Letzter Akt des Hightech-Fliegers Nach 35 Jahren endet der Einsatz des TU-Forschungsflugzeugs D-IBUF
Die betagte D-IBUF war noch kurz vor der Außerdienststellung im Einsatz für die Forschung: Sie absolvierte für das Projekt „X-Wakes“ ihre letzten Messflüge an Windkraftanlagen über der Nordsee – mit modernster Messtechnik an Bord. Während das Nachfolgeflugzeug (D-ILAB) auch Messkampagnen fliegt, verabschiedete sich die Technische Universität Braunschweig am 17. Oktober 2021 nun von der D-IBUF: Pilot Rudolf Hankers überführte das alte Forschungsflugzeug nach München, wo es in bester Gesellschaft den Ruhestand antritt.
Herr Hankers, was passiert jetzt mit dem alten Forschungsflugzeug?
Nach 35 sehr erfolgreichen Jahren im Messflugeinsatz wird die gute IBUF jetzt im Deutschen Museum München, in der Außenstelle in Oberschleißheim, ausgestellt und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Sie geht damit ehrwürdig in Rente?
Ja – auf jeden Fall. Andere alte Flugzeuge werden ausgeschlachtet oder verschrottet. Aber das ist für ein Flugzeug mit so einer umfangreichen Geschichte in der Luftfahrtforschung unvertretbar. Und in dem Deutschen Museum ist die D-IBUF tatsächlich in guter Gesellschaft mit anderen herausragenden Forschungsflugzeugen.
Das ist übrigens nicht das erste Mal, dass ein TU-Forschungsflugzeug in einem Museum besichtigt werden kann.
Ja, der Vorgänger der IBUF am Institut für Flugführung, die D-IBSW (Do-28), die von 1980 bis 1993 bei uns im Einsatz war, kann im Luftfahrt-Museum Wernigerode besichtigt werden.
Die Maschine hat Geschichte geschrieben. Können Sie kurz zusammenfassen, was die Maschine im Auftrag der Wissenschaft (konkret der TU Braunschweig) geleistet hat?
Oje – das ist schwierig, 35 Jahre Forschungsflugbetrieb kurz zusammenzufassen. Ich versuche es mal: In über 5.000 Flügen und fast 5.000 Flugstunden wurden die unterschiedlichsten Aufgaben bewältigt – angefangen bei den unzähligen Praktikumsflügen mit über 3.000 Studierenden, ca. 50 meteorologische Messkampagen in ganz Europa und bis fast zum Nordpol; dann z.B. Luftschadstoffmessungen über Berlin, wo fast eine halbe Tonne Messtechnik an Bord war; und natürlich die sehr große Anzahl an Erprobungsflügen für die Aufgaben unseres Instituts – also Erprobung neuer Instrumentierungen und Navigationsverfahren.
Was waren technisch gesehen besondere Merkmale der Dornier Do-128-6?
Ich hatte ja schon die Do-28 erwähnt. Bei der Dornier 128-6 handelt es sich um ein – von der Zelle her – sehr ähnliches Flugzeug, aber jetzt ausgerüstet mit sogenannten Propeller-Turbinentriebwerken. Diese Triebwerke sind wesentlich zuverlässiger als die alten Kolbentriebwerke – und – was für unsere Art der Flugversuche (oft sehr tief, viele Anflüge an Flughäfen) wichtig ist – extrem leise. Während die alte Do-28 eines der lautesten Propellerflugzeuge war, ist die D-IBUF ein richtiges „Flüsterflugzeug“. Durch die stärkeren Triebwerke konnte auch die wissenschaftliche Nutzlast deutlich erhöht werden, und die wesentlich stärkeren Stromgeneratoren konnten auch stromhungrige Messtechnik gut versorgen.
Woran erinnern Sie sich am besonders gerne während der Zeit mit der D-IBUF?
Die spektakulärsten Flüge gab es natürlich bei meteorologischen Messflügen, wie z. B. Flüge über dem Nordpolarmeer von Spitzbergen aus, Messungen zur Gewitterentstehung über dem Schwarzwald, tolle Messflüge über Korsika, oder in letzter Zeit extreme Tiefflüge über der Nordsee dicht an Windparks. Aber auch die Erprobung von Navigationsverfahren ergab spannende Situationen – lange Flüge bei Nacht über München und Frankfurt, wo die Flughäfen dann nur uns „gehörten“. Ich erinnere mich auch gerne an Anflüge mit „künstlicher Sicht“ in den Alpen zwischen den Bergen bei Lugano oder Sion.
Sie sind die DIBUF seit 1986 geflogen, also von Beginn der Flugversuche am Institut für Flugführung an. Geht Ihnen das Ende der Dornier auch etwas nah?
Tja – das gibt es wohl selten in der heutigen Zeit, dass man fast sein ganzes Arbeitsleben einem Gerät widmet. Aber – und das ist jetzt keine Abwertung – die D-IBUF war ja nur der „Träger“ für die sich immer ändernde Versuchsausrüstung und immer neue, verschiedenste Flugaufgaben – und das waren dann auch die Herausforderungen, die die 35 Jahre immer sehr spannend gemacht hatten. Ja – nach einer so langen unfallfreien Zeit da fällt einem der „Abschied“ schon nicht so ganz leicht.