Die Task Force für die Onlinelehre Das Projekthaus bietet Sonderprogramm für Lehrende
Das Online-Semester hat begonnen. Über 2.000 Lehrveranstaltungen wurden von den Lehrenden in ganz kurzer Zeit auf digitale Formate umgestellt. Damit dies gelingen konnte, hat das Team des Projekthauses ein Sonderprogramm für Lehrende aufgelegt. Sie bieten für die Online- und ortsunabhängige Lehre Webinare, jede Menge Anleitungen zu verschiedenen Tools, aber auch persönliche Beratung. Der Leiter Julius Othmer berichtet aus der Arbeit des Projekthauses.
Das Sommersemester an der TU Braunschweig ist am 20. April als Online-Semester gestartet. Wie verlief der Start des Vorlesungsbetriebs?
Die komplette Umstellung des Lehrbetriebs auf Online-Lehre ist für alle Beteiligten eine riesige Herausforderung – für die Lehrenden, für die Studierenden und natürlich auch für unterstützende Einrichtungen wie das Projekthaus, das Gauß IT-Zentrum, die Universitätsbibliothek oder das Gebäudemanagement. Eine Besonderheit ist dabei sicherlich, dass nicht nur die richtigen Tools und Vermittlungswege gefunden werden müssen. Sie müssen darüber hinaus auch technisch funktionieren, und zwar für große Zahlen von Lehrenden und Studierenden. Wir haben zum Start gesehen, dass das Lernmanagement-System Stud.IP beim Vorlesungsbeginn am Montag für eine Stunde nicht verfügbar war. Wir erleben aber, dass der Großteil der Lehrenden und Studierenden Verständnis dafür zeigt, dass in so kurzer Zeit aufgebaute neue Systeme und Kapazitätserweiterungen nicht an allen Punkten sofort reibungslos laufen. Gleichzeitig arbeitet das Gauß-IT-Zentrum (GITZ) gerade im Austausch mit den anderen niedersächsischen Hochschulen und auch einem externen, auf Stud.IP spezialisierten Dienstleister daran, die Ausfälle auf ein Minimum zu reduzieren.
Das Team des Projekthauses hat für die Lehrenden zur Vorbereitung ein umfangreiches Sonderprogramm aufgelegt. Was bieten Sie den Lehrenden für die Umstellung von der Präsenzlehre auf digitale Formate?
Um die Lehrenden in dieser Situation zu unterstützen, stand rückblickend zunächst im Fokus unserer Arbeit, Anleitungen und Tools für die Produktion von Inhalten zum zeitlich unabhängigen Lernen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehörten zum Beispiel Informationen zu den Nutzungsmöglichkeiten von Stud.IP, zur Produktion von Screencasts oder zur Vorlesungsaufzeichnung.
Neben dem Onlineangebot führen wir außerdem seit einigen Wochen Webinare für Lehrende durch, die sich sowohl um konkrete Anwendungen als auch um generelle Hinweise zum Beispiel zur Gestaltung von Seminaren oder Vorlesungen drehen. Viele der Webinare stehen als Aufzeichnung auf unserer Website zur Verfügung. Seit dem Vorlesungsbeginn am 20. April ist unser Fokus nun, möglichst viel direkten Support über unterschiedliche Wege wie Messenger oder Rückruf-Service bereitzustellen. Wir erhalten seit Wochen enorm viele Anfragen täglich und versuchen, diese so schnell und so zufriedenstellend wie möglich zu beantworten. Der Service-Desk des GITZ hat seine Zeiten ebenfalls erweitert und ist für alle technischen Probleme erreichbar.
Welche Tools stehen den Lehrenden für ihre digitalen Formate zur Verfügung? Was sind die technischen Herausforderungen für den Einsatz solcher Werkzeuge? Welche Anforderungen müssen sie erfüllen?
Hier muss man grundsätzlich unterscheiden zwischen Tools, die einen synchronen Austausch ermöglichen, und solchen, die eher darauf abzielen, Inhalte zu produzieren und sich asynchron auszutauschen.
Für den synchronen Austausch in der Lehre stellt das Gauß-IT-Zentrum das System „BigBlueButton“ (BBB) zur Verfügung, das intensiv getestet wurde und nun für alle Lehrenden für Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen verfügbar ist. BBB ist ein Videokonferenzsystem, das einen großen Funktionsumfang hat: Ich kann darüber mit anderen Teilnehmenden sprechen – im Sinne einer klassischen Videokonferenz oder eines Webinars –, ich kann aber auch meinen Bildschirm freigeben, an kollaborativen Whiteboards arbeiten, Umfragen durchführen oder die Chatfunktion nutzen. Für das System stellen wir umfangreiche inhaltliche Unterstützung zur Verfügung, technischer Ansprechpartner ist das Gauß-IT-Zentrum. Für Veranstaltungen mit deutlich mehr als 100 Teilnehmenden empfehlen wir die WebEx-Produkte von Cisco, die ebenfalls vom GITZ zur Verfügung gestellt wurden. WebEx Events und auch WebEx Trainings ermöglichen es, große Veranstaltungen mit bis zu 1.000 Teilnehmenden mit verschiedenen Funktionalitäten umzusetzen. Speziell zu WebEx bieten wir aktuell noch zusätzliche Webinare an.
Bei asynchronen Tools gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzzwecke: Ich kann zum Beispiel einen der Hörsäle nutzen, in dem die Technik zur Vorlesungsaufzeichnung installiert ist, und meinen Vortrag dort aufzeichnen. Oder ich produziere mit Programmen wie Camtasia Screencasts, bei denen ich meinen Bildschirminhalt aufzeichne und parallel vertone – eine Technik, die zum Beispiel auch Studierende bei eigenen Präsentationen verwenden können. Darüber hinaus steht natürlich eine große Zahl an Tools zum Dateiupload, wie Stud.IP und Cloud Storage, und zu Austausch und Kollaboration, wie TU-Messenger und die Dokumentenanzeige in Cloud Storage, zur Verfügung, zu denen wir die Lehrenden gerne auch individuell beraten. Im breiten Fächerspektrum der TU Braunschweig werden zur Umsetzung der Lehre unterschiedlichste Lösungen gebraucht, weshalb wir kontinuierlich versuchen, weitere begleitende Tools technisch verfügbar und den Lehrenden durch Unterstützungsmaterial und Support leicht nutzbar zu machen.
Was macht gute digitale Lehre aus? Unterscheidet sie sich von der Präsenzlehre?
Digitale Lehre unterscheidet sich in vielen Punkten von der Präsenzlehre. Besonders die Interaktion zwischen den Studierenden untereinander, aber auch zwischen Lehrenden und Studierenden ändert sich im Vergleich zu Präsenzlehre, weshalb Kommunikation anders als gewohnt, geplant und durchgeführt werden muss. Außerdem erhalten bei der Umstellung zu digitaler Lehre technische Fragen und die Nutzung unbekannter Tools gerade zu Beginn die meiste Aufmerksamkeit. Digitale Lehre fordert aber abseits technischer Nutzungskompetenz gerade bei Studierenden in einem wesentlich höheren Maße Eigenständigkeit und Organisationsfähigkeit. Gute digitale Lehre braucht darum klar strukturierte Rahmungen und besonders viel Austausch der Studierenden untereinander und auch zwischen Lehrenden und Studierenden. In Stud.IP bietet das Plug-in „Courseware“ die Möglichkeit, Lerninhalte in Kapitellogik zu strukturieren und nach und nach freizuschalten. Studierende erhalten so einen guten Fahrplan durch das Semester. Synchrone Tools wie „BigBlueButton“ sind gut geeignet, um mit Studierenden Probleme und Fragen durchzugehen und zu lösen, die beispielsweise in Selbstlernphasen auftreten.
Bisher war es häufig so, dass die Form der Vermittlung den Lernzielen und Inhalten folgte: Digitales Lehren und Lernen wurden schon in vielen Fächern genutzt, in denen das jeweilige digitale Format besser geeignet zum Erreichen bestimmter Lernziele schien. Nun fallen fast alle Optionen der Präsenzlehre aus und damit müssen auch in Fällen, in denen gerade die Präsenzveranstaltung die passendste Form gewesen wäre, digitale Alternativen gefunden werden. Dies ist gerade mit Blick auf die Lehrqualität eine besondere Herausforderung. Wichtig ist, dass die Studierenden Unterstützung dabei erhalten, die Ziele zu erreichen. Dies gilt insbesondere für die aktuelle Situation und die Umstellung auf digitale Lehre. Welches Tool dazu genutzt wurde, sollte am Ende nicht die einzige Frage sein, die sich Lehrende stellen.
Bei der asynchronen, also der zeitversetzen Lehre, ist die TU Braunschweig zum Beispiel durch die Aufzeichnungsmöglichkeiten in den Hörsälen bereits gut aufgestellt. Welche Möglichkeiten gibt es, Lehre auch synchron, also zeitgleich, anzubieten und mit den Studierenden live zu kommunizieren und ihnen Feedback zu geben?
Hier eignen sich das schon angesprochene Videokonferenzsystem BBB und die Produkte von WebEx am besten. Die Systeme stehen allen Lehrenden, im Fall von BBB auch über Stud.IP, zur Verfügung. Die Lehrenden können hier das eigene Bild mit einer Webcam übertragen, aber auch ihr Display freigeben und damit zum Beispiel Präsentationen anzeigen. Darüber hinaus umfassen die Systeme unter anderem Chatfunktionen, Abstimmungen und digitale Whiteboards. Als Moderatorin oder Moderator habe ich außerdem verschiedene Möglichkeiten, die Teilnehmenden wahlweise einzubeziehen oder die Räume so zu konfigurieren, dass nur ich selbst aktiv kommunizieren kann, was vor allem bei Großveranstaltungen hilfreich ist.
Was schätzen Sie, wie reibungslos funktioniert die Umstellung auf die digitalen Formate funktionieren? Auf was sollten sich Lehrende und Studierende einstellen? Können Sie Tipps geben?
Was alle Beteiligten in hohem Maße brauchen werden, ist ganz sicher Geduld. Die Zeit, die den Lehrenden zur Umstrukturierung ihrer Lehrveranstaltungen zur Verfügung stand und steht, ist extrem knapp. Gleichzeitig stehen auch die Studierenden vor großen Unsicherheiten und müssen ebenfalls lernen, mit der neuen Lehrsituation umzugehen. Wie wir am Montag erlebt haben, verläuft gerade technisch nicht alles sofort reibungslos.
Auf der Ebene der Tools empfehlen wir, nicht ausschließlich auf synchrone Kommunikation zu setzen. Die asynchronen Kommunikationswege ermöglichen sowohl den Lehrenden mehr Freiheit bei der Produktion der Inhalte als auch mehr Flexibilität für die Studierenden, die sich Screencasts oder Onlinekurse zu selbstgewählten Zeitpunkten ansehen können.