1. April 2021 | Magazin:

Die „besten Köpfe“ gewinnen Berufungsrecht um weitere drei Jahre verlängert

Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) hat zum 1. April 2021 das Berufungsrecht für die TU Braunschweig ein weiteres Mal verlängert. Was bedeutet das Berufungsrecht, dass die TU Braunschweig erstmalig 2015 übertragen wurde konkret? Wir haben darüber mit der kommissarischen Präsidentin Professorin Katja Koch gesprochen. Außerdem berichtet Nicole Brückner, die als Referentin für Personalrecht für Berufungsangelegenheiten in der Personalabteilung zuständig, wie die Verfahren ablaufen.

Frau Professorin Koch, was bedeutet die erneute Übertragung des Berufungsrecht durch das MWK an die TU Braunschweig. Inwiefern stärkt es die Autonomie?

„Die adäquate Besetzung von Professuren mit den ‚richtigen‘ Personen ist von zentraler Bedeutung für die Exzellenz“, sagt die kommissarische Präsidentin Katja Koch . Bildnachweis: Marc Stantien/TU Braunschweig

Professor Katja Koch: Wir freuen uns über das Vertrauen, das das Land Niedersachsen in unsere Kompetenz der eigenständigen Besetzungsverantwortung bei Universitätsprofessuren setzt. Professuren sind herausragende Leitungspositionen, die die Erfüllung vielfältiger fachlicher und organisatorischer Aufgaben in Forschung und Lehre erfordern. Ihre adäquate Besetzung mit den „richtigen“ Personen ist daher von zentraler Bedeutung für die Exzellenz und internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Hochschule.

Mit der nun zweiten Verlängerung des eigenen Berufungsrechts für die TU Braunschweig bestätigt das Ministerium für Wissenschaft und Kultur erneut die Qualität der über 30 seit dem Jahr 2018 durchgeführten Auswahlverfahren der „Spitzenköpfe“ unserer Universität. Das ist ein toller Erfolg, den wir der professionellen und engagierten Arbeit der Fakultäten und Berufungskommissionen verdanken. Seit der erstmaligen Übertragung 2015 wurden insgesamt über 80 Auswahlverfahren erfolgreich und unangefochten durchgeführt.

Professuren sind Schlüsselpositionen, die in der Regel unbefristet und damit langfristig besetzt werden. Deshalb stellt die TU Braunschweig bei der Besetzung bereits einen hohen Anspruch an die ausgewählten Kandidat*innen und wir legen großen Wert auf transparente und gleichwertige Auswahlprozesse mit einem qualitätsgesicherten Verfahren.

Mit welchen Qualitätsstandards überzeugt die TU Braunschweig bei Berufungen?

Professorin Katja Koch: Berufungen neuer Professorinnen und Professoren werden vom Präsidium der TU Braunschweig als eine der wichtigsten Aufgaben und als ein wirkungsvolles Instrument der Profilbildung verstanden. Wir tragen mit unserem zeitgemäßen Hochschulmanagement dem hohen Stellenwert dieser Personalentscheidungen dadurch Rechnung, dass wir es als ein Element in die strategische Gesamtplanung integrieren und als wesentliches Werkzeug im Rahmen unserer Umsetzung nutzen. Außerdem folgen wir bei den Berufungsverfahren dem Prinzip der Bestenauslese, der Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sowie der Erfüllung des gesetzlich verankerten Gleichstellungsauftrages.

Für alle unsere Verfahren gelten einheitliche Regeln und wir geben zusätzlich Qualitätshinweise zum Ablauf von Berufungsverfahren. Durch diese hohe Transparenz nach innen und außen haben die jeweils beteiligten Fakultäten sowie die Hochschulleitung optimale Voraussetzungen für eine hohe Qualität der Auswahlprozesse und damit auch zur Umsetzung des hohen Anspruchs an die ausgewählten Kandidat*innen.

Die erneute Vergabe des Berufungsrechts motiviert uns unsere Qualitätsstandards weiter zu entwickeln. Die AG Kandidat*innenauswahl unter Leitung von Professor Michael Kurrat, des Dekans der Fakultät 5, arbeitet gerade an allgemeingültigen Hinweisen zu Berufungsverfahren. Zudem wollen wir ein mit dem MWK abgestimmtes Qualitätskonzept erstellen, um bestimmten Berufungskonstellationen Rechnung zu tragen.

