31. Juli 2025 | Magazin:

Digitalisierung: Gute Tools reichen nicht aus Mit Co3Learn kooperative Lehre neu denken

Das Projekt Co3Learn hat die Perspektive auf digitale Lehr- und Lerninfrastrukturen verändert und die Bereitstellung digitaler Tools für kollaboratives Arbeiten neu gedacht – hochschulübergreifend und im engen Austausch mit Lehrenden, Studierenden und IT-Stellen. Seit Projektbeginn im Jahr 2021 wurde besonders deutlich: Gute Tools allein reichen nicht aus. Entscheidend ist, wie sie gemeinsam entwickelt und verankert werden.

Neben mehreren Illustrationssammlungen aus dem Co³Learn-Projekt, die vielfältigen Szenarien digitaler Zusammenarbeit zeigen und unter CC-BY-NC-ND (4.0) zur Nutzung im Downloadbereich bereitstehen, gibt es weitere OER Materialien bei Twillo (OER Portal). Bildnachweis: Emily Brockmann / TU Braunschweig

Co3Learn steht für „Communication“, „Cooperation“ und „Collaboration“. Es ist ein gemeinsames Projekt der Universitäten Braunschweig, Göttingen und Hannover und läuft noch bis Dezember 2025. Ziel ist es, digitale Werkzeuge und Infrastrukturen bereitzustellen, die von Studierenden und Lehrenden für kooperatives und kollaboratives Lernen und Lehren genutzt werden können.

Dafür wurden Bedarfe systematisch erhoben, erste Lösungen gemeinsam mit der Zielgruppe getestet und weiterentwickelt. Entstanden ist nicht einfach eine neue Tool-Landschaft, sondern ein veränderter Blick auf digitale Lehre – als gestaltbarer und gemeinschaftlicher Prozess.

Digitalisierung: Wie sich der Mehrwert am besten entfalten kann

Ein wesentliches Ergebnis der Projektarbeit ist bislang die stärkere Verbindung zwischen technischer Infrastruktur und didaktischer Gestaltung. Besonders deutlich wird dies in der Weiterentwicklung der Academic Cloud, die von der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen (GWDG) bereitgestellt wird. Co3Learn hat in diesem Zusammenhang nicht nur Impulse zur funktionalen Erweiterung der Plattform geliefert, sondern auch konkrete didaktische Einsatzszenarien mitentwickelt. Dabei geht es um mehr als die reine Nutzung von Tools wie ownCloud, BigBlueButton oder HedgeDoc. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie digitale Infrastrukturen Lehr- und Lernprozesse sinnvoll unterstützen können.

„Es ist wichtig, einen gemeinsamen Rahmen für die Nutzung von Tools zu finden, damit Kollaboration reibungslos funktioniert – ohne die Flexibilität der Einzelnen einzuschränken.“ – M.Sc. Darien Tartler, TU Braunschweig, Interviewpartnerin des Projekts Co3Learn, Quelle: Hochschulforum Digitalisierung

Im Verlauf des Verbundprojekts wurde deutlich: Digitale Werkzeuge entfalten ihren Mehrwert erst dann, wenn sie niedrigschwellig zugänglich, didaktisch gut integrierbar, die Lehre unterstützend und institutionell abgestimmt sind. Genau in diesem Zusammenspiel liegt eine der zentralen Stärken von Co3Learn. Die enge Abstimmung mit IT-Stellen, Lehrenden und Serviceeinrichtungen war kein nachgelagerter Schritt, sondern integraler Bestandteil des Prozesses. Dieser Ansatz fördert die nachhaltige Verankerung digitaler Lehrformate an den beteiligten Hochschulen.

