13. Februar 2025 | Magazin:

KI in der Mikroskopie Braunschweiger Forschungsprojekt liefert zuverlässige Ergebnisse auch bei schwieriger Datenlage

Mit immer größerer Präzision arbeiten Forschende an den Grenzen des Messbaren. Dabei kontrollieren sie selbst einzelne Atome und nutzen quantenphysikalische Besonderheiten für neue Technologien. Aufgrund der winzigen Größenskalen wird dabei jedoch auch etwas scheinbar einfaches wie die Erfolgskontrolle zu einer Mammutaufgabe. Beispielsweise, wenn Oberflächen Atom für Atom auf bestimmte Moleküle abgesucht werden. Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe an der TU Braunschweig, koordiniert von Professor Timo de Wolff (Institut für Analysis und Algebra) und Professorin Uta Schlickum (Institut für Angewandte Physik), hat daher eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die Bilder von Rastertunnelmikroskopen mit 99 prozentiger Genauigkeit charakterisiert.

Mandy Stritzke und Tim Seifert kombinieren für ihre Promotionen KI mit Mikroskopie. Bildnachweis: Kristina Rottig/TU Braunschweig

Manchmal macht bereits die korrekte Drehung des Moleküls den Unterschied. Ähnlich wie bei linken und rechten Händen können Moleküle so gespiegelt auftreten, dass kein Drehen sie übereinander bekommt. Diese sogenannte Chiralität ist eine der vielen Variablen, mit denen Wissenschaftler*innen beispielsweise versuchen Katalyse effizienter zu machen oder bessere Sensoren zu entwickeln. Doch welcher Prozess führt etwa zu einer Überzahl rechtsdrehender Moleküle? Bisher mussten Forschende nach jedem Experiment mühsam die Moleküle auf Rastersondenmikroskopie-Bildern per Hand suchen und zählen.

„Für einen Menschen ist die Suche nach solchen Mustern lästig und ermüdend, dabei ist gerade solche Mustererkennung eine Stärke von Künstlicher Intelligenz (KI)“, sagt Doktorandin Mandy Stritzke. „Allerdings braucht eine KI tausende markierte Trainingsbilder, bevor sie auf echten Daten zuverlässige Ergebnisse liefert. Bis wir mit dem Rastertunnelmikroskop so viele Bilder zusammenhaben, haben wir die entscheidenden Bilder bereits lange per Hand ausgewertet. Die große Herausforderung in unserem Projekt war entsprechend, trotz wenigen Originalen genügend Trainingsdaten für eine zuverlässige KI zu generieren.“

Künstliche Mikroskopbilder für eine 99 Prozent zuverlässige KI

In einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den Braunschweiger Instituten für Angewandte Physik, für Nachrichtentechnik und für Analysis und Algebra gelang den Forschenden, einen rein computergenerierten Trainingsdatensatz zu erstellen, der von echten Bildern auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden ist, ohne vorher Millionen von Daten sammeln zu müssen. Anschließend erkannte die KI – die zuvor nur auf künstlichen Bildern trainiert worden war – auch auf echten Daten eines Rastertunnelmikroskops mit 99 prozentiger Zuverlässigkeit die chirale Ausrichtung von Molekülen.

Das einzigartige Photonen-Rasterelektronenmikroskop im LENA liefert aufs Atom genaue Bilder. Mithilfe von KI sollen die präzisen Bildinformationen in Sekunden ausgewertet werden. Bildnachweis: Kristina Rottig/TU Braunschweig

„Das ist nicht nur eine Erfolgsmeldung für jene, die nach chiralen Molekülen suchen. Wir konnten auch die Zuverlässigkeit unseres Konzepts nachweisen und wollen es auf andere Fälle übertragen. Schließlich wird mit immer mehr Forschung an einzelnen Molekülen die Suche nach effizienter Datenauswertung immer dringender. Gerade für Grundlagenforschung im Forschungszentrum LENA oder dem Exzellenzcluster QuantumFrontiers können wir so in Zukunft unsere Prozesse beschleunigen“, sagt Professorin Uta Schlickum.