Lehre, Forschung und Wissenschaftskommunikation verbinden Väterforschung: Im „Superheroes“-Podcast kommen Studierende zu Wort
In der Corona-Pandemie mussten neue, digitale Ideen sowie kreative Wege in der Lehre entwickelt und etabliert werden. Ein Beispiel: Der „Superheroes-Studi-Podcast“. Die Macher*innen haben darin Lehre, Forschung und Wissenschaftskommunikation zusammengedacht. Das Format entwickelten Studierende am Lehrstuhl Soziologie mit dem Schwerpunkt Arbeit und Organisation der Technischen Universität Braunschweig unter Anleitung von Wissenschaftler*innen im Rahmen der Seminare „Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Vätern. Inklusions- und Exklusionprozesse von Vätern in Elternzeit in Betrieb, Familie und Gesellschaft“ und „Moderne Männer, aktive Väter? Haben Männer ein Vereinbarkeitsproblem? Betriebliche und gesellschaftliche Prozesse einer familienfreundlichen Arbeitsorganisation für Männer“. Insgesamt sind fünf Folgen entstanden. Am Ende des Sommersemesters 2022 werden drei weitere hinzukommen.
Die Soziologie-Studierenden haben verschiedene Themen rund um Männlichkeit, Väter und Vaterschaft behandelt. Dazu zählen unter anderem Fragen zur Elternzeit, homosexueller Vaterschaft oder „Was erleben Männer, wenn sie Väter werden?“. Sie reflektierten ihre Erkenntnisse, die sie im Rahmen ihres Seminars anhand wissenschaftlicher Literatur und Medienbeiträgen gewonnen haben. In dem Podcast diskutieren sie auf der Grundlage ihrer persönlichen Erfahrungen die unterschiedlichen Herausforderungen, vor denen Väter und auch Mütter stehen. In einigen Folgen berichten Väter über ihren Alltag.
Der Podcast ist an das Forschungsprojekt „You don’t need to be Superheroes – Einblicke in die vielfältigen Lebenslagen von Vätern“ angeschlossen, das der Lehrstuhl für Soziologie, Arbeit und Organisation gemeinsam mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit an der Fachhochschule Kiel und dem Familienbüro der TU Braunschweig durchführt. Das Projekt befasst sich mit den vielfältigen Vorstellungen von Vaterschaft, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und mit den besonderen Herausforderungen, die Väter angesichts der Corona-Pandemie bewältigen müssen. Dabei wird untersucht, wie unter anderem Betriebe, politische Akteure, Väternetzwerke und Beratungsstellen Väter darin unterstützen können, ihren Ansprüchen an sich als Vater, Partner und gegebenenfalls als Arbeitnehmer gerecht werden zu können.
Ein zentrales Anliegen des Projektes ist es, durch eine gezielte Wissenschaftskommunikation sowohl den Forschungsprozess als auch die Ergebnisse der Forschung mit der interessierten Öffentlichkeit zu teilen und Möglichkeiten der informierten Diskussion zu bieten. Zugleich möchten die Wissenschaftler*innen die Ergebnisse für betriebliche Maßnahmen zur Förderung der ‚väterfreundlichen Arbeitsgestaltung‘ nutzbar machen.
Väterforschung für alle zugänglich machen
Dr. Kim Bräuer, Leiterin des Forschungsprojektes, beschäftige seit Jahren, dass immer mehr Menschen das Vertrauen in die Wissenschaft verlieren und für sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte oft nicht zur Verfügung stehen. Mit dem Podcast und dem dazugehörigen Instagram-Account wolle man die Väterforschung in die Kopfhörer und auf die Displays von Menschen bringen, die keinen akademischen Hintergrund besitzen oder sich von der Forschung abgewendet haben, erklärt die Wissenschaftlerin: „Zugleich möchte ich mit der Veröffentlichung des Podcasts die Leistungen und den individuellen Einsatz wertschätzen, den die Studierenden erbracht haben. Häufig landen ihre Studien- oder Prüfungsleistungen nach einer Beurteilung auf dem PC der Lehrenden und finden nie wieder Beachtung. Unser Podcast zeichnet sich dadurch aus, dass die Studierenden die Zuhörenden mit in ihren Diskussionskreis holen.“
Über die Möglichkeit, durch die Mitarbeit an dem Podcast die Sozialwissenschaft greifbar zu machen, freut sich Studentin Judith Weinecke. Denn hinter Daten stünden immer Menschen: „Zu erfahren, wie unterschiedlich die interviewten Männer ihre Rolle als Vater und als Partner leben, hat meine eigenen Vorstellungen über Vaterschaft erweitert. Super fand ich auch, dass jede*r Podcaster*in eigeninitiativ und selbstverantwortet ihren Beitrag zum Projekt leisten konnte – etwas, das bei schriftlichen Abgaben nicht immer sichtbar wird.“
Student Levin Mehrbaksh hat den Podcast mit seiner damaligen Partnerin gemeinsam aufgenommen und findet das Medium für die Lehre geeignet, weil es gerade sehr beliebt ist: „Allerdings sollte man Podcasts immer für die Barrierefreiheit auch transkribieren“, schlägt Mehrbaksh vor.
Anne-Christin Eggers, Referentin für familiengerechte Hochschule im Familienbüro der TU Braunschweig findet, dass der Podcast die Sicht auf das Thema Vaterschaft bereichert. Interessant sei auch, dass die studentischen Podcaster*innen von dem Thema häufig noch gar nicht betroffen sind: „Themen wie Rollenverteilung und -muster innerhalb einer Partnerschaft, Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und auch die Vulnerabilität von Vätern regen zum Nachfragen zu und Nachdenken über die eigenen Vorstellungen an.“
Dialog mit Instagram-Community
Die einzelnen Folgen des Podcast sind kostenlos auf der Homepage des Projektes abrufbar und werden zudem auf dem Instagram-Account des Forschungsprojektes vorgestellt. Hier ist außerdem ein Austausch mit der an Vätern interessierten Instagram-Community über die akademische Diskussion hinaus möglich.