Die Realität in der Bildung erweitern Interdisziplinäres Projekt zu Extended Reality gestartet
MR, VR, AR – diese Techniken der Extended Reality (XR), der erweiterten Realität, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Sie dienen der Unterstützung in komplexen Arbeitskontexten und ermöglichen das Eintauchen in digitale Welten. Die Technologien kommen bereits im Gesundheitswesen, in Industrie, Unterhaltung und Tourismus zum Einsatz. Wie die Potenziale von XR in der Bildung genutzt werden können und welche Herausforderungen es gibt, untersuchen Wissenschaftler*innen aus allen Fakultäten der Technischen Universität Braunschweig im Projekt „Interdisziplinäre Perspektiven auf Extended Reality in der Bildung“ (INTERXR). Zum Kick-Off-Workshop waren Interessierte aller Fakultäten eingeladen.
Unter dem Begriff „Extended Reality“ (XR) werden sowohl Techniken der Mixed Reality (MR) als auch der Virtual Reality (VR) zusammengefasst. Damit werden alle Technologien beschrieben, die eine Erweiterung der Realität (MR) oder sogar den Zugang zu völlig neuen virtuellen Umgebungen (VR) ermöglichen. Sie unterscheiden sich vor allem durch das Verhältnis von realer und virtueller Welt. Häufig taucht in diesem Zusammenhang auch der Begriff Augmented Reality (AR) auf, der zur Mixed Reality gehört. Dabei werden über digitale Geräte wie Smartphones, Tablets oder AR-Brillen virtuelle Objekte in die Realität eingeblendet, mit denen interagiert werden kann. Die Grenzen zwischen Realität und Simulation verschwimmen.
Visualisierung komplexer Phänomene
Auch für Bildungsprozesse eröffnen XR-Technologien neue Möglichkeiten. „Gerade im Bereich der Visualisierung komplexer oder abstrakter Phänomene bieten diese Technologien großes Potenzial“, sagt Dr. Dagmar Hilfert-Rüpell, Co-Sprecherin des Projekts INTERXR vom Institut für Fachdidaktik der Naturwissenschaften. So lassen sich beispielsweise physikalische Prozesse – etwa elektrische Felder – mit XR sichtbar machen, was das Verständnis dieser schwierigen Konzepte deutlich erleichtert.
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Architektur. Hier können Studierende in virtuellen Umgebungen dreidimensionale Modelle erkunden und mit ihnen interagieren, was im Institute for Sustainable Urbanism (ISU) unter Leitung von Professorin Vanessa Carlow bereits genutzt wird. Dieser Einsatz führt zu einem besseren räumlichen Verständnis von Strukturen und ermöglicht tiefere Einblicke in die Bauweise und Funktionalität von Gebäuden.
Ebenso können XR-Technologien im Biologieunterricht sinnvoll eingesetzt werden. „Mit Immersiver Virtueller Realität können beispielsweise 360°-Videos genutzt werden, um Naturphänomene authentisch erlebbar zu machen, die sonst nur schwer oder gar nicht zugänglich sind“, so Alexander Büssing, Professor für Biologiedidaktik und ebenfalls Co-Sprecher des Projektes INTERXR. „Das betrifft etwa die Erkundung von Korallenriffen oder tropischen Regenwäldern, die man dank VR realitätsnah erfahren kann, ohne vor Ort sein zu müssen.“ Dies ist auch für Lehr-Lern-Situationen hilfreich: „Damit einher geht der große Vorteil, Lernprozesse zu individualisieren und so stärker auf den individuellen Unterstützungsbedarf von Lernenden einzugehen.“
In welchen Lernprozessen bietet XR tatsächlich Vorteile?
Wie beschrieben, bieten XR-Technologien zwar vielfältige Möglichkeiten, es bedarf jedoch einer wissenschaftlichen Evaluation, in welchen Lernprozessen diese Technologien tatsächlich Vorteile bringen. Deshalb beleuchten die Wissenschaftler*innen aller Fakultäten im Projekt INTERXR aus den Perspektiven ihrer unterschiedlichen Fächer Möglichkeiten und Grenzen, diskutieren und identifizieren Anknüpfungspunkte sowie entsprechende Forschungsfragen: Wie können wir die Potenziale von XR nutzen, um lehrreiche und erkenntnisreiche Erfahrungen zu vermitteln? Welche neuen didaktischen und methodischen Konzepte sind notwendig, um Inhalte adressatengerecht zu vermitteln und die Interaktion zwischen den Medien, Lehrenden und Lernenden zu fördern? Welche ethischen Überlegungen müssen beim Einsatz solcher Technologien beachtet werden? Wie kann die Sichtbarkeit des Themas und der Akteur*innen an der TU Braunschweig gefördert werden?
Auch aus technischer Sicht sei noch viel Entwicklungsarbeit nötig, um die Fähigkeiten der Technik weiter voranzutreiben, gibt Professor Büssing zu: „Ein weiteres Problem sind die vielen verschiedenen Hersteller mit unterschiedlichen App-Stores, so dass bereits beim Kauf der Hardware bestimmte Entscheidungen für die zukünftige Nutzung getroffen werden, auch wenn diese zum Teil noch gar nicht absehbar ist.“
Weitere Informationen:
Das Projekt INTERXR wurde durch das Präsidium der TU Braunschweig für die Förderung im Rahmen der „Förderlinie 3: New Horizons“ als Forschungsimpuls ausgewählt. Die Förderung ermöglicht die Erarbeitung eines größeren Projektantrags, wodurch das Thema der Extended Realities auf größerer Ebene in Forschung und Lehre untersucht werden kann.
Alle am Thema Interessierten sind aufgerufen, sich bei der Lenkungsgruppe zu melden und an der Abschlusstagung am 25. und 26. September 2025 teilzunehmen. Informationen hierzu werden auf der Projekthomepage zeitnah veröffentlicht: www.interxr.de