30. August 2019 | Magazin:

Was bedeutet Tenure Track für Sie? Fünf Fragen an Juniorprofessorin Miriam Langlotz

Seit dem 1. April 2016 ist Miriam Langlotz Juniorprofessorin für Didaktik der Deutschen Sprache am Institut für Germanistik. Nur zweieinhalb Jahre nach Abschluss ihrer Promotion hat sie den Ruf an die TU Braunschweig erhalten. Für die Inhaberin einer Tenure-Track-Stelle steht nach insgesamt sechs Jahren und entsprechend guter Evaluation eine unbefristete Professur in Aussicht. Wir haben ihr fünf neugierige Fragen zu ihrem Karriereweg gestellt.

Juniorprofessorin Dr. Miriam Langlotz. Bildnachweis: Dennis Blechner/Bildsucht Kassel.

Wie sah Ihr Einstieg an der TU Braunschweig aus, Frau Professorin Langlotz?

Als im Januar 2016 der Anruf kam, dass ich den Ruf erhalte, habe ich mich natürlich sehr gefreut. Damit, dass das klappt hatte ich schon gar nicht mehr gerechnet, da das Bewerbungsverfahren schon lang zurücklag.
Entscheidend für den Ruf war sicherlich auch die Ausrichtung meiner Promotion. Es ist eine empirische Forschungsarbeit an der Schnittstelle zwischen Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik. Das Thema meiner Promotion war die Weiterentwicklung eines linguistischen Modells zur Diagnostik von Schreibentwicklung in der Sekundarstufe. In der Sprachdidaktik steht die empirische Forschung noch nicht lange im Zentrum. Um sprachliche Lerngegenstände und Fähigkeiten adäquat zu erfassen, ist es heute unerlässlich, dass die Fachdidaktik sich zunehmend empirisch ausrichtet. Wir untersuchen, wie sprachliche Kompetenz von Schülerinnen und Schüler operationalisiert werden kann, und wie diese sich unter welchen Einflussfaktoren entwickeln.

Was waren die aus Ihrer Sicht entscheidenden Meilensteine in Ihrer Laufbahn?

Als ich 2009 nach Abschluss meines Grundschullehramtsstudiums mit meiner Promotion begann, habe ich das nicht unbedingt mit dem Ziel einer wissenschaftlichen Karriere getan, sondern eher aus Begeisterung für mein Fachgebiet: die Forschung rund um die Vermittlung und die Struktur der deutschen Sprache.
Bereits während meiner Promotion und in meiner Post-Doc-Zeit habe ich als Koordinatorin eines Promotionskollegs gearbeitet. Meine Aufgaben lagen hier sowohl in der Mitwirkung bei Zweit- und Drittmittelanträgen als auch in der konzeptionellen Arbeit an Tagungen und Sammelbänden. Dadurch konnte ich wichtige Erfahrungen sammeln, zum Beispiel im Projektmanagement, der Wissenschaftskommunikation, in Tagungsorganisation und Herausgeberschaft.

In verschiedenen Studiengängen an mehreren Universitäten war ich als Lehrbeauftragte tätig und habe eine kurze Zeit Gastdozentin an der Universität Szeged in Ungarn verbracht.

Welche Unterstützung auf Ihrem Karriereweg haben Sie erfahren? Hat Ihnen etwas gefehlt?

Ich habe in den unterschiedlichen Phasen meiner bisherigen Laufbahn an unterschiedlichen Universitäten sehr verschiedenen Unterstützungsangebote erhalten und wahrgenommen: Als Doktorandin in Kassel habe ich sehr fachnahe Unterstützung durch das bereits erwähnte Promotionskolleg erlebt, das speziell für Geistes- und Kulturwissenschaften ausgerichtet war. Hier habe ich als Koordinatorin zudem sehr viel Gestaltungsspielraum erhalten, Unterstützungsangebote für uns Mitglieder selbst zu organisieren.

Worauf ich bis zu meinem Stellenantritt in Braunschweig wenig vorbereitet war, war das Thema Personalführung sowie das Lehrstuhlmanagement. Hier war insbesondere das Coaching-Programm als Bestandteil des Prof-Programms der TU Braunschweig sehr hilfreich.

Eine weitere wichtige Unterstützung ist die Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten, die Teach4TU durch die Einrichtung eines Juniorprofessoren-Stammtischs geschaffen hat. Zudem durfte ich an dem Mentoring-Programm für Postdoktorandinnen teilnehmen und habe hier Unterstützung durch eine tolle Mentorin, wertvolle Fortbildungen sowie weitere Coaching-Unterstützung erhalten. Die TU Braunschweig hat insgesamt ein außergewöhnlich umfangreiches Weiterbildungsangebot, das den Einstieg sehr erleichtert.

