20. August 2020 | Magazin:

Eine Karte der Wünsche Aktionswoche des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt

Damit aus Architektur kein Fremdkörper wird, braucht es einen Dialog zwischen den Entwerfenden und den Nutzenden. Deswegen zogen sieben Architekturstudierende der Technischen Universität Braunschweig mit vier Aufstellern durch die Stadt. Zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern überlegten sie, wie Stadt in Zukunft solidarischer werden kann. Mit erstaunlicher Resonanz der Passantinnen und Passanten.

Eine Studierende betrachtet die Aufsteller der Aktion.

Die Aufsteller fügten sich Stück für Stück zu einer Karte zusammen, auf der Braunschweigs Wünsche offen sichtbar sind. Bildnachweis: Henrike Neumann/TU Braunschweig

„Was wünschst du dir?“ steht auf einem der vier Aufsteller der Projektgruppe „Solidarische Stadt“. Jeder Aufsteller zeigt einen Teil von Braunschweig, angedeutet durch Straßenzüge, der Oker und markanten Bauwerken. Der Anfang wirkt recht kahl. Doch auf einer Zweitagestour sammelten Architekturstudierende die vielen Wünsche von Passantinnen und Passanten für ihre Stadt und verorteten sie mit bunten Zetteln auf den Aufstellern. „Am Ende sollte ein Abbild dessen entstehen, was sich in Braunschweig an welchem Ort gewünscht wird – und auch von wem. Deswegen sammelten wir die Wünsche an unterschiedlichen Orten und nutzten bei jedem Stopp eine neue Farbe“, erklärt Julia Adamski als eine der beteiligten Studierenden.

Die Studierenden starteten mit ihrer abstrahierten Karte am Zentralcampus der TU Braunschweig. Danach ging es mit dem Lastenfahrrad von Ort zu Ort: Prinzenpark, Kohlmarkt, Hauptbahnhof. Damit waren sie Teil der Aktionswoche des „Instituts für örtliche Angelegenheiten“, hinter dem kein neuer Architekturlehrstuhl steht, sondern das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt. Im Seminar fragten sich die Studierenden, wie eine lebenswerte Stadt aussieht. Mit Ihrer Aktion suchten sie zusammen mit den Braunschweiger Bürgerinnen und Bürgern nach Antworten.

Mehr als nur Ästhetik

Die meisten Wünsche richten sich an die Infrastruktur – mal ganz allgemein („weniger Autos in der Stadt“), mal sehr spezifisch („längere Grünphase an den Fußgängerampeln am Hauptbahnhof“). Ebenfalls wünschten sich viele günstigen Wohnraum, sowohl für Studierende, als auch für alle, die von Altersarmut betroffen sind. Aber auch mehr Grünräume für eine schönere Stadt standen häufig auf der Wunschliste.

Einer der Studierenden, die die Wünsche aufnahmen, ist Tamim Arab. Was ihn vor allem beeindruckte, war das Engagement der Braunschweigerinnen und Braunschweiger für ihre Stadt: „Viele kamen von selbst auf uns zu, fragten was wir hier tun und was sie tun können. Andere waren in Eile, wenn wir sie ansprachen, kamen aber eine halbe Stunde später zurück, um sich einzubringen. Damit hatten wir nicht gerechnet.“

Start der Aktion am Okerufer des Zentralcampus der TU Braunschweig – mit noch leeren Aufstellern. Bildnachweis: Pinar Yalin/TU Braunschweig

Mit dem Lastenfahrrad ging es quer durch die Stadt. Bildnachweis: Pinar Yalin/TU Braunschweig

Zum Beispiel zum Kohlmarkt. Dort brachten sich jung... Bildnachweis: Pinar Yalin/TU Braunschweig

...und alt mit ihren Wünschen an ein gemeinsames Stadtleben ein. Bildnachweis: Tatjana Schneider/TU Braunschweig

Die letzte Station der Aktion „Solidarische Stadt" war am Braunschweiger Hauptbahnhof. Bildnachweis: Julia Adamski/TU Braunschweig

Am Ende gab es eine bunte Karte voller Wünsche. Bildnachweis: Julia Adamski/TU Braunschweig

Verantwortung für das Stadtleben

Zusammen zeigen die Wünsche, wie sehr eine solidarische Stadt von der Beteiligung aller abhängig ist. Derzeit tragen die sieben Studierenden ihre Ergebnisse zusammen, um sie gemeinsam mit der „Initiative Braunschweiger Forum“ in die Stadtpolitik einzubringen. Vor allem ist die Aktion aber wichtig für die Studierenden selbst, wie Studentin Henrike Neumann sagt:

„Als angehende Architektinnen und Architekten müssen wir lernen, die Stadt für die Bedürfnisse aller zu bauen und nicht nur für eine wohlhabende Entscheidergruppe. Dafür müssen wir uns mit den Menschen zusammensetzen und sie aktiv nach ihren Bedürfnissen fragen. Wir haben eine Verantwortung für die, die in unseren Entwürfen leben sollen. Sonst laufen wir in Gefahr, mehr Probleme zu schaffen, statt sie zu lösen.“