Universalgelehrter und Bibliothekar des Collegium Carolinum gewürdigt Gedenktafel für den Braunschweiger Johann Joachim Eschenburg (1743-1820)
Wer an der Pockelsstraße in Höhe der Universitätsbibliothek vorbei geht, fällt es wahrscheinlich gleich auf: Die neue Persönlichkeitstafel, die an Johann Joachim Eschenburg erinnert. Mit einem kurzen Stopp erfährt man Interessantes über den letzten Braunschweiger Universalgelehrten und den wohl berühmtesten der Braunschweiger Bibliothekare.
Zum Wintersemester 1767 begann Johann Joachim Eschenburg seine berufliche Laufbahn als Lektor und Öffentlicher Hofmeister am Braunschweiger Collegium Carolinum, der Vorgängerinstitution der heutigen TU Braunschweig. 1773 folgte seine Ernennung zum außerordentlichen und 1777 schließlich zum ordentlichen Professor der Schönen Literatur und Philosophie. 1814 wurde er bis zu seinem Tod am 29. Februar 1820 zudem Mitglied des Direktoriums.
„Eschenburg hat am Collegium Carolinum im Verlaufe von 53 Jahren alle Felder der Wissenschaften und Künste bearbeitet; zunächst die Philosophie und die Literatur, dann die Musik, schließlich die bildende Kunst und die Naturwissenschaften. […] Sein wissensgeschichtlicher Ort gleicht dem Goethes darin, dass er als Einzelner noch einmal, und zwar zum letzten Mal versucht hat, sämtliche Gebiete des Wissens zu überschauen und produktiv zu beherrschen“, stellen Cord-Friedrich Berghahn und Till Kinzel in ihrer Einführung zum jüngsten Sammelband über Eschenburg fest. (1)
Als ausgezeichneter Kenner der Weltliteratur habe Eschenburg „das Collegium Carolinum zum Zentrum einer intensiven Literaturvermittlung und -forschung gemacht“, so Berghahn und Kinzel. Dennoch ist Eschenburgs Leben und Wirken in der historischen Forschung bislang wenig beachtet worden. In Braunschweig erinnert heute der Name einer kurzen Straße in der Nordstadt zwischen Rebenring und Nordstraße an den weltgewandten Gelehrten.
Erster Chronist des Collegium Carolinum
Eschenburg war Philologe und als Übersetzer – besonders bekannt durch seine Arbeiten zu Shakespeare –, Theoretiker der Wissenschaften, Vermittler im Bereich Literatur, Kunst und Musik, Lyriker der Aufklärung und Philosoph – eben eine paradigmatische „modellhafte Figur der Spätaufklärung, deren Bedeutung für die Gegenwart vor allem in ihrer disziplinenüberschreitenden Kompetenz liegt“ und ein „exemplarischer Bürger der Gelehrtenrepublik in der Spätaufklärung, der in zahlreichen Netzwerken aktiv“ war. Im Laufe seines Gelehrtenlebens schrieb er zahlreiche Bücher, neben Lehrbüchern und Übersetzungen auch eigene Dichtungen. 1812 entstand sein „Entwurf zur Geschichte des Collegium Carolinum„. Er ist damit der erste Chronist der Vorläuferinstitution der TU Braunschweig.
Franz Josef Meyen bezeichnete Eschenburg als den herausragendsten unter den Braunschweiger Professoren-Bibliothekaren. Als Leiter der Bibliothek des Collegium Carolinum, die damals knapp 5.000 Bände umfasste, leistete er wertvolle Arbeit. Noch heute vorhanden ist das Register, das er dem Bibliothekskatalog seines Amtsvorgängers Johann Friedrich Tünzel – dem ersten seiner Art – zur besseren Nutzbarkeit beifügte. Vorlesungen über Bibliothekskunde im weitesten Sinne waren fester Bestandteil seiner Lehre am Collegium; die Lehrbücher, die er darüber verfasste, erschienen in mehreren Auflagen. Die Bibliothek verdankt ihm, der länger als seine Vorgänger für ihre Pflege zuständig war, außerdem kostbare Bestandserwerbungen, vor allem durch die Übernahme von Büchern aus der aufgelösten Klosterbibliothek Riddagshausen.
Persönlichkeitstafel enthüllt
Anfang Juli enthüllten Professor Manfred Krafczyk, Hauptberuflicher Vizepräsident für Digitalisierung und Nachhaltigkeit, und Bibliotheksdirektor Robert Strötgen zusammen mit Dr. Ulf Hilger, Wissenschaftsreferent der Stadt Braunschweig, und Professor Gerd Biegel eine Persönlichkeitstafel für Johann Joachim Eschenburg an der Pockelsstraße. Den Vorschlag, eine solche Tafel im Bereich der heutigen Universitätsbibliothek aufzustellen, unterbreitete Professor Gerd Biegel, ehemaliger Direktor des Braunschweigischen Landesmuseums, der auch den zweisprachigen Tafeltext verfasste.
17 weitere Persönlichkeitstafeln im Stadtgebiet sind Personen gewidmet, die der TU Braunschweig oder ihren Vorgängerinstitutionen verbunden waren, der berühmteste unter ihnen ist Carl Friedrich Gauß, dessen Persönlichkeitstafel am Gaußberg zu finden ist.
Eine Tafel aus der Reihe der Kulturdenkmale steht übrigens ebenfalls in der Pockelsstraße vor dem Altgebäude und erzählt mehr zur Geschichte des Gebäudes.