Strukturoptimierung: Gutes noch besser machen Interview mit WCSMO-Konferenzleiter Professor Thomas Vietor
Fünfhundert Expertinnen und Experten aus den Technikwissenschaften, der Medizin und der Mathematik treffen sich ab dem Pfingstwochenende an der Carolo-Wilhelmina zum 12th World Congress of Structural and Multidisciplinary Optimisation. Worum es bei der Fachkonferenz, die Fachleute aus drei Disziplinen zusammenbringt, geht und was sich hinter dem Thema verbirgt, erklärt Konferenzleiter Professor Thomas Vietor.
Herr Professor Vietor, Sie leiten den 12. WCSMO-Weltkongress vom 5. bis 9. Juni in Braunschweig. Wen erwarten Sie zu der internationalen Fachkonferenz und was verbirgt sich dahinter?
Die WCSMO ist die Konferenz der International Society for Structural and Multidisciplinary Optimisation (ISSMO), zu der sich weltweit Expertinnen und Experten aus der Mathematik, der Mechanik, aber auch der Medizin zusammenfinden. Sie alle forschen und arbeiten auf dem Gebiet der Strukturoptimierung. Ihnen allen ist gemein, dass sie Werkzeuge zum optimalen Auslegen von Bauteilstrukturen erforschen und entwickeln. Auf den ersten Blick wirken alle vertretenen Disziplinen sehr unterschiedlich, nutzen jedoch dieselben zugrunde liegenden Methoden. Durch den interdisziplinären Austausch der Tagung können wir alle profitieren.
Strukturoptimierung heißt also Gutes besser zu machen?
Grundsätzlich kann man jeder Fachkollegin und jedem Fachkollegen unterstellen, bestmöglich zu konstruieren und entwickeln. Wir betrachten komplexe Systeme, deren Leistung von zahlreichen Faktoren abhängig ist, die wir mit Simulationen bei der Auslegung bestimmen können, schon lange bevor ein Auto gebaut wird. Einzelne Komponenten einer Fahrzeugkarosserie isoliert zu entwerfen, war früher einmal und reicht lange nicht mehr aus. Themen wie etwa Leichtbau, Sicherheit, Lärmschutz oder Sparsamkeit in der Fertigung und später beim Kraftstoffverbrauch führen unweigerlich zu Zielkonflikten, die wir frühst möglich durch einen ganzheitlichen Entwurf lösen wollen. Dieses Ziel haben nicht nur wir am Institut für Konstruktionstechnik im Hinblick auf fertigungsgerechten Leichtbau für die Großserie, wie auch der Akustik, sondern auch Kolleginnen und Kollegen, die Brücken oder Prothesen konstruieren. Wir alle profitieren von der Weiterentwicklung in der Digitalisierung und können deswegen voneinander lernen.
Die Zukunft der Konstruktionstechnik ist also digital?
Die Konstruktionstechnik im weitläufigen Sinne ist schon länger rechnerunterstützt, die exponentiell steigende Verbreitung von Hochleistungsrechnern öffnet uns heute jedoch die Tür zu neuen Möglichkeiten. Die Konstrukteure und Konstrukteurinnen der Zukunft werden sicherlich weniger Hand an die Konstruktion legen, allerdings werden sie genauere Anforderungen festlegen, Lösungsräume vorgeben müssen und Konzepte erstellen. Dabei werden ihnen ein gutes Verständnis von technischen Grundlagen und programmiertechnische Fähigkeiten helfen. Dieses Verständnis ist immens wichtig, um die Programme selbst weiterzuentwickeln und effektiv nutzen zu können.