29. November 2021 | Magazin:

Farbstoffen auf der Spur Humboldt-Stipendiat Dr. Lukas Patalag forscht am Institut für Organische Chemie

Im Juli 2021 hat Dr. Lukas Patalag seinen einjährigen Forschungsaufenthalt am Institut für Organische Chemie der Technischen Universität Braunschweig angetreten – gefördert durch ein Feodor Lynen-Rückkehrstipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Sein Gastgeber ist Professor Daniel B. Werz.

Lukas Patalag beschäftigt sich in seiner Forschung mit der traditionsreichen Farbstoffchemie. Denkt man an die aufstrebende Textilindustrie im 19. Jahrhundert, so ist es ein für den Chemiestandort Deutschland entscheidender, allerdings etwas aus der Mode gekommener Forschungszweig. Denn bereits 1905 ging der Nobelpreis für Chemie an Adolf von Baeyer für seine Arbeiten und die Synthese am blauen „Jeans-Farbstoff“ Indigo.

Dr. Lukas Patalag forscht mit einem Feodor Lynen-Rückkehrstipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung am Institut für Organische Chemie. Bildnachweis: Angelina Vernetti

Dr. Lukas Patalag forscht mit einem Feodor Lynen-Rückkehrstipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung am Institut für Organische Chemie. Bildnachweis: Angelina Vernetti

„Wissenschaftler neigen durch ihren leidenschaftlichen Tunnelblick dazu, ihre Forschung als Nabel der Welt zu betrachten. Wenn ich mich dieser Tradition anschließe, dann würde ich sagen, dass wir Farbstoffen und Pigmenten auch das Leben auf der Erde verdanken“, erklärt der Wissenschaftler schmunzelnd. „Alles was wir an Lebensmitteln ernten, aber auch Holz und Öl haben ihren Ursprung letztlich darin, dass Farbstoffe als eine Art chemische Schnittstelle das Licht der Sonne für uns konservierten und nutzbar machten. Man kann es aktuell auch an der bunten Herbströte beobachten.“

Aufgrund der damit verbundenen physikalischen Prozesse sei die Forschung an Farbstoffen allerdings recht anspruchsvoll und interdisziplinär geprägt. „Das ist unter anderem einer der Gründe, warum ich vielleicht so viele Postdocs hinter mir habe und mich tief in die (Bio-)Physik und Computerchemie vertiefen muss. Auf ein wissenschaftlich so umfassendes Verständnis hinzuarbeiten ist aber nicht nur abwechslungsreich, sondern bringt einen auch mit verschiedenen Denkarten und Menschen zusammen.“

Fluoreszenzfarbstoff „BOIMPY“

Der Fluoreszenzfarbstoff BOIMPY. Bildnachweis: Dr. Lukas Patalag/TU Braunschweig

Der Fluoreszenzfarbstoff BOIMPY. Bildnachweis: Dr. Lukas Patalag/TU Braunschweig

Nach anfangs herausfordernden Kooperationsprojekten mit der Georg-August-Universität Göttingen im Bereich der Zucker- und Lipidchemie, entwickelte Lukas Patalag mit Professor Werz an der TU Braunschweig den neuen Fluoreszenzfarbstoff „BOIMPY“. Der Fluoreszenzfarbstoff war keine Zufallsentdeckung, erläutert Patalag. „Wir entwickelten die Struktur auf dem Papier und ich kann mich sogar noch an den Moment erinnern, als ich damit zu Professor Werz ins Büro kam. Er prüfte es wie immer kritisch, lächelte etwas kopfschüttelnd und meinte, sieht gut aus, mach mal! Für das Vertrauen und die Forscherfreiheit, die er mir immer gab, bin ich ihm zutiefst dankbar.“ Von da an widmete sich Lukas Patalag nun hauptsächlich der Forschung an leuchtenden bzw. fluoreszierenden Farbstoffen und ging dazu nach seiner Promotion im Jahr 2018 zu Nobelpreisträger Professor Stefan Hell an das Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen, um Fluoreszenzfarbstoffe für die preisgekrönte STED-Mikroskopie zu entwickeln.

Nach kurzen Zwischenstopps in Würzburg bei Professor Christoph Lambert und an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) in Lausanne zog es ihn schließlich nach Groningen (Niederlande) zu Ben Feringa, einem weiteren Nobelpreisträger. „Dass mir in meinem Werdegang gleich zwei so herausragende Forscher begegnet sind, ist eigentlich eher ein glücklicher Zufall. Es ergab sich aus der thematischen Anknüpfung und der praktischen Nähe zu Göttingen und Groningen“, so Dr. Lukas Patalag.

Aktuelle Forschung

Doch nach mehr als einer Dekade der Farbstoffchemie sei das Gebiet bereits recht ausgedünnt und fundamental neue Molekülgerüste wie das BOIMPY eher seltene und überraschende Funde. „Heute liegt der Fokus eher auf Farbstoffaggregaten, wie sie zum Beispiel im Blattgrün bei der Photosynthese genutzt werden“, kommentiert Patalag seine derzeitigen Vorhaben. „Es klingt beinahe esoterisch, aber bringt man zwei oder mehrere Farbstoffmoleküle einander nahe, so spüren sie sich und wechselwirken mit dem Licht quasi als Kollektiv.“ Was esoterisch anmuten mag, wurzele jedoch in den mysteriösen Tiefen der Quantenmechanik.

Auf die Frage, woran er derzeit forscht, antwortet der Stipendiat: „Es ist immer noch überwiegend Grundlagenforschung und das empfinde ich manchmal als etwas unbefriedigend. Meiner Überzeugung nach, kann man auch mit klaren Zielen, die einen sozialen Nutzen versprechen, wunderbar Grundlagen erforschen. Deshalb wäre es schön, unsere Farbstoffe irgendwann auch gesellschaftlich verpflichten zu können, vielleicht sogar in Farbstoffsolarzellen (sog. DSSCs)“, erklärt der Wissenschaftler. „Angesichts der ökologischen Herausforderungen wäre das eine Art solidarische Ambition und würde mir sehr viel Spaß bereiten. Hoffentlich lässt sich auch die DFG davon überzeugen.“

Zur Person

Lukas Patalag ist in Kattowitz, Polen, geboren und später in Salzgitter aufgewachsen, studierte erst Medizin und dann Chemie in Göttingen. Seine Diplomarbeit schrieb er 2011 bei Professor Daniel Werz, der damals noch in Göttingen Habilitand war, später zu seinem Mentor wurde und heute am Institut für Organische Chemie an der TU Braunschweig arbeitet. „Wir sind sicherlich zwei sehr verschiedene Typen, aber vielleicht erklärt gerade das auch die symbiotische Zusammenarbeit“, sagt Prof. Werz, „Es gibt auf beiden Seiten vieles, das wir aneinander schätzen.“

Dass er nun dank des Feodor Lynen-Rückkehrstipendiums wieder für ein Jahr an der TU Braunschweig ist, liege an der langjährigen Zusammenarbeit mit Professor Werz und an der exzellenten, instrumentellen Ausstattung im Institut, die seine Forschung sehr erleichtere.