Delegation der TU Braunschweig zu Gast am IIT Bombay Ein Ort, an dem man kluge Köpfe trifft
Partnerschaften zwischen Universitäten sind wie die zwischen Menschen: Sie leben vom Austausch. So gibt es wohl an jeder Hochschule Kooperationen, die nur auf dem Papier bestehen, und solche, die zu lebhaften Kontakten führen; gute Geschäftsbeziehungen, langjährige Freundschaften, und solche mit Potenzial. Zu letzteren zählt die noch recht junge Partnerschaft der TU Braunschweig mit dem Indian Institute of Technology Bombay (IITB in Mumbai). Nach sieben Jahren des Austauschs auf Institutsebene war nun erstmals eine ganze Delegation von Professorinnen und Professoren aus fünf Fakultäten der Carolo-Wilhelmina auf dem dortigen Campus zu Besuch: Thomas Deserno, Sándor Fekete, Martin Bröring, Tanja Kessel, Corinna Bath und Thomas Kürner.
Seit 2011 ein indischer Spitzenstudent von der Elite-Universität in Mumbai an das Institut für Betriebssysteme und Rechnerverbund kam, hat sich ein stetiger Kontakt ergeben. Regelmäßig kommen inzwischen Studierende an die Carolo-Wilhelmina, um während ihres Forschungspraktikums an Instituten der Informatik und Elektrotechnik mitzuarbeiten und Lehrveranstaltungen zu besuchen. In Kürze werden wieder jeweils zwei Studierende von drei Instituten betreut. Auch die Chemie pflegt gute Kontakte. Seit 2012 gibt es einen Kooperationsvertrag, der den Austausch zwischen den Hochschulen regelt. Prof. Sándor Fekete, Institut für Betriebssysteme und Rechnerverbund, hat diesen initiiert und ist eine treibende Kraft hinter der Partnerschaft.
Nur wenige schaffen es auf die Universität
Das indische Bildungssystem ist mit dem deutschen kaum zu vergleichen. Nur wenige Schülerinnen und Schüler schaffen es auf die Universität, und zur Aufnahme an eines der Institutes of Technology wird besonders streng gesiebt: Von etwa 1,5 Millionen Bewerbern werden nur 3.000 im Jahr zugelassen. Allein die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung dauert im Durchschnitt zwei Jahre. Für junge Leute sei die Universität oft die beste Möglichkeit, den gesellschaftlichen Aufstieg zu schaffen, sagt Sándor Fekete. Entsprechend hoch sei die Motivation. Und entsprechend hoch ist auch das Niveau der Austauschstudierenden, die den Weg nach Braunschweig finden. Sie gehören zu den TOP 50 pro Fach ihres landesweiten Jahrgangs.
Für den Forschungsaufenthalt bewerben sich die Studierenden zentral über ihre Universität. Dabei können Sie zwischen Universitäten oder großen Konzernen wie Google oder Microsoft wählen. Deutschland hat insgesamt einen guten Ruf, es gilt als ordentlich, gut strukturiert, sauber und sicher. Bei der Auswahl der Zieluniversität spielt auch die Marke TU9 eine Rolle. Und auch die TU Braunschweig selbst gilt als gute Adresse. Über 100 Studierende am IITB würden gern an die Carolo-Wilhelmina kommen – für weniger als zehn gibt es Plätze. Fekete nennt Gründe: „Bei uns wird den Studierenden stromlinienförmig fast jedes organisatorische Hindernis aus dem Weg geräumt. Wir kümmern uns persönlich um alles – von den Behördengängen bis zur Unterkunft. Das spricht sich herum.“ Finanziert werden die Aufenthalte aus Institutsmitteln. Nicht selten führen die Forschungsbesuche in Braunschweig zu hochrangigen