadurch nicht so selbstständig sein kann. Insbesondere wenn man, wie wir, die Sprache und Schrift nicht versteht, ist man häufiger auf externe Hilfe angewiesen.

Hanne (links) und Nicol (rechts) im Labor des Hydrogen and Fuel Cell Nanomaterials Center der Universität Yamanashi. Foto: Hanne Thiemann/TU Braunschweig

Ausflug nach Osaka. Das Stadtviertel Dotonbori wird auch als Times Square von Osaka bezeichnet. Foto: Hanne Thiemann/TU Braunschweig

Hanne (links) und Nicol (rechts) vor dem Inari-Schrein in Kyoto. Foto: Hanne Thiemann/TU Braunschweig

Hier haben wir eine kleine beschauliche Wanderung unternommen. Nur etwa eine Stunde von Kōfu entfernt und sehr zu empfehlen. Unterwegs haben wir nur wenige Tourist*innen getroffen, dafür aber viele kleine Läden und tolle Tempel entdeckt, die im Vergleich zu den großen Tempeln in Osaka oder Tokio sehr leer waren. Foto: Hanne Thiemann/TU Braunschweig

Hanne (links) und Nicol (rechts) im Yukata, einem traditionellen japanischen Kleidungsstück, auf dem Weg zum Feuerwerk-Festival in Kofu. Foto: Hanne Thiemann/TU Braunschweig

Hier seht Ihr uns mit einer Freundin auf dem Gipfel des Mount Fuji. Foto: Hanne Thiemann/TU Braunschweig

Besonders typisch für unser Aufenthaltsland ist:

„Das ist genauso wie im Anime!“ – war wohl einer der Sprüche, die Nicol am häufigsten während unseres Aufenthaltes gesagt hat. Und es ist wahr, wer Anime-Fan ist, wird von Japan nicht enttäuscht werden. Vor allem beeindruckend war für uns, wie ruhig und sauber es wirklich überall ist. Außerdem sind die Menschen in Kōfu durch ihre starke Naturverbundenheit geprägt, was dazu führt, dass alles noch ruhiger wirkt. Wir haben aber auch viele weitere „typisch“ japanische Eigenheiten kennengelernt, wie das Schlafen auf einem Futon (japanische Schlafstätte) oder der Besuch einer Onse (heiße Badequelle), die es fast überall gibt.

Das haben wir hier in den ersten drei Tagen gelernt:

Die meisten Japaner*innen sprechen wenig bis gar kein Englisch. Vor unserem Aufenthalt haben wir einen Anfänger-Japanischkurs belegt, im dem wir die Basics für den Alltag gelernt haben. Damals dachten wir noch, dass, ähnlich wie in Deutschland, die allermeisten Menschen gut Englisch sprechen werden. Falsch gedacht! Aber irgendwie kommt man immer ans Ziel. Mit Händen und Füßen, sehr langsamen Sprechen und japanischer Aussprache der Worte wird man meist irgendwie verstanden.

Die bisher größte Herausforderung während unseres Aufenthaltes war …

… der Umgang mit den kulturellen Unterschieden. Japan ist ein modernes Land mit vielen Möglichkeiten. Man kann sich frei bewegen und es ist sehr sicher hier. Allerdings ist das kulturelle Zusammenleben ganz anderes als in Deutschland und wir mussten zunächst die örtlichen Gepflogenheiten kennenlernen. Dazu gehört beispielsweise dem Gegenüber nicht direkt in die Augen zu schauen, sich zur Begrüßung zu verbeugen – wenn der andere eine höhergestellte Position hat, sollte man sich selbst übrigens immer tiefer verbeugen – und älteren Leuten immer den Vortritt zu lassen. Außerdem sollte man andere Menschen nicht einfach überholen, wenn diese langsamer vor einem gehen, da dies als unhöflich gilt.

Das nehmen wir von hier mit nach Hause:

Definitiv ein besseres Verständnis für die Kultur Japans und natürlich auch ganz viele neue tolle Eindrücke und Erlebnisse. Japan hat einen sehr guten öffentlichen Nahverkehr und ist deshalb super mit Bus und Bahn zu bereisen. Wir haben den Mount Fuji bestiegen, Osaka, Kyoto und Tokio besucht und viele weitere tolle Ausflüge unternommen.

Gut zu wissen

Diese landestypische Speise sollte man unbedingt probieren:

Sushi! Wohl allgemein bekannt, aber hier in Japan noch mal ein ganz anderes Erlebnis. Insbesondere ein Restaurant mit einem Suhsi-Laufband, wo man tellerweise zahlt, würden wir jedem ans Herz legen. Außerdem würden wir Okonomiyaki (japanischer Pfannkuchen mit Kohl und Gemüse), Takoyaki (frittierte Oktopusbällchen) und natürlich Ramen empfehlen.

Kleiner Tipp: Japan ist für Vegetarier*innen und Veganer*innen nicht unbedingt geeignet, da in fast allen Speisen Fleisch oder zumindest Fisch enthalten ist. Wenn man genug Japanisch spricht oder jemanden zum Übersetzen dabeihat, ist es aber durchaus möglich, ein vegetarisches Gericht zu bekommen.

Welches Fettnäpfchen sollte man in Japan vermeiden?

Fettnäpfchen lauern in Japan an jeder Ecke. Eine Empfehlung haben wir aber: Im Zweifel immer Schuhe ausziehen! Ob im Labor, Hotel, Hostel oder bei jemanden zuhause: Schuhe immer ausziehen bevor man einen Innenraum betritt. In Deutschland würde man die Schuhe bspw. in einem Hotel erst auf dem Zimmer ausziehen, in Japan hingegen ein absolutes Muss die Schuhe bereits zu wechseln bevor man die Lobby betritt. Dabei ist es egal um welche Klasse Hotel es sich handelt. Besonders ungewöhnlich ist, dass es auch nochmal extra Schuhe gibt, um auf Toilette zu gehen. Hiervor also auch unbedingt nochmal die Schuhe wechseln. Keine Sorge, überall gibt es Hausschuhe, die für den Innenraum oder Toilettengang gedacht sind.

Diesen Tipp geben wir anderen Studierenden, die ins Ausland gehen möchten:

Macht Euch nicht zu viel Stress oder Sorgen. Wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind, ergibt sich vor Ort schon alles irgendwie. Japaner*innen sind sehr freundlich, hilfsbereit und zuverlässig. Wenn also eine Abmachung getroffen wird, wird diese auch eingehalten. Gemeinsam findet man immer eine Lösung, auch wenn es mal Verständnisschwierigkeiten gibt. Notfalls hilft immer der Google-Übersetzer und in Hinsicht auf das kulturelle Verständnis sind die Japaner*innen auch sehr nachsichtig mit Ausländern. Freundschaften brauchen ihre Zeit und Japaner*innen müssen erst warm mit Fremden werden, bis sie sich wirklich regemäßig mit ihnen unterhalten. Für die University of Yamanashi können wir nur den Tipp geben, ins Englisch-Café der Universität zu gehen. Das ist ein Treffpunkt für internationale und japanische Studierende, um in kleinen Gruppen Englisch miteinander zu sprechen. Das hat den Vorteil, dass man wirklich Japaner*innen trifft, die ihr Englisch verbessern möchten und bereit sind, auch privat etwas mit einem zu unternehmen.