Ein Blick hinter die Kulissen auf die Berufungsverfahren

Frau Brückner, als Referentin für Personalrecht unterstützen Sie die Berufungsverfahren auf operativer Ebene. Was sind Ihre Aufgabe bei den Berufungsverfahren?

Nicole Brückner, Referentin für Pesonalrecht, berichtet wie die Berufungsverfahren ablaufen. Bildnachweis: Max Fuhrmann/TU Braunschweig

Nicole Brückner: Mein Aufgabenbereich umfasst unter anderem die verwaltungstechnische Begleitung der Berufungsverfahren von der Antragstellung der Freigaben dieser Professuren bis zum Einvernehmen des Hochschulrates zur Berufungsliste. Für Senat und Präsidium prüfe ich jede Berufungsliste, ob diese den gesetzlichen und den von der TU Braunschweig gesetzten Ansprüchen entspricht. Vor Abgabe an den Hochschulrat gibt es in einem festgelegten Verfahren eine erneute intensive Prüfung der Einhaltung aller Standards. Diese Standards entwickeln sich stetig weiter, beispielsweise durch zusätzliche Anforderungen auf Landes- und Bundesebene. Zuletzt insbesondere 2019 im Bereich der Tenure-Track-Professuren infolge der Bund-Länder-Vereinbarung zur Förderung des Wissenschaftlichen Nachwuchses. Unverzichtbar bei Besetzung der Professuren ist ein transparentes, sachgerecht begründetes und lückenlos dokumentiertes Auswahlverfahren. Dies gehört ebenfalls zu meinen Aufgaben.

Die Vorsitzenden der Berufungskommissionen berate ich während der laufenden Verfahren und erläutere ihnen mögliche Befangenheitsgründe ebenso wie die von den Kandidat*innen zu erfüllenden Einstellungsvoraussetzungen. Als Schnittstelle zu anderen Einrichtungen hole ich Analysen und Einschätzungen zu den Bewerbenden ein, zum Beispiel zur Bibliometrie der Veröffentlichungen oder den angegebenen Drittmitteleinwerbungen.

Auch im Rahmen der Berufungsverhandlungen unterstütze ich die Hochschulleitung bei der schnellstmöglichen Besetzung der Professuren. So stimme ich in den neuen Verfahren zur Besetzung der Tenure-Track-Professuren vorab die abzuschließenden Tenure-Track-Zielvereinbarungen mit den jeweiligen Fachvertreter*innen unserer Universität ab. So stelle ich sicher, dass alle Zielvereinbarungen die gesetzten Qualitätsstandards dieser Verfahren an der TU Braunschweig erfüllen. Denn diese wiederum haben Auswirkungen auf die Karriereentwicklung der neu zu Berufenden und auf deren jeweiligen Übergang auf die spätere Lebenszeitprofessur.

Wie sieht es an der TU Braunschweig mit einem digitalen Berufungsportal aus?

Nicole Brückner: Aus der Senats-AG Berufungsverfahren 2018 heraus wurden verschiedene Softwaresysteme begutachtet und Erfahrungen anderer Universitäten eingeholt. Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung hat die TU Braunschweig ein Softwaresystem beschafft, das wir seit Dezember 2020 testen. Die ersten sechs Professuren haben wir damit bereits erfolgreich ausgeschrieben und die hierzu eingesetzten Kommissionen haben ihre Arbeit aufgenommen. Das Berufungsportal ermöglicht durch die strukturierten, einheitlich für alle Verfahren gleichen Datenfelder eine bessere Vergleichbarkeit der Kandidat*innen. Die Kommissionen können so noch schneller und effektiver arbeiten. Das Online-Bewerbungsmanagement stellt auch einen datenschutzkonformen Umgang mit den hochgeladenen Unterlagen sicher. Zudem kommt der Gleichberechtigungsaspekt deutlich sichtbarer hervor. Denn die Kandidat*innen können in einem gesonderten Feld zum Beispiel auf Elternzeiten hinweisen. Dies ist wichtig, um das wissenschaftliche Alter der Kandidat*innen richtig einordnen zu können. Die ersten Rückmeldungen zum Berufungsportal sind sehr erfreulich: Die Sichtung der Bewerbungen gehe deutlich schneller vonstatten.