Kleine Klappe, große Wirkung TU Braunschweig schließt Windkanal-Experimente zur Böenminderung an Tragflächen erfolgreich ab
Böen sind für Luftfahrzeuge – von Verkehrsflugzeugen bis zu Mikroflugzeugen wie z.B. Drohnen – relevant: Sie können zu extremen Belastungen der Flugzeugstruktur während des Fluges führen und beeinträchtigen den Komfort der Passagiere. Eine Arbeitsgruppe am Institut für Strömungsmechanik der Technischen Universität Braunschweig hat in einem Experiment neue Lösungen gefunden, wie die Wirkung von Böen gemindert werden kann.
Eine Böe ist ein Windstoß, also eine schnelle Änderung der Windgeschwindigkeit. Für Flugzeuge und Fluggeräte stellen sie eine Herausforderung dar, da der plötzliche Wind das Flugverhalten verändert. Ändert die die Tragflächen umströmende Luft schlagartig Stärke und Richtung, wirkt sich das auf den Auftrieb aus. Das Flugzeug kann an Höhe verlieren und absacken. „Bei großen Verkehrsflugzeugen können sich Böen deutlich auswirken: Sie können das gesamte Flugzeug erschüttern und zu Verletzungen der Passagiere führen. Die Böen gehen vor allem in die Dimensionierung der Flugzeugstruktur ein. Bei windigen Bedingungen während Landung und Start müssen die Piloten spezielle Manöver durchführen, um die Sicherheit des Flugzeugs zu gewährleisten. MAVs (Micro Air Vehicles) können durch starke Böen die Kontrolle verlieren“, sagt Dr. Richard Semaan vom Institut für Strömungsmechanik an der TU Braunschweig.
Mit Klappe an der Hinterkante einer Tragfläche gegen Böen
Seine Arbeitsgruppe „Strömungsmodellierung und -regelung“ untersucht deshalb in einem Windkanal, dem Modell-Unterschallkanal Braunschweig (MUB), Methoden, um den Einfluss von Böen zu reduzieren. „Besonders aussichtsreich zeigte sich dabei der Einbau einer automatisch angesteuerte, über einen Servomotor schnell bewegte Klappe an der Hinterkante einer Tragfläche. Die Klappe erhält die entsprechenden Informationen von einem Geschwindigkeitssensor, der das Einsetzen und die Intensität der Böe erfasst.“ Die Klappe kann sowohl positive als auch negative Auftriebskräfte erzeugen und so die Böenlast senken, so Dr. Semaan.
Böen im Windkanal simuliert
Für das Experiment mussten zunächst die Windstöße künstlich erzeugt werden. Dazu wurden im Windkanal mit Hilfe einer speziell konstruierten Apparatur verschiedene Böenstärken simuliert. Der modellbasierte Regelungsansatz der Arbeitsgruppe hielt schließlich einen gewünschten Auftrieb unter verschiedenen Böenbedingungen aufrecht. „Die größten Herausforderungen waren, dass wir alles in Leichtbauweise fertigen mussten, um die Geschwindigkeitsanforderungen der Klappenbewegung zu erfüllen. Insgesamt war der Aufbau des Experiments komplex, da es viele Komponenten umfasste. Besonders viel Aufmerksamkeit erforderten schließlich die Kopplung und Synchronisierung der Komponenten sowie die Modellierung der Böen und des Auftriebsverhaltens. Aber es hat alles gut funktioniert“, sagt Dr. Semaan.
Der Erfolg des Experiments bildet den Abschluss von vier Jahren Forschungstätigkeit im Rahmen des aus Landesmitteln zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses finanzierten Projekts. Das Forschungsthema ergänzt die laufenden Untersuchungen im Rahmen des Exzellenzclusters SE2A.