Von Data Walks und Future Classrooms Medienbildung unterwegs für innovative Lehre
Daten-Spaziergang durch Utrecht, interaktives Klassenzimmer in Hannover, Creative Learning Space in Frankfurt am Main, Mixed Reality im Media Lab im Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston – das Team des Bereichs Medienbildung der TU Braunschweig war in den vergangenen Monaten viel unterwegs. Im Rahmen des Digital Learning Transfer Fellowships tauschten sie sich mit anderen Expertinnen und Experten in Deutschland, Europa und den USA über digitale Trends für die Hochschullehre aus.
„Uns geht es um den Ideentransfer“, sagt Julius Othmer, Leiter des Bereichs Medienbildung der Carolo-Wilhelmina. „Wir interessieren uns für die Spezialbereiche, in denen sich andere Universitäten, Einrichtungen oder Firmen bereits eine Expertise erarbeitet haben.“ Wie zum Beispiel die Utrecht Data School in den Niederlanden, in der in verschiedenen Projekten der kritische und fachkundige Umgang mit Daten gelehrt wird. Dr. Andreas Weich besuchte das Team aus Medien- und Datenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern und brachte einige neue Erkenntnisse mit nach Braunschweig. „Zum Thema Datafizierung haben wir zwar schon einige Bausteine im Onlinekurs, aber von der Tiefe und auch methodischen Vielfalt können wir uns noch das ein oder andere abgucken“, betont er. So gibt es in Utrecht so genannte „Data Walks“, bei denen Studierende identifzieren, was auf diesem Spaziergang alles datafiziert wird oder werden könnte.
Vorbereitung auf die 21st Century Skills
Einen genaueren Blick auf die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erhielt Philipp Preuß beim Educational Technology Lab am Deutschen Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz in Berlin. Er tauschte sich mit den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu „Intelligenten Tutoriellen Lernsystemen“ aus, um künftig mehr Selbstständigkeit im Lernprozess zu erreichen.
„In der Hype-Diskussion um Digitalisierung – zwischen wilden Fantasien und realen Szenarien – ist es wesentlich, sich auf bestimmte Richtungen zu fokussieren“, so Julius Othmer. Darunter ist die Frage, wie die Lehr- und Lernräume der Zukunft aussehen können oder müssen. Mögliche Antworten bekam Dr. Pamela Bogdanow bei Ricoh Deutschland in Hannover. Ricoh entwickelte das erste interaktive Klassenzimmer auf Basis des 6-Zonen-Modells des Future Classroom Labs (FCL) des European Schoolnets. Darin wird Lernen möglich, das die Entwicklung der 21st Century Skills unterstützen soll, also Kompetenzen, die in einer sich schnell ändernden, digitalen Gesellschaft benötigt werden – wie Organisationsfähigkeit, Kreativität, Anpassungsfähigkeit und kritisches Denken. Mobiliar und Technik sind im Ricoh-Klassenzimmer auf verschiedene Lehr- und Lernszenarien abgestimmt. „Es ist spannend, sich in diesen Raum zu begeben und die Verbindung zwischen analogen und digitalen Medien zu erleben“, erzählt Pamela Bogdanow. Das Konzept wurde vor allem für Schulen entwickelt, doch könne dies in ähnlicher Form auch auf die Hochschullehre übertragen werden.
Zwischen Frankfurt und Graz
Über Möglichkeiten und Grenzen des digitalen Arbeitens tauschten sich Maike Kempf und Katharina Zickwolf mit Professorin Deborah Schnabel vom Creative Learning Space in Frankfurt am Main aus. Ihr Team hat sich zum Ziel gesetzt, digitales und physisches Lernen zu verbinden und die Zukunft der Arbeit mitzugestalten. Vor allem zum Aufbau und zur Organisation eigener Kurse nahmen die beiden Mitarbeiterinnen viele Eindrücke mit nach Braunschweig – so zum Einsatz von Gamification-Elementen oder Zusatzleistungen.
Was machen andere Unis im Bereich Lehr- und Lerntechnologien anders, wollten Janina Becker und Veronika Mayer von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Technischen Universität Graz wissen. Dort gibt es ein vielfältiges Angebot an frei zu nutzenden Lehrmaterialien, Unterstützung bei der Produktion von MOOCs sowie ein mediendidaktisches Beratungsprogramm. Auch die Lernplattform Moodle wird in Graz genutzt. Doch hat sich dort ein eigener Webdesigner mit der Usability auseinandergesetzt, damit das System besser angenommen wird. „Es ist gut zu sehen, dass andere Universitäten vor ähnlichen Problemen stehen wie wir“, sagt Janina Becker.
Unterwegs in virtuellen Welten
Lehr- und Lernmethoden, die auf Mixed-, Augmented und Virtual Reality sowie Smart-Sensor-Technologien basieren, ließ sich Jennifer Olearczyk im Media Lab im Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston zeigen. „Mit diesen Technologien lassen sich Räume erweitern“, erklärt sie. „So kann Abstraktes visualisiert werden. Oder wir können Räume besuchen, die es nicht mehr gibt oder uns nicht zur Verfügung stehen.“ Im MIT-Lab werden unter anderem auch freie Tools entwickelt, so dass VR-Welten allen zugänglich gemacht werden können. Oder auch virtuelle Welten entstehen, während andere diese bereits „betreten“ können.
Was bleibt von den Hospitationen und Besuchen der vergangenen Monate? Viele neue Ideen, die das Team Medienbildung nach und nach umsetzen möchte. „Wenn wir aktuell bleiben wollen, ist ein Austausch mit anderen Expertinnen und Experten unabkömmlich“, ist sich Janina Becker sicher.