Was bedeutet Tenure-Track für Sie persönlich?

Eine langfristige Berufsperspektive in der Wissenschaft zu erhalten, ist etwas ganz Besonderes. Nach der Promotion sieht man sich weiteren möglichen sechs Jahren auf befristeten Stellen gegenüber, mit der Unsicherheit, was danach kommt. Die Tenure-Track-Option ist zunächst einmal eine große Erleichterung. Denn zumindest ist klar, dass eine langfristige Beschäftigung möglich ist. Im ersten Moment war ich also unglaublich froh darüber, es „geschafft“ zu haben, so weit zu kommen. Damit setzte dann aber auch gleichzeitig der Leistungsdruck ein, den Anforderungen zu entsprechen, um die Umsetzung der Tenure-Track-Option zu erhalten.

Zentrale Fragen, die sich dann zu Beginn der Juniorprofessur stellen, sind: Wie werbe ich so schnell wie möglich Drittmittel ein? Wie gelingt es mir, ausreichend zu publizieren? Welche Projektthemen sind zukunftsweisend? Welche Promotionsthemen kann ich gut betreuen? Wie kann ich meine Doktorandinnen so betreuen, dass es ihnen gelingt, mit einem guten Ergebnis abzuschließen? Mit welchen Verwaltungsaufgaben kann ich das Institut und die Fakultät sinnvoll unterstützen und trotzdem noch ausreichend Zeit für meine eigene wissenschaftliche Weiterqualifikation haben? Wie gestalte ich das Studienangebot so, dass die ich die angehenden Lehrerinnen und Lehrer sinnvoll auf ihren Beruf vorbereite? Wie strukturiere ich meinen Lehrstuhl möglichst effizient? Wie gelingt es mir, ein gutes Team zusammenzustellen?

Meine Tenure-Track kommt dadurch zustande, dass eine ursprüngliche W2-Professur in eine W1-Professur umgewandelt wurde, um die Besetzung zu erleichtern. Dies bedeutet, dass mir die Verantwortung für einen ganzen Lehrstuhl von Beginn der Juniorprofessur an übertragen wurde. Ich werde hierbei sehr gut von meinen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Germanistik und meinem Team unterstützt. Der Vorteil bei zusätzlich geschaffenen Juniorprofessuren ist jedoch ein „sanfterer Einstieg“ in das komplexe Aufgabenfeld einer Professur.

Was raten Sie ihren Nachwuchskräften?

Studierenden rate ich: Traut euch in die Wissenschaft einzusteigen! Die Wissenschaft hat einige große Vorteile, die in kaum einen anderen Beruf anzutreffen sind: Die Selbstbestimmtheit, eigenen Forschungsinteressen nachzugehen, die Selbstverantwortlichkeit für die eigenen Arbeitsprozesse, die Möglichkeit, etwas Neues herauszufinden und somit einen wertvollen Beitrag für die Forschung und die Gesellschaft zu leisten. Die Promotion erschließt neue Berufsperspektiven, auch jenseits der Hochschulen. Angehende Lehrerinnen und Lehrer haben dabei die Chance, vertiefte Einblicke in die Forschung rund um ihr Unterrichtsfach zu erhalten – daraus entstehen zum Teil neue Ideen für Unterricht, man sammelt ein großes Repertoire an Wissen und eine Expertise, die es ermöglicht, Unterricht auf einem anderen Niveau zu gestalten.

Und den Nachwuchswissenschaftlerinnen: Geht euren eigenen Weg und wählt Themen, die euch tatsächlich am Herzen liegen. Nur, wenn man die Begeisterung für sein Thema mitbringt, gelingt es, sich geduldig jahrelang damit zu beschäftigen. Zudem ist es wichtig, festzustellen, was für ein Arbeitstyp man ist und wie man für sich die besten Arbeitsbedingungen schafft. Es gibt in der Wissenschaft viele verschiedene Modelle des Arbeitens. Wenn man für sich festgestellt hat, welches davon passt, sollte man versuchen sein Arbeitsumfeld danach auszurichten bzw. passende Stellen dazu zu finden.

Und wenn man zwischendurch verzweifelt (was jedem irgendwann einmal bevorsteht), ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass alle großen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch einmal klein angefangen haben.