Hochwasserschutz und Nutzung von Hochwässern optimieren Ein weiteres neues Projekt am Leichtweiß-Institut für Wasserbau geplant
Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Trinkwassermangel machen den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser global zu einer der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Im BMBF-Verbundprojekt go-CAM entwickelt die Abteilung Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau unter der Leitung von Professor Hans Matthias Schöniger eine Dialogplattform mit Eingangsinformationen aus physikalisch-numerischen Modellen, um das Küstenwassermanagement an die sich ändernden Rahmenbedingungen optimal anzupassen (Fördermaßnahme GRoW: Globale Ressource Wasser). Mit einem neuen weiteren Verbundprojekt wollen die LWI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt untersuchen, wie das Wassermanagement bei zunehmenden Extremereignissen wie Dürre, Starkniederschlägen und Sturmfluten optimiert werden kann. Das heißt: den Hochwasserschutz verbessern und gleichzeitig das binnenseitige Hochwasser zur Erneuerung der Frischwasserressourcen und für die Zuwässerung in der Landwirtschaft nutzbar machen.
Klimatische Veränderungen werden insbesondere auch spürbare Auswirkungen auf die deutschen Küstenregionen haben. „Die Einwirkungen der Wasserextremereignisse, insbesondere die Zunahme von Starkniederschlägen mit gleichzeitig auftretenden Sturmfluten machen uns an der Küste zu schaffen“, sagt Professor Hans Matthias Schöniger. Für die deutsche Nordseeküste werde es in den Wintermonaten zu einer deutlichen Zunahme an einzelnen Wasserextremereignissen kommen, auch zu einer Häufung von Starkregen- mit gleichzeitigen Sturmflutereignissen. „Der prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels wird den Siel- und Schöpfwerkbetrieb verändern, bei einer ohnehin schon komplexen Küstenhydrologie und -wasserbewirtschaftung“, so Schöniger.
Bereits jetzt muss in Ostfriesland immer wieder Süßwasser über die Siele und Schöpfwerke in die Nordsee entwässert werden. Ebenso werden Grundwasservorkommen durch eine fortschreitende Versalzung bedroht. Grund hierfür ist unter anderem der Anstieg des Meeresspiegels. Aber auch längere Trockenheiten verringern die natürliche Grundwassererneuerung. Gleichzeitig steigt im Hinterland der Bedarf an Regenwasser. „Wasser muss nachhaltig verwendet werden“, betont Professor Schöniger. „Während auf der einen Seite sehr viel Frischwasser über den Deich gepumpt werden muss, benötigen wir zum Beispiel im östlichen Teilen Niedersachsens aufgrund zunehmender Trockenperioden mehr Wasser zur Feldbewässerung.“
Hochwasser für Feldbewässerung nutzen
Ziel des neuen Forschungsvorhabens, für das das LWI mit weiteren Partnern eine Projektskizze in der BMBF-Förderinitiative „Wasser-Forschung und Wasser-Innovationen für Nachhaltigkeit – Wasser:N“ einreicht, ist die Steuerungsoptimierung eines küstenwasserwirtschaftlichen Systems sowie die Nutzung des Hochwassers auf der Binnenseite, um Frischwasserressourcen aufzufüllen. „Das Hochwasser bei Starkregenereignissen können wir für die Feldbewässerung nutzen, indem man das Wasser poldert, also temporär zwischenspeichert und dann in Leitungssystemen ins Hinterland pumpt“, erklärt Professor Schöniger. „Landschaftsregionen der Geest zum Beispiel, die früher viel Niederschlagswasser gespeichert haben, wie Hochmoore und Flussauen, sind zum Teil verloren gegangen. Auch diese anfallenden Abflussvolumenströme des Hinterlandes müssen bei Hochwasser über die Deichlinie gepumpt werden.“
Geplant ist, mit den Partnern – dem Wasserverbandstag e.V., dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, dem Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband, der Bundesanstalt für Wasserbau, der Firma GISCON Geoinformatik, der Abteilung Wirtschaftsinformatik der Universität Oldenburg und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, Braunschweig – ein verbandsübergreifendes Datenmanagementsystem zu entwickeln, in dem Erkenntnisse aus komplexen Modellergebnissen moderiert werden. Zur Entscheidungsfindung für den Hochwasserschutz und die Verwendung von Hochwässern soll eine Online-Dialog- und Kommunikationsplattform genutzt werden.
Die Plattform „Coastal Aquifer Management (CAM)“ wurde im Verbundprojekt go-CAM aufgebaut, das noch bis Ende 2020 läuft, und soll nun entsprechend der Wasser:N-Innovationen erweitert werden – so die Vorstellung der Wasserexpertinnen und -experten. CAM zeigt Handlungsoptionen für küstenspezifische Wasserfragestellungen auf und macht diese in der Praxis anwendbar und übertragbar. „Mit dem Planungstool wollen wir die Akteurinnen und Akteure – Landwirte, Wasserversorger, kommunale Planungsbetriebe, Fachbehörden des Landes und der Küstenstädte – zusammenbringen und die Modellergebnisse verständlich machen“, so Professor Schöniger. Das Kerngebiet der Forschung liegt in Norddeutschland zwischen Ems und Elbe, die Ergebnisse sollen später auch in andere Länder transferiert werden.