Karrierechancen und Sinnhaftigkeit Professorin Sabine C. Langer über den SE²A-Forschungsclub „changING“, MINT-Fächer und Lärmforschung
Professorin Sabine C. Langer leitet das Institut für Akustik (InA) an der TU Braunschweig. Das InA beteiligt sich mit Forschungsprojekten auch im Exzellenzcluster SE²A – Sustainable and Energy-Efficient Aviation. Langer und ihr Team engagieren sich zudem im SE²A-Forschungsclub „changING“ – mit dem Ziel, vor allem Mädchen für technische Themen zu begeistern.
Worauf zielt Ihr Engagement im SE²A-Forschungsclub „changING“?
Grundsätzlich gefällt mir an „changING“, dass wir die Schüler:innen über einen längeren Zeitraum – von der zehnten Klasse bis zum Abitur – begleiten. Sie schnuppern also nicht einfach nur rein in die Institute, sondern erhalten tiefere Einblicke in die Forschungsarbeit und erleben, wie vielseitig MINT-Studiengänge sein können. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet, und wir sind gespannt, ob und unter welchen Bedingungen sich das Interesse an technischen Themen verstärkt. Wir vom InA haben für die Schüler:innen einen Sound Walk organisiert, bei dem sie ihre Sinne gezielt einsetzen und ihre Umgebung bewusst wahrnehmen sollen. Gerade in Zeiten, in denen Lehrinhalte überwiegend digital vermittelt werden, wollten wir ein erfahrungsbasiertes Projekt anbieten.
Wer ein naturwissenschaftlich-technisches Studium absolviert, hat beste Karrierechancen. Wie kann es Ihrer Meinung nach noch besser gelingen, gerade auch junge Frauen für MINT-Studiengänge zu begeistern?
Ich glaube, dass Karriereperspektiven alleine nicht ausreichen, um junge Frauen für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern. Meine Erfahrung ist, dass Entscheidungsprozesse anders verlaufen. Vor allem spielt die Sinnhaftigkeit der Aufgabe und des künftigen Berufes eine immer größere Rolle bei der Studienwahl. Gerade junge Frauen interessieren sich für die großen gesellschaftlichen Themen wie Klimawandel und Globalisierung. Hier Antworten auf die drängenden Fragen zu finden, weckt ihre Neugier. Wenn wir sie für MINT-Studienfächer begeistern wollen, sollten wir ihnen die Möglichkeiten aufzeigen, wie sie sich später in einem Beruf als Naturwissenschaftlerin oder Ingenieurin sinnhaft einbringen und ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten können. Ein weiterer Punkt: Die Komplexität unserer Forschungsprojekte nimmt immer weiter zu. Das erfordert Teamarbeit, die vor allem Frauen liegt. Denn viele verfügen zusätzlich zu ihrem Fachwissen über besondere soziale und kommunikative Kompetenzen, ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft und Empathie.
Welche Rahmenbedingungen brauchen Frauen aus ihrer Sicht, um in naturwissenschaftlich-technischen Berufen erfolgreich zu sein?
Flexible und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle werden für Frauen und Männer immer wichtiger. Sie wünschen sich ein Umfeld, in dem es nicht nur formell-rechtlich möglich ist, beispielsweise Elternzeit zu nehmen oder für pflegebedürftige Angehörige oder ein krankes Kind da zu sein, sondern das von einem allgemeinen Wohlwollen und einer gelebten Selbstverständlichkeit gegenüber diesen Wünschen und Bedürfnissen geprägt ist.
Wer oder was hat bei Ihnen die Begeisterung für Technik und speziell die Akustik entfacht?
Eigentlich wollte ich Journalistin werden, dann waren mir die Berufsaussichten aber zu unsicher. Ich habe mich für das Studium Bauingenieurwesen entschieden. Ich weiß noch, dass mich damals ein Flyer mit einer besonderen Brücke fasziniert hat. Wichtig waren stets Menschen an meiner Seite, die mich darin gestärkt haben, den nächsten Schritt zu gehen – mein Mathelehrer zum Beispiel oder die Assistenten an der Uni, die mich ermutigt haben, mich auf eine Promotion zu bewerben. Eine erste Anwendung, an der ich geforscht habe, waren Schallschutzmauern und die Schallausbreitung im Freien. Hier ging es vor allem um die Programmierung von Simulationsmodellen. Nach wie vor fasziniert mich, dass Schall völlig unterschiedliche Emotionen auslöst. Wer seinen Lieblingssong voll aufdreht, wird euphorisch. Der Nachbar dagegen wird wütend, weil er die Lautstärke als unerträglich empfindet.
Wie hoch schätzen Sie das Potenzial ein, die Lärmbelastung in der Luftfahrt spürbar zu reduzieren?
Sehr hoch, gerade weil es nicht nur um die eine oder andere Maßnahme zur Lärmreduzierung geht, sondern um eine Fülle von Maßnahmen, die ineinandergreifen. Das macht die Komplexität des Themas aus, und deshalb arbeiten wir im Cluster SE²A auch in interdisziplinären Teams. Wir müssen uns sehr viele Details anschauen und bewerten, beispielsweise in den Bereichen Antriebstechnologien, Flugzeugkonfigurationen, Anflugrouten sowie die gesamte Infrastruktur eines Flughafens. Denn auch der Verkehr rund um einen Flughafen verursacht Lärm. Wie kommen die Reisenden zum Airport? Welche Verkehrsmittel nutzen sie? All das spielt zusammen in der multimodularen Bewertung des Lärms und darin steckt das Potenzial, die Geräuschbelastung in der Luftfahrt spürbar zu reduzieren.