„Deutsch ist eine zentrale Schlüsselkompetenz für das Studium“ Ahmed Abdelhamid über die Bedeutung von Deutschlernangeboten für internationale Studierende
Seit Jahresbeginn verantwortet Ahmed Abdelhamid die studienbegleitenden Deutschlernangebote am Sprachenzentrum des International House. Im Gespräch berichtet er von seinen ersten Eindrücken und erklärt, warum die deutsche Sprache für den Erfolg im Studium und den Einstieg in den Arbeitsmarkt für internationale Studierende so wichtig ist.
Herr Abdelhamid, Sie sind zu Jahresbeginn an die TU Braunschweig gekommen – wie haben Sie die ersten Wochen erlebt?
Ich bin beeindruckt! Es ist toll, wie viele internationale Studierende es an der TU Braunschweig gibt, was für ein breites Angebot wir ihnen machen können und wie eng die verschiedenen Bereiche hier sowohl innerhalb des International House als auch in der Breite der Universität zusammenarbeiten.
Was hat Sie daran gereizt, hierherzukommen?
Hier erlebe ich eine neue Herausforderung, gerade in der Leitungsposition. Das Kursangebot im Sprachenzentrum ist schon sehr vielfältig, aber ich möchte es weiter ausbauen – vor allem über die klassischen Sprachkurse hinaus. Mein Ziel ist, mit unseren Kursen noch stärker dazu beizutragen, dass unsere Studierenden ihr Studium erfolgreich abschließen können, und ihren akademischen und beruflichen Werdegang zu unterstützen.
Internationale Studierende müssen in den meisten Studiengängen umfassende Deutschkenntnisse nachweisen, um überhaupt zugelassen zu werden. Warum ist das Deutschlernen auch während des Studienverlaufs dennoch wichtig?
Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist es so, dass Sprachkenntnisse sich verschlechtern, wenn sie nicht aktiv trainiert werden. Das haben wir zuletzt ganz besonders während der Corona-Pandemie gemerkt, als der Kontakt vieler internationaler Studierender zu deutschsprachigen Kommiliton*innen so reduziert war, dass viele von ihnen ihre Deutschkenntnisse kaum noch in der Praxis trainieren konnten. Zum anderen sind die Sprachkenntnisse für das Leben, Studieren und natürlich Arbeiten in Deutschland wichtig. Die Studierenden benötigen sehr gute Deutschkenntnisse, um aktiver Teil der Hochschule zu sein, Lehrveranstaltungen gut folgen zu können, Freundschaften zu schließen und später einen Job zu finden.
Neben einem vollen Stundenplan weiter Deutsch zu lernen, stellt für viele internationale Studierende allerdings eine besondere Hürde dar.
Die deutsche Sprache zu verstehen und zu sprechen, ist eine zentrale Schlüsselkompetenz für das Studium. Unsere Aufgabe ist es, die Studierenden auf dieses Angebot und seine Relevanz aufmerksam zu machen. Auch wenn man bereits Deutschkenntnisse nachgewiesen hat und nicht zur Teilnahme an weiteren Deutschkursen verpflichtet ist, braucht man diese Fähigkeiten, um erfolgreich studieren zu können.
Wir müssen das studienbegleitende Deutschlernen noch attraktiver machen. Das geht zum Beispiel über fachsprachliche Angebote: Viele internationale Studierende haben trotz ihrer nachgewiesenen Deutschkenntnisse Schwierigkeiten, Vorlesungen sprachlich zu folgen. Das Studiensystem ist hier anders als in anderen Ländern, man muss sich vorbereiten und selbstständig lernen – das alles erfordert ein hohes deutsches Sprachniveau. Auch Haus- oder Abschlussarbeiten zu schreiben oder Präsentationen auf Deutsch zu halten, bringt besondere sprachliche Herausforderungen mit sich.
Welche Rolle spielen extracurriculare Angebote beim Deutschlernen?
Eine große Rolle. Es geht uns nicht nur um die Fachsprache, sondern darum, dass deutschsprachige und internationale Studierende miteinander in Kontakt kommen. Das Sprachtandem-Programm und unser Sprachcafé zielen genau darauf ab und tragen dazu bei, dass internationale Studierende Deutsch sprechen können, ohne Angst vor Fehlern zu haben. Mit dem S.o.S.-Programm (Anm. d. Red.: S.o.S. steht für „Studieren ohne Sprachbarrieren“) und seinen internationalen Lerngruppen bieten wir außerdem zusätzliche Unterstützung dafür an, lehrveranstaltungsbezogen zu lernen. Gerade S.o.S. ist ein Vorzeigeprojekt und es ist toll zu sehen, wie eng wir hier als International House vor allem mit der Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik und der Fakultät für Maschinenbau zusammenarbeiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit den Fakultäten entscheidend ist, um die Studierenden mit unserem Angebot zu erreichen.
Sie haben schon die Bedeutung des Deutschlernangebots für den Einstieg in den Arbeitsmarkt angesprochen. Können Sie das ausführen?
Wenn internationale Absolvent*innen in Deutschland trotz sehr guter Abschlüsse keinen Job in Deutschland finden, hat das häufig mit den deutschen Sprachkenntnissen zu tun. Wenn sie beispielsweise in einem Unternehmen arbeiten möchten, in dem hauptsächlich deutschsprachige Personen arbeiten, müssen sie mit ihnen auf Deutsch kommunizieren können. Hieran müssen wir unser Angebot anpassen und die Studierenden zum Beispiel sprachlich auf Bewerbungen, Vorstellungsgespräche oder die Kommunikation im Arbeitsumfeld vorbereiten.
Welche Herausforderungen bringen englischsprachige oder bilinguale Studiengänge mit sich?
Wir leben in einer globalisierten Welt und bilinguale oder englischsprachige Studiengänge sind ein hervorragendes Mittel, um unsere Studierenden darauf vorzubereiten. Das gilt sowohl für deutschsprachige als auch für internationale Studierende. Wenn wir die internationalen Absolvent*innen als Fachkräfte gewinnen möchten, bedeutet das aber natürlich, dass wir sie davon überzeugen müssen, nach dem Abschluss hier zu bleiben. Hierfür müssen wir sie bestmöglich auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereiten. Strukturen wie im Studiengang „Computational Sciences in Engineering“ (CSE) mit eingebetteten Deutschkursen können hier sehr sinnvoll sein.
Zum Abschluss: Was ist Ihre Vision für die Arbeit im Bereich der studienbegleitenden Deutschkurse?
Unser Kursangebot ist bereits sehr vielfältig, aber wir müssen am Ball bleiben, es weiter ausbauen und neue Angebote schaffen – gerade mit Fokus auf das spätere Berufsleben. In diesem Kontext möchten wir auch verstärkt interaktive und digitale Lernmethoden verstärkt einsetzen, um den Lernprozess noch effektiver und ansprechender zu gestalten. Diese Lehransätze ermöglichen es den Studierenden, flexibler zu lernen und ihren individuellen Lernrhythmus besser zu steuern. Auch Bereiche wie Landeskunde und Phonetik möchte ich stärken. Darüber hinaus möchte ich mit extracurricularen Veranstaltungen wie Länder- oder Spieleabende dazu beitragen, mit unserem Deutschlernangebot noch mehr internationale Studierende zu erreichen und miteinander ins Gespräch zu bringen. Wir werden alles tun, um die Studierenden bestmöglich zu unterstützen, und sind für Anregungen zu unserem Angebot immer offen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Daniel Götjen / International House