20. August 2024 | Magazin:

Gendersternchen: Im Singular weniger verständlich als im Plural? Experimente zeigen unterschiedliche Effekte

Sind Texte mit Gendersternchen weniger verständlich? Macht es einen Unterschied, ob diese geschlechtergerechte Sprache im Singular oder im Plural verwendet wird? Das hat das Institut für Pädagogische Psychologie der Technischen Universität Braunschweig in zwei Experimenten untersucht. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Discourse Processes“ erschienen.

Dr. Marcus Friedrich vom Institut für Pädagogische Psychologie. Bildnachweis: Markus Hörster/TU Braunschweig

Die Untersuchung ist laut Dr. Marcus Friedrich vom Institut für Pädagogische Psychologie die erste Studie, die die Verständlichkeit geschlechtergerechter Sprache im Singular und Plural miteinander vergleicht. Anlass für die neuen Experimente war eine frühere Studie, die zu nicht ganz eindeutigen Ergebnissen gekommen war: Im ersten Experiment hatte das Gendersternchen die Verständlichkeit nicht beeinträchtigt, im zweiten hingegen schon. „Wir haben damals vermutet, dass es daran lag, dass im ersten Experiment das Gendersternchen vor allem in seiner Pluralform vorkam, im zweiten hauptsächlich in seiner deutlich komplizierteren Singularform“, sagt der Wissenschaftler. „Da die Versuche jedoch unterschiedliche Texte verwendeten, war diese Annahme nicht sicher.“

Vergleich von Gendersternchen im Plural und Singular

Deshalb haben die Wissenschaftler*innen um Dr. Marcus Friedrich in ihrer neuen Studie gezielt das Gendersternchen im Plural mit dem Gendersternchen im Singular verglichen. Den 133 bzw. 110 Versuchspersonen, die meisten von ihnen Studierende, wurde nach dem Zufallsprinzip eine von drei Versionen eines Textes vorgelegt. Hierbei handelte es sich entweder um einen Text mit nur maskulinen Formen (zum Beispiel „der Spieler“), eine Version mit dem Gendersternchen im Plural („die Spieler*innen“) oder eine Fassung mit dem Gendersternchen im Singular („der*die Spieler*in“). Nach dem Lesen des Textes bearbeiteten alle Versuchspersonen einen Fragebogen zur Verständlichkeit.

Weitere Studie mit Nicht-Akademiker*innen geplant

In beiden Experimenten zeigte sich, dass das Gendersternchen im Singular die Verständlichkeit deutlich verschlechtert. Bei den Pluralformen war dies nur im ersten Experiment der Fall. Damit liegen nun insgesamt vier Experimente vor, die darauf hindeuten, dass das Gendersternchen im Singular die Verständlichkeit einschränkt. Von den drei Experimenten, die den Plural untersuchten, zeigte eines eine Beeinträchtigung, zwei hingegen nicht. „Hier braucht es also noch weitere Untersuchungen, insbesondere mit Menschen mit geringerer Lesekompetenz als Studierende, also Nicht-Akademiker*innen, Schüler*innen und Menschen, die Deutsch als Zweitsprache lernen“, so Dr. Marcus Friedrich.

Auf eine weitere Besonderheit weist der Wissenschaftler hin: „In diesen Experimenten haben wir sehr viele Stellen gegendert. Eine Studie von Carolin Müller-Spitzer deutet darauf hin, dass in einem typischen deutschen Text nur etwa ein Prozent aller Stellen gegendert werden müssten. In den beiden Experimenten wurden jeweils fünf bzw. 15 Prozent aller Stellen manipuliert.“ In Texten mit weniger Gendersternchen sollten die Effekte daher geringer ausfallen. Dies müsste aber ebenfalls in weiteren Studien geprüft werden. Außerdem sollte für das Gendersternchen untersucht werden, ob die Verständlichkeit im Singular weniger beeinträchtigt wird, wenn man den Artikel abkürzt, beispielsweise „d. Spieler*in“.