Von Fluxonen und Magnonen Prof. Oleksandr Dobrovolskiy vom Institut für Elektrische Messtechnik und Grundlagen der Elektrotechnik
Seit Juli 2024 ist Oleksandr Dobrovolskiy Professor an der Technischen Universität Braunschweig. Er leitet hier die Abteilung der Kryogenen Quantenelektronik am Institut für Elektrische Messtechnik und Grundlagen der Elektrotechnik. Sein Interesse gilt der Supraleitung und dem Magnetismus und den darauf basieren Quantenbauelementen in der Sensorik und Messtechnik. Was er an Braunschweig schätzt und warum er sich vor allem auf die Quantenelektronik spezialisiert hat, schildert er in seinen Antworten auf unseren Fragebogen.
Warum haben Sie sich für die TU Braunschweig entschieden?
Der Standort Braunschweig bietet für meine Aktivitäten auf dem Gebiet der kryogenen Quantenelektronik ein hervorragendes Forschungsumfeld. Mit dem Forschungsschwerpunkt “Metrologie”, der Vernetzung mit der PTB (Physikalisch-Technischen Bundesanstalt), der modernen Infrastruktur des LENA (Laboratory for Emerging Nanometrology) und der einzigartigen Kombination der Schwerpunkte der Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik ist die TU Braunschweig herausragend aufgestellt.
Womit genau beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschung? Wie würden Sie Ihre Arbeit einer fachfremden Person erklären?
Meine wissenschaftliche Expertise liegt vor allem im Bereich der Dynamik von Flussquanten (Fluxonen oder Vortizes) in Supraleitern und Spinwellen (und deren Quanten – Magnonen), den kollektiven Anregungen des Spinsystems eines magnetischen Festkörpers. Diese Felder sind Teilgebiete der Supraleitung bzw. des Magnetismus und somit der Festkörperphysik und gleichzeitig der Sensorik und Messtechnik in der Elektrotechnik. Sie stellen auch die Basis für kryogene Quantenelektronik dar, wobei sich die fluxon- und magnon-basierte Elektronik Fluxonik bzw. Magnonik nennt.
Spinwellen und Vortizes werden als Datenträger für neuartige Datenverarbeitungssysteme betrachtet, da sie Längenskalen (Wellenlänge, Gitterkonstante) im Nanometerbereich bei Frequenzen bis in den Terahertz-Bereich aufweisen, eine Informationsübertragung über makroskopische Entfernungen mit sehr geringer Joulescher Erwärmung ermöglichen und neue Plattformen für Metrologie und wellenbasierte Computerkonzepte bieten. Mittelfristig ist auch eine Ausweitung der Magnonik und Fluxonik auf hybride Quantentechnologien und ihre Kombination mit Halbleiter- und photonischen Technologien zu erwarten.
Mit meinem Eintritt an der TU Braunschweig habe ich vor, diese hochinteressanten und anspruchsvollen Forschungsrichtungen zu verfolgen, aber auch neue Wege einzuschlagen. Darüber hinaus bin ich grundsätzlich daran interessiert, meine Forschung noch stärker anwendungsorientiert auszurichten.
Mit welchen Forschungsschwerpunkten und Projekten werden Sie sich an der TU Braunschweig auseinandersetzen?
Durch den TU-Forschungsschwerpunkt „Metrologie“ sowie die enge Vernetzung mit der PTB wird ein besonderer Fokus meiner Arbeiten auf der Entwicklung neuer Systeme für Quantenelektronik und Quantenmetrologie liegen. Meine beabsichtigten Beiträge zum Exzellenzcluster EXC-2123 QuantumFrontiers bieten die Möglichkeit, diese Aktivitäten sowohl grundlagenforschungs- als auch anwendungsorientiert einzubetten und zu den bereits vertretenen Forschungsrichtungen sinnvolle Ergänzungen für Folge-Großprojekte vorzuschlagen. In meiner Forschung habe ich verschiedene Richtungen konzipiert, die sich der Erforschung der Physik von Fluxonen und Magnonen widmen. Unter den Themen meiner Aktivitäten sind Nichtgleichgewichtsphänomene in elektronischen Bauelementen, krümmungsinduzierte Effekte in 3D Nano-Architekturen sowie die fluxon- und magnon-basierte Datenverarbeitung.
Was hat Sie dazu bewogen, in diesem Bereich zu forschen?
Ich promovierte beim B.Verkin Institute for Low Temperature Physics and Engineering (ILTPE) in Charkiw, Ukraine. Das Institut war eine der weltführenden Forschungseinrichtungen auf den Gebieten der Tieftemperaturphysik und der Supraleitung, zeitgleich ist es auch die Einrichtung, wo zum Beispiel der AC-Josephson-Effekt experimentell 1964 (von I. Yanson) entdeckt wurde. Die Josephson-Effekte stehen im Mittelpunkt der Metrologie (sogenannte Spannungsnormale) und sie sind die Basis für viele Forschungsaktivitäten am Standort Braunschweig. Die Entwicklung von elektronischen Quantenbauelementen in festkörperbasierten Systemen beruht auf diesen Effekten.
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in drei Schlagworten aus?
Lehre, Forschung, Administratives.