Post aus … Reykjavik Die TU-Studierenden Aileen Brendel und Leif Tönjes berichten über ihren Auslandsaufenthalt in Island
Im Januar dieses Jahres sind Aileen Brendel und Leif Tönjes von Braunschweig aus nach Island gereist, um dort ihr Auslandssemester zu verbringen. Sie berichten von besonderen Wetterbedingungen, dem traditionellen Schwimmbadbesuch und einer ungewohnten Ansprache von Professor*innen.
Wer wir sind:
Wir sind Aileen und Leif. Gemeinsam sind wir im Januar dieses Jahres nach Island gereist, um dort unsere Auslandssemester zu verbringen. An der TU Braunschweig studiere ich (Aileen) den Masterstudiengang Computational Science in Engineering und ich (Leif) Maschinenbau im Master.
Das haben wir in Reykjavik gemacht:
Aileen: Ich habe ein Semester lang an der University of Reykjavik (RU) studiert. Drei von den vier Vorlesungen konnte ich mir für mein Studium anrechnen lassen.
Leif: Als Maschinenbau-Student habe ich ebenfalls an der RU im Bereich Engineering studiert. Im Ausland habe ich meine Studienarbeit fertiggestellt und zwei Vorlesungen besucht.
Nach dem Semester sind wir beide noch auf Island geblieben und sind getrennt durch das Land gereist, um bei etwas besserem Wetter als im Winter die Natur zu genießen. Tatsächlich haben wir uns dabei aber öfter mal getroffen – denn die Insel ist doch recht klein.
Darum haben wir uns für einen Auslandsaufenthalt entschieden:
Aileen: Ich habe mich entschieden, ein Auslandssemester zu machen, um ein anderes Land und die Kultur besser kennenzulernen. Außerdem hat es mich sehr interessiert, wie das Studium in einem anderen Land aufgebaut ist. Diese Interessen haben sich vor allem während meines Masters entwickelt. Mein Studiengang ist bilingual, daher sind auch in Braunschweig die meisten meiner Vorlesungen in Englisch. Viele der anderen Studierenden in meinem Studiengang kommen aus anderen Ländern, wie zum Beispiel Indien, Taiwan oder Südafrika. Durch den Austausch vor den Vorlesungen oder während der Mittagspause in der Mensa habe ich viel gelernt und einen Eindruck bekommen, wie das Studium in anderen Ländern ist. Das hat mich motiviert, selbst ins Ausland zu gehen. Die Wahl auf Island fiel dann, weil es zu den Programmländern von Erasmus+ gehört. Das hat die Bewerbung vereinfacht. Ein weiterer Grund war die Sprache. Ich wollte weiterhin Vorlesungen in Englisch hören. Außerdem hat mich die einzigartige Natur in Island sehr fasziniert und ich wollte sie selbst einmal sehen.
Leif: Der Studiengang Maschinenbau setzt sich an der TU in erster Linie aus deutschsprachigen Vorlesungen zusammen. Der Auslandsaufenthalt war für mich deshalb eine gute Möglichkeit mein Englisch aufzubessern. Die Wahl auf Island fiel letztendlich aufgrund der einzigartigen Natur dort.
Leben vor Ort
So haben wir in Reykjavik gewohnt:
Wir haben in einer Dreier-WG gelebt. Die Dritte im Bunde war eine Finnin, die in Island ein Auslandssemester gemacht hat und jetzt in Island arbeitet und lebt. Die Wohnung lag relativ zentral, sodass wir die Innenstadt gut zu Fuß erreicht haben. Leider hatten wir es dadurch zur Uni etwas weiter. Das war besonders bei viel Schnee und schlecht geräumten Gehwegen nervig. Viele der anderen Austauschstudierenden haben im Wohnheim in der Nähe der Uni gewohnt. Auf jeder Etage gab es einen Gemeinschaftsraum, in dem wir uns häufig zusammengesetzt haben.
Was unterscheidet das Studieren in Island von dem in Deutschland?
Grundsätzlich spricht man auf Island jeden mit dem Vornamen an. Für uns war es wirklich ungewohnt, Professor*innen nur beim Vornamen anzusprechen. Insgesamt hat sich die Kommunikation aber dadurch sehr viel persönlicher angefühlt als in Deutschland.
Anders waren auch die Semesterzeiten: Das Semester in Reykjavik beginnt im Januar und läuft bis in den Mai. In den meisten Studiengängen gibt es zwei Phasen: Erst gibt es eine Vorlesungszeit von zwölf Wochen mit einer anschließenden Prüfungsphase, beides ist vergleichbar mit einem Semester in Braunschweig, nur kürzer. In der zweiten Phase von drei Wochen beschäftigt man sich ausschließlich mit einem Kurs. In dieser Phase fertigt man oft in Gruppen größere Projekte an. Auch die Prüfungen unterscheiden sich. Am Ende der meisten Vorlesungen hatten wir bisher in Deutschland immer eine Klausur, die die Note bestimmt hat. In den Kursen auf Island hatten wir regelmäßige Abgaben oder zumindest noch eine Klausur in der Mitte des Semesters. Außerdem waren viele der Abgaben Gruppenarbeiten.
Besonders typisch für Island ist:
Unzählige Wasserfälle, mystisch graue Lavalandschaften und nicht zuletzt gewaltige Gletscher, das alles sind Bilder, wie man sie aus Island kennt. Was für uns besonders überraschend war, war der Wind, der vom Atlantik aus stetig über die Insel tobt. Mit ihm kommt ein Wetter, das oft extrem wechselhaft zwischen Sonne und Regen springt. Dafür gibt es im Winter aber wunderschöne Polarlichter zu beobachten. Wegen des Wetters findet man in Island, selbst in Reykjavik, kaum mit Dachziegeln gedeckte Häuser. Die Isländer setzen hier auf die robuste Alternative Wellblech. Außerhalb der Hauptstadt ist außerdem das typisch isländische Hochlandauto, ein deutlich höher gelegter Super-Jeep mit während der Fahrt anpassbarem Reifendruck, zu empfehlen.
Das haben wir in den ersten drei Tagen gelernt:
Wir sind zusammen nach Island gereist und schon an unserem ersten Abend gab es eine Sturmwarnung. Wir haben auf unserer Anreise nur den Anfang mitbekommen, aber das hat gereicht, um jede kommende Sturmwarnung ernst zu nehmen. Denn auf dem kurzen Weg von vielleicht 500 Metern von der Bushaltestelle zu unserer WG sind uns fast die Koffer weggeflogen. Auch in den Tagen danach war es immer noch windig, was hier aber einfach Standard ist.
So haben wir uns am liebsten die Zeit vertrieben:
Wer Island erleben will, muss raus aus der Stadt und rein in die Natur. Reykjaviks direkte Umgebung lässt sich mit etwas Planung gut mit Öffis erreichen. Wer weiter will, braucht ein Auto. Die für Island typischen hohen Mietkosten verteilt man am besten auf mehrere Ausflügler. Das ist aber kein Problem, denn gemeinsam macht es ohnehin am meisten Spaß. Die Wanderwege rund um Reykjavik sind nicht so gut ausgeschildert, wie man es vielleicht aus dem Harz kennt. Navigationsapps helfen bei der Orientierung. An den touristischen Zielen kann man sich hingegen nicht verlaufen.
Reykjavik hat übrigens sehr viele Schwimmbäder, sogenannten Sundlaugar. Das ist durch den aktiven Vulkanismus möglich, denn über das Land verteilt gibt es zahlreiche heiße Quellen, was die Beheizung der Bäder unfassbar günstig macht. Da auch schon vor dem Bau öffentlicher Bäder viele natürliche Hotpots bestanden, treffen sich die Isländer historisch bedingt zum geselligen Beisammensein in diesen warmen Becken. Jedes noch so kleine Dorf verfügt daher heute über ein Schwimmbad mit verschiedenen Becken von bis zu 44°C Wassertemperatur. Vor allem außerhalb der Hauptstadt bieten die Bäder häufig eine phänomenale Sicht auf Fjorde, Gletscher und Meer.
Das haben wir mit nach Hause genommen:
Mitgenommen haben wir vor allem viele neue Freundschaften aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt. Es hat Spaß gemacht, das Land, die Leute und die Natur gemeinsam zu entdecken. Wir haben aber auch Physisches mit nach Hause genommen. Dazu zählen beispielsweise Steigeisen, die man zum Erwandern vereister Gehwege brauchte, oder einen Pullover aus Schafswolle, um den rauen isländischen Bedingungen zu trotzen. Als kleines Andenken hat in unseren Zimmern ein Vulkanit Platz gefunden. Dieser entstammt dem Fagradalsfjall, einem nur 40 Kilometer von Reykjavik entfernten und kürzlich aktiv gewesenen Vulkan.
Gut zu wissen
Diese landestypischen Speisen sollte man unbedingt probieren:
In Vorlesungen und auch sonst an der Uni ist uns eine Sache immer wieder aufgefallen: Jeder Zweite trinkt ein Energy-Getränk oder hat eine Dose vor sich stehen. Besonders beliebt ist die isländische Marke Collab. Die Getränke gibt es in 6 verschiedenen Geschmacksrichtungen und alle enthalten keinen Zucker, dafür aber Collagen aus Fisch. Es lohnt sich, die Getränke mal zu probieren. Für Vegetarier*innen und Veganer*innen gibt es natürlich auch eine große Auswahl.
In den Supermärkten findet man immer ein Regal, in dem Trockenfisch angeboten wird. Der Geruch sollte einen aber nicht abschrecken! Typischerweise wird außerdem in Island viel Lammfleisch gegessen. Besonders empfehlen können wir die Lamm-Hotdogs. Die Experimentierfreudige unter euch können Gammelhai probieren.
Welches Fettnäpfchen sollte man in Island vermeiden?
In Island gibt es eine ausgeprägte Badekultur. Doch man sollte einiges beachten, wenn man nicht unangenehm auffallen will. In den großen Umkleiden zieht man sich aus und geht dann in einen Duschbereich, hier lässt man auch sein Handtuch liegen. Es ist wichtig, ohne Badekleidung und mit Seife zu duschen, bevor man sich anzieht. Danach geht es nach draußen zu den warmen Pools.
Viele der Schwimmbäder haben auch einen Saunabereich. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Dampfsauna, in die man angezogen rein geht.
Außerdem sollte man sich in Island nicht über Elfen und Feen lustig machen. Meist glaubt nur die ältere Bevölkerung wirklich daran. Es gilt jedoch als unhöflich, Elfen oder Feen zu beleidigen, nur weil man nicht an sie glaubt.
Diesen Tipp geben wir anderen Studierenden, die nach Island gehen möchten:
Auf Island kann man fast überall mit Karte bezahlen, teilweise gibt es keine andere Möglichkeit. Daher ist es wichtig, sich vorher zu informieren, ob bei Zahlungen zusätzliche Kosten entstehen können. Einzige Ausnahmen stellen wenige Hotpots und der Stadtbus in Reykjavik dar. Wer im Bus bar bezahlt, bekommt kein Wechselgeld. Alternativ kann man jedoch Tickets online in der App kaufen.
Es ist außerdem wichtig, wirklich warme und vor allem winddichte Regenkleidung mitzunehmen. Die Temperaturen in Reykjavik schwanken zwar lediglich zwischen – 5 und 15 °C, aber durch den Wind fühlt es sich extrem kalt an. Außerdem sind wasserdichte Wanderschuhe unerlässlich, wenn man außerhalb von Reykjavik unterwegs ist.
Pandemie
So hat das das Corona-Virus unseren Aufenthalt beeinflusst:
Leider sind wir in das Semester in Island mit Online-Vorlesungen und Veranstaltungen gestartet. Im Januar und Februar gab es relativ strenge Regeln und es war schwer, isländische Studierende kennenzulernen. Zum Glück wurden zumindest für die Austauschstudierenden einige Veranstaltungen durchgeführt, sodass wir viele der anderen kennengelernt haben.
Ende Februar wurden dann fast alle Maßnahmen aufgehoben und es gab nur noch in Krankenhäusern eine Maskenpflicht. Die Vorlesungen wurden nach und nach in Präsenz oder Hybrid durchgeführt.