Post aus … Paris Wissenschaftliche Mitarbeiterin Johanna Hornung berichtet aus Frankreich
Hier lebe ich momentan:
In Paris, Frankreich.
Das mache ich in Paris:
Ich arbeite als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre und Politikfeldanalyse der TU Braunschweig im deutsch-französischen Kooperationsprojekt „Programmatic Action in Times of Austerity“ (ProAcTA). Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem französischen Pendant Agence Nationale de la Recherche (ANR) gefördert und erforscht in vergleichender Perspektive Erklärungen für gesundheitspolitische Reformen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA. Mein Aufenthalt an der Hochschule L’institut d’études politiques de Paris, kurz auch SciencesPo genannt, ist in das Projekt eingebettet: Für die französische Fallstudie betreibe ich Feldforschung und führe Interviews mit zentralen Akteuren in der französischen Gesundheitspolitik. Dabei werde ich in Frankreich von dem französischen Projektleiter Professor William Genieys und dem Projektpartner Professor Patrick Hassenteufel sowie von Deutschland aus von Professor Nils Bandelow unterstützt. Zusätzlich zur Feldforschung arbeite ich an wissenschaftlichen Aufsätzen, mit denen wir die Ergebnisse auf internationalen Konferenzen vorstellen.
Mein Aufenthalt dauert insgesamt:
Drei Monate, vom 1. März bis zum 31. Mai 2019.
Darum habe ich mich für einen Auslandsaufenthalt entschieden:
Neben der Vorgabe im Projektantrag, der einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt zur Datenerhebung mittels Interviews durch mich vorsieht, empfinde ich es als äußerst bereichernd, wissenschaftlichen Input an anderen Universitäten und in anderen Ländern zu erhalten. Da ich mein Masterstudium in Barcelona absolviert habe, ist mir das Leben in anderen Ländern nicht fremd. Ich bin immer aufs Neue begeistert von den Eindrücken – sozial, kulturell, politisch, wissenschaftlich –, die man nur durch Auslandsaufenthalte erhält.
Leben vor Ort
So wohne ich in Paris:
Ich wohne in einer kleinen Einzimmerwohnung nah und nördlich der Seine. Die Kosten werden zum Glück von Projektgeldern übernommen, sonst könnte ich mir die Miete von 1.400 Euro pro Monat nicht leisten.
Was unterscheidet das Arbeiten in Frankreich von dem in Deutschland?
Das Arbeiten in Deutschland ist stark von dem Anspruch an Effizienz und Leistungsdruck geprägt. In Frankreich dagegen hat das Miteinander einen hohen Stellenwert. Lange Gespräche und Mittagessen mit Arbeitskolleginnen und -kollegen sind genauso wichtig wie der Arbeitsoutput. Außerdem fängt in Frankreich kein Treffen und kein Seminar pünktlich an – Pünktlichkeit in Deutschland im Vergleich zu Frankreich ist wohl der größte Unterschied.
Besonders typisch für mein Aufenthaltsland ist:
Gutes Essen, wie Käse, Wein und das klassische Baguette. Das sind die Dinge, die man hier am häufigsten sieht und auch überall kaufen kann. In den kleinen Boulangeries (Bäckereien/Konditoreien) liegen morgens die Baguettes schon direkt auf der Ladentheke zum Mitnehmen für die Kundschaft, die schnell mit Kleingeld bezahlt. Typisch sind auch die kleinen Cafés, die es überall gibt und in denen man morgens mit Kaffee und Croissant, mittags mit dem täglich wechselnden Lunch-Gericht und abends mit Wein und Tapas wie Käse- und Schinkenplatten versorgt wird.
Das habe ich hier in den ersten drei Tagen gelernt:
Durch die Größe der Stadt und die Vielzahl an Menschen, die hier wohnen, dauern Dinge oft länger als in Braunschweig. Allein schon wegen der Strecken, die man zurücklegen muss. Dadurch müsste ich eigentlich lernen, ein bisschen geduldiger zu sein. Leider fällt es mir nicht immer leicht, mit der Entspanntheit des Lebens hier umzugehen, die in den öffentlichen Verkehrsmitteln dann auf die Hektik der Arbeitenden trifft. Auch die französische Mentalität unterscheidet sich: Da fragt eine Frau an der Supermarktkasse nett, ob man sie vorlässt, weil sie weniger Einkäufe hat als man selbst, und wenn man sie dann selbstverständlich vorlässt, unterhält sie sich noch fünf Minuten mit der Kassiererin, bevor es weitergeht. Mir kommt das dann dreist vor, für die Franzosen ist das Teil der Kultur des Miteinanders.
Die bisher größte Herausforderung während meines Aufenthaltes:
Obwohl ich recht gut Französisch spreche, ist die Sprache definitiv eine der größten Herausforderungen. Die Menschen verstehen mich meistens sehr gut, aber wenn sie antworten, sprechen sie unheimlich schnell, sodass ich sie nicht immer verstehe. Außerdem sprechen nur wenige Menschen Englisch, Französischkenntnisse sind also im Alltagsleben essenziell. Ich bin bereits am Anfang meines Aufenthalts einer Rugbymannschaft beigetreten, trotzdem verstehe ich bei den Trainingseinheiten oft weder die Übungen noch die umgangssprachlichen Gespräche der Spielerinnen. Und obwohl diese das wissen, reden sie fast nie Englisch, dabei könnten es einige durchaus gut. Das ist einerseits anstrengend, hilft andererseits aber auch beim Französischlernen.
Das nehme ich von hier mit nach Hause:
Da Frankreich eine Tradition als Rugby-Nation hat, gibt es hier viele Sportgeschäfte, die Rugby-Equipment verkaufen. Dort habe ich mich für meinen Sport komplett eingekleidet. Außerdem: Ein rotes Barrett im klassischen französischen Stil und diverse Souvenirs aus der französischen Normandie und der Côte d’Azur.
Gut zu wissen
Diese landestypische Speise sollte man unbedingt probieren:
Eclairs! In Deutschland sind vor allem die Macarons sehr bekannt, aber Eclairs sind mein Favorit. Lange schmale Küchlein mit Füllung und Glasur – Schokolade, Kaffee und Erdbeere sind hier die beliebtesten Geschmackssorten. Die bekommt man in den Boulangeries genauso wie das „Croque Monsieur“, das wie ein einfacher Käse-Schinken-Toast aussieht, aber nach viel mehr schmeckt und je nach Boulangerie anders zubereitet wird. Vor allem als Snack unterwegs ist es die perfekte Wahl, das den halben Tag satt macht und das man unbedingt probieren sollte!
Welches Fettnäpfchen sollte man in Frankreich vermeiden?
Begrüßung und Verabschiedung sind für Franzosen extrem wichtig. Wer in einen Laden kommt und direkt mit der Bestellung beginnt, wirkt unhöflich. Vorher muss je nach Tageszeit ein „Bonjour“ oder „Bonsoir“ gesagt werden. Beim Verabschieden – das haben wir von einem amerikanischen Stand-Up-Comedian gelernt, der seit 10 Jahren hier lebt – muss man den sprachlichen Ausdruck danach wählen, wann man die Person wiedersieht. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten, was aber immer geht, ist „Au revoir“!
Diesen Tipp gebe ich Studierenden und Mitarbeitenden, die ins Ausland gehen möchten:
Egal wie schwer und kompliziert es auf den ersten Blick scheint, einfach machen! Diese Einstellung habe ich beibehalten. Ein Auslandsaufenthalt ist immer aufregend und ein bisschen abschreckend – fremdes Land, fremde Menschen, fremde Kultur, vielleicht auch eine Sprache, die man nicht beherrscht. Dass man davor Respekt hat, ist ganz normal. Angst sollte man aber nicht haben. Aus einem Auslandsaufenthalt wird man immer viel lernen, mehr als man in allen Büchern der Welt lesen könnte.