Mikrochip statt Mikroskop – Wie „Superlight Photonics“ mit winzigen LEDs groß rauskommen will Forschung im Fokus: An den Grenzen des Messbaren
Rein räumlich gesehen ist das Startup „Superlight Photonics“ schon jetzt Spitze: Es hat seinen Sitz in der vierzehnten und damit obersten Etage des TU-Hochhauses an der Hans-Sommer-Straße. Von hier aus wollen sechs Forscherinnen und Forscher die Nanowelt erobern, nicht nur wissenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich. „Wir entwickeln Mikrochips, die Strukturen im Millionstel-Millimeter-Maßstab und sogar einzelne Moleküle sichtbar machen können“, sagt Teamleiter Sönke Fündling. Das Herzstück der Technologie: nanometerkleine, blaue Leuchtdioden (LEDs) aus Galliumnitrid.
Die Mikrochips mit den Mini-LEDs könnten in Zukunft so manche zeit- und personalaufwändige Untersuchung in Speziallaboren überflüssig machen, denn sie liefern schnelle und leicht interpretierbare Messergebnisse. „Sie könnten unter anderem im medizinischen Bereich eingesetzt werden, zum Beispiel für Blutschnelltests oder als Implantat zur Insulinkontrolle“, berichtet Fündling. Auch als Detektoren für Luft- oder Wasserschadstoffe seien sie geeignet. Es gebe viele Anwendungsmöglichkeiten. „Wohin die Reise geht, hängt vor allem davon ab, welche Investoren wir begeistern können“, so der Physiker.
Wie ein Schattenbild von Blutzellen
Die neuartigen Mikrochips funktionieren ähnlich wie ein Lichtmikroskop, nur dass statt einer Weißlichtlampe einzeln ansteuerbare Nano-LEDs leuchten und ein Fotodetektor als Auge fungiert. Dieser registriert, wo Licht durch eine Probe hindurchkommt und wo nicht. „Wenn wir so ein Schattenbild, zum Beispiel von Blutzellen, aus unterschiedlichen Richtungen aufnehmen, können wir ein sehr genaues Bild generieren“, erklärt Fündling. Dabei ist die Auflösung umso höher, je kleiner die Nano-LEDs sind. Die Leuchtdioden können sogar einzelne Moleküle sichtbar machen, wenn diese zuvor mit Fluoreszenzstoffen markiert wurden.
„Die größte Herausforderung unseres Vorhabens ist das Material“, sagt Fündling. Galliumnitrid sei sehr hart und nur schwer zu bearbeiten. Unter welchen Bedingungen das am besten gelingt, testen die Forscherinnen und Forscher zurzeit ein paar Etagen tiefer im gleichen Gebäude, am Institut für Halbleitertechnik der TU Braunschweig. Das Institut ist so etwas wie ihre wissenschaftliche Heimat und der Institutsleiter Professor Andreas Waag der Mentor für ihr Startup.
In übermannshohen Edelstahlanlagen dampfen sie hier Galliumnitrid schichtweise auf Silizium- oder Saphirwafer, bis großflächige LEDs entstehen. Dann schießen sie mit elektrisch geladenen Teilchen schachbrettmusterartig hauchdünne Gräben ins Material und ätzen die Trümmer mit Chemikalien weg. Übrig bleiben winzige, noppenartige LEDs. Wie gut diese gelungen sind, prüfen die Wissenschaftler unter anderem im Rasterelektronenmikroskop.
Investoren gesucht
„Wir verfolgen noch eine zweite Herstellungsroute, bei der eine größere Galliumnitrid-LED durch einen nanostrukturierten Silizium-Mikrochip kontaktiert wird“, berichtet Fündling. Dieser Chip werde zurzeit bei einem externen Partner hergestellt. Zudem gelte es, für beide Mikrochiparchitekturen geeignete Software und eine funktionale, ansprechende Hülle zu entwickeln. Auch daran arbeiten die Forscher gerade.
Ende dieses Jahres wollen sie einen Demonstrator präsentieren, der zeigt, dass ihre Idee funktioniert. Dann brauchen sie Investoren, um in die nächste Phase zu gehen „Das ist schon ein strammer Zeitplan. Über Langeweile können wir uns jedenfalls nicht beklagen“, sagt Fündling. Da ist es gut, dass es ab und zu auch entspannende Momente gibt. Zum Beispiel wenn die Sonne über Braunschweig untergeht. Das ist, vom vierzehnten Stockwerk aus beobachtet, ein ganz besonderes Erlebnis.
Text: Andrea Hoferichter