Künstliche Intelligenz in der Lehre Institut für Wirtschaftsinformatik forscht an „Learning Companions“
Seitdem das Unternehmen „ChatGPT“ Ende November 2022 mit seiner Technologie an den Start gegangen ist, sind Chatbots, die auf künstlicher Intelligenz basieren, in aller Munde. Sieht so die Zukunft der Suche im Internet aus? Wenn es nach den großen Tech-Konzernen geht, ja. Microsoft arbeitet an der Integration von „OpenAI“ in eine neue Version seiner Suchmaschine Bing, Marktführer Google tüftelt an einer eigenen künstlichen Intelligenz namens „Bard“. Aber auch an der Technischen Universität Braunschweig wird geforscht, wie die Zukunft mit KI insbesondere in der Lehre aussehen könnte.
„Es herrscht gerade eine große Verunsicherung“, beobachtet Dr. Ricarda Schlimbach. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschaftsinformatik forscht gestaltungsorientiert zum Thema „Learning Companions“, also virtuelle Begleiter beim Lernen. Künstliche Intelligenz an sich sei nicht böse, betont Schlimbach: „Wir sind als Menschen verantwortlich dafür, ob eine KI gut oder böse ist.“ Dennoch könnten wir Stereotypen gegenüber der Technologie nicht ganz abschalten.
EWI-Bot zur Vertiefung von Vorlesungsinhalten
Für die Vorlesung „Einführung in die Wirtschaftsinformatik“ (EWI) haben Masteranden auf der Basis wissenschaftlicher Ergebnisse des Instituts mit dem EWI-Bot einen eigenen Learning Companion entwickelt. Er motiviert zum Lernen und kann Inhalte aus der Vorlesung wie Präsentationsfolien, Quizfragen oder Übungsaufgaben gezielt ausgeben, um den Studierenden insbesondere bei der Vertiefung von Vorlesungsinhalten Hilfestellungen zu geben. Noch werde er allerdings nur von weniger als zehn Prozent der Studierenden genutzt, bedauert Ricarda Schlimbach: „Wir waren sehr überrascht, weil Studierende in der initialen Phase zur Erhebung von Anforderungen an den StudyBuddy Ängste wie Suchtpotenzial oder die Aufgabe von Interaktion im echten Leben angegeben haben. Wo genau der Schuh drückt, werden wir jetzt noch genauer herausfinden.“
Mit einem kommerziellen, gewinnorientierten Angebot wie ChatGPT, das auf der mächtigen künstlichen Intelligenz von „OpenAI“ basiert, sei der EWI-Bot zwar nicht vergleichbar. Schlimbach sieht in einem solchen Ansatz aber die Zukunft. Eine Mischung aus einer Technologie wie ChatGPT, die Nutzer*innen mit Informationen versorgt und einem „Virtual Companion “ wie „Replika“, zu dem Benutzer*innen eine gewisse Beziehung aufbauen und somit auch sozialen Wert generiert. Denkbar ist auch ein Belohnungs-System, mit dem man zusätzliche Funktionen freischalten kann. Das soll zusätzlich motivieren – wie genau, daran forscht das Institut für Wirtschaftsinformatik.
Mehr Projekt- und Kompetenzorientierte Prüfungsleistungen
In der Corona-Zeit wurde an Hochschulen immer mehr auf Online-Prüfungen gesetzt. Bei der Verfügbarkeit von Werkzeugen wie ChatGPT stellt sich nun die Frage, wie Prüfungsleitungen zukünftig aussehen sollten, wenn eine KI die bisherigen Aufgaben innerhalb von Sekunden für die Studierenden lösen kann. „Ich könnte mir vorstellen, dass es künftig eher Projekt- und Kompetenzorientierte Prüfungsleistungen geben wird“, meint Ricarda Schlimbach. Wir müssten lernen, mit künstlicher Intelligenz zu kollaborieren. Eins stehe fest: Die technische Reife von KI werde über-, die Verantwortung der Nutzer*innen unterschätzt. Schüler*innen und Studierende müssten frühzeitig den Umgang mit dieser neuen Technologie erlernen, um nicht abgehängt zu werden.
Wie geht die Hochschulleitung mit ChatGPT & Co. um?
Die Bedeutung von ChatGPT und verwandten Werkzeugen insbesondere für Studium und Lehre, aber auch in den Bereichen Transfer, Digitalisierung und Administration, werde derzeit im Präsidium der TU Braunschweig und in anderen Gremien der Hochschule diskutiert, sagt Prof. Knut Baumann, Vizepräsident für Studium und Lehre. Ein intensiver Austausch bestehe auch mit anderen Universität im Rahmen der TU9 und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sowie mit internationalen Institutionen wie der European University Association (EUA).
Ziel sei kein Verbot, so Baumann, sondern KI-Tools sollten mittelfristig in die Arbeit integriert werden: „Von Nutzer*innen erwarten wir, dass derartige Werkzeuge gemäß unserer Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis als Hilfsmittel angegeben werden, wenn sie zur Textproduktion genutzt wurden. Ungeachtet dessen analysieren wir intensiv, wie KI-Werkzeuge Schreib- und Prüfungsprozesse verändern und denken in diesem Zug auch über neue Arbeits- und Prüfungsformate nach, die den geänderten Möglichkeiten KI-generierter Texte Rechnung tragen.“