„Jemandem einen Laptop in die Hand zu drücken, reicht nicht aus. Man muss virtuelle Arbeit gestalten. Es gibt so viele Vorteile virtueller Arbeit. Und wenn man virtuelle Arbeit nicht gestaltet, lässt man diese Vorteile einfach liegen.“ – Dr. Marie Ritter, TU Braunschweig, Interviewpartner des Projekts Co3Learn, Quelle: Hochschulforum Digitalisierung

Standortübergreifendes Arbeiten im Projekt Co³Learn basierte auf digitalen, hybriden und analogen Treffen, agilen Methoden und einer gemeinsamen Wertebasis – entscheidend, um technische Heterogenität und organisatorische Unterschiede erfolgreich zu überbrücken. Bildnachweis: Sophie Domann / TU Braunschweig

Was die Erfahrung gezeigt hat

Die Erfahrungen aus mehreren standortübergreifenden Lehrangeboten zeigen: Kollaboratives Lernen funktioniert dann gut, wenn die technische Infrastruktur verlässlich ist und soziale sowie kommunikative Prozesse gezielt unterstützt werden. Co3Learn hat dafür den Rahmen geschaffen – und verdeutlicht, dass ortsunabhängige Lehre nicht als Notlösung verstanden werden muss. Vielmehr eröffnet sie neue Möglichkeiten für innovative didaktische Konzepte.

Gleichzeitig konnten erste Netzwerke unter Lehrenden aufgebaut werden. In Micro-Learning-Formaten wie den sogenannten „Wissensnuggets“ und durch gezielten Community-Aufbau – unter anderem über den Academic Cloud Hub – zeigte sich ein wachsendes Interesse am institutions- und standortübergreifenden Austausch. (https://www.Co3Learn.de/community/) Die Grundlage für eine langfristige Vernetzung ist gelegt. Das liegt auch daran, dass Co3Learn mit Arbeitsweisen experimentiert hat, die an Prinzipien von New Work angelehnt sind – dazu zählen mehr Flexibilität, partizipative Gestaltung sowie geteilte Verantwortung in der Projekt- und Lehrentwicklung.

Forschung, Reflexion und ein Blick nach vorn

Parallel zur praktischen Arbeit wurde im Verbundprojekt auch geforscht – unter anderem zur Akzeptanz digitaler Tools, zur Wirkung kollaborativer Lernsettings auf den Lernerfolg sowie zur Bedeutung technischer Strukturen für eine gelingende Lehre. Die Ergebnisse dieser Forschung fließen in die Weiterentwicklung des Projekts ein.

„Mein Ziel ist es, Präsenzveranstaltungen gezielt für Prozesse zu nutzen, die von der direkten Anwesenheit profitieren – vor allem für soziale Interaktionen. Digitale Werkzeuge setze ich ein, um dies zu unterstützen, indem ich beispielsweise Vorträge nach außen verlagert habe. Man könnte also sagen, dass ich digitale Tools in den Dienst einer gelungenen Präsenz stelle.“ – Prof. Dr. Christian Spannagel (PH Heidelberg), Interviewpartner des Projekts Co3Learn, Quelle: Hochschulforum Digitalisierung

Das Booklet „Besser gemeinsam – digitale Zusammenarbeit in der Hochschullehre“ bietet auf 47 Seiten praxisnahe Tools Szenarien und Materialien zur Förderung digitaler Kollaboration – kompakt, anwendungsnah und kostenfrei für Lehrende unter info@Co3Learn.de erhältlich. Bildnachweis: Emily Brockmann / TU Braunschweig

Unabhängig davon bündelt das Dossier „Digitale Kollaboration“ beim Hochschulforum Digitalisierung vielfältige Perspektiven und Praxiserfahrungen aus dem Projekt Co3Learn – etwa von Lehrenden, Studierenden und Partnerprojekten – und wurde maßgeblich von Co3Learn mitgestaltet.

Der Weg, den Co3Learn eingeschlagen hat, ist noch nicht zu Ende. Doch eines zeigt sich schon jetzt sehr deutlich: Digitale Hochschullehre entfaltet dann ihr Potenzial, wenn sie als gemeinschaftlicher Gestaltungsprozess verstanden wird. Dafür braucht es Raum für Erfahrung, Austausch und Weiterentwicklung. Die durch Co3Learn angestoßenen Veränderungen haben Lehre nachhaltiger, dialog- und nutzungsorientierter gemacht. Und vielleicht ist genau das die wichtigste Erkenntnis: Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Hochschulbildung zugänglich zu gestalten.

Links: Downloadbereich  & DOI Booklet