4. Juni 2025 | Magazin:

TU-Doktorandin forscht zu schulischer Inklusion in den USA Einblicke in 35 Schulen in acht US-Bundesstaaten

Sechs Monate lang untersucht Lisa-Katharina Möhlen, binationale Doktorandin an der TU Braunschweig und der Universität Wien, wie der Unterricht für Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf in den USA gestaltet wird. Dabei vergleicht sie amerikanische Richtlinien sowie Administrations- und Unterrichtspraktiken mit denen in Deutschland und Österreich. Ihr Forschungsaufenthalt wird durch ein Fulbright-Stipendium ermöglicht und findet in Zusammenarbeit mit Adam Moore, Associate Professor für schulische Inklusion an der University of Rhode Island (URI), statt.

Fulbright-Stipendiatin Lisa-Katharina Möhlen (links) verbrachte unter anderem einen Tag im Schulbezirk Jamestown, wo Erica Dickson (rechts), Director of Student Services, sie empfing. Bildnachweis: JAMESTOWN SCHOOL DEPARTMENT/TU Braunschweig

„Beispiel einer globalen Partnerschaft“

Der Kontakt zwischen Möhlen und Moore entstand während Moore‘s Aufenthalt als Gastdozent an der TU Braunschweig im Jahr 2023. Moore begrüßt die daraus resultierende Vertiefung der Zusammenarbeit und unterstreicht, wie wertvoll der Austausch mit Möhlen über internationale Inklusionsmodelle bereits damals war: „Ich freue mich sehr darüber, sie während ihres Fulbright-Stipendiums betreuen zu dürfen und noch mehr über die internationalen Praktiken der schulischen Inklusion zu erfahren.“ Als ehemaliger Lehrer für schulische Inklusion im Mittleren Westen und in Neuengland kennt er die Vielfalt regionaler Ansätze in den USA aus eigener Erfahrung. Er ist überzeugt, dass Möhlens Reise quer durch die USA ihr einen umfassenden Einblick in das Spektrum inklusiver Förderangebote verschaffen wird – Erkenntnisse, die langfristig dazu beitragen können, die Bildungschancen von Kindern weltweit zu verbessern.

Bereits im vergangenen Jahr haben Möhlen und Moore an mehreren Projekten gemeinsam gearbeitet, in denen globale Inklusionsansätze und Unterstützungsangebote für junge Menschen mit Behinderungen untersucht wurden – unter anderem mit einer gemeinsamen Präsentation beim Council for Exceptional Children im November 2024, gefördert durch das DAAD-Programm „Go out – come in“.

Danielle Dennis, Dekanin des URI College of Education, unterstreicht, dass die gemeinsame Forschung die seit 30 Jahren bestehende Kooperation beider Universitäten weiter vertiefen wird – eine Partnerschaft, die inzwischen auch das Feinstein College of Education der URI und das Institut für Erziehungswissenschaften der TU Braunschweig umfasst. Kürzlich haben beide Einrichtungen zudem ein vom DAAD gefördertes Austauschprogramm für Lehramtsstudierende gestartet. Katja Koch, Vizepräsidentin der TU Braunschweig für Lehrkräftebildung, besuchte im Herbst 2024 den URI-Campus und war dabei maßgeblich am Ausbau dieser Zusammenarbeit beteiligt: „Ich freue mich sehr über die intensive Kooperation mit der URI und den Kolleg*innen des Feinstein College of Education. Ich habe bei meinem Besuch dort viele tolle Eindrücke mitgenommen. In der Lehrkräftebildung verfolgen wir die gleichen Ziele und uns treiben dieselben Forschungsthemen um: „Wie gestalten wir eine hochwertige Lehrkräftebildung unter den Bedingungen zunehmend heterogener werdenden Lernvoraussetzungen?“.

„Dass Lisa Möhlen nun gemeinsam mit Dr. Moore forscht, unterstreicht, wie sehr sich unsere Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig in den letzten Jahren vertieft hat“, sagt Danielle Dennis. „Durch die Einbindung des Feinstein College of Education erweitert diese strategische Partnerschaft ihre Reichweite und Wirkung“, ergänzt Kristin Johnson, Vizeprorektorin für globale Initiativen an der URI. „Studierende und Forschende beider Institutionen profitieren in hohem Maße von den so geschaffenen internationalen Möglichkeiten.“

Einblicke in US-amerikanische Klassenzimmer zwischen Atlantik und Pazifik

Möhlen wird im Verlauf ihres Forschungsaufenthaltes Schulen in acht US-Bundesstaaten besuchen. Neben Rhode Island stehen Kalifornien, Illinois, Massachusetts, Minnesota, Texas, Vermont, New York und Wisconsin auf der Liste, um einen möglichst umfassenden Eindruck von den unterschiedlichen inklusiven Förderangeboten in den USA zu gewinnen.

Besonders freut sie sich darauf, die Rolle der Lehrkräfte als „Policymaker on the ground“ zu untersuchen – also mit denjenigen zu sprechen, die vor Ort inklusive Lernumgebungen gestalten: „Ich vermute, dass es in deutschen und österreichischen Klassenräumen Ähnlichkeiten zu den amerikanischen Ansätzen gibt“, sagt Möhlen. „Doch Verwaltung, Leitung und Organisation der schulischen Inklusion unterscheiden sich in den USA deutlich von europäischen Ansätzen.“ Neben den Schulbesuchen wird Möhlen mit Lehramtsstudierenden, Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen aus den Bereichen Schulpolitik und Administration über die deutschen und österreichischen Systeme im Bereich schulischer Inklusion diskutieren. In Texas wird sie von Professorin Jessica Reuter von der University of Texas empfangen: „Wir freuen uns, Lisa Möhlen während ihres Fulbright-Aufenthalts in texanischen Schulen zu begleiten. Für uns ist es extrem spannend, von ihr mehr über das deutsche und österreichische Bildungssystem zu lernen“, so Reuter.

Im Juni drehen Moore und Colleen Rossignol, die am Feinstein College of Education für globale Bildung und Partnerschaften verantwortlich ist, den Spieß um: Sie reisen nach Deutschland, um in Braunschweig Schulen zu besuchen und sich die Praxis der Inklusion vor Ort anzusehen. Als Vorbereitung hierzu dient ein von Moore, Möhlen und Dr. Olga Fert, vom Institut für pädagogische Psychologie, co-konzipiertes Seminar für deutsche und amerikanische Studierende, das die soziale Konstruktion von Behinderung in Schulen und Gesellschaft in den Mittelpunkt rückt.

(Angelehnt an die Pressemitteilung der University of Rhode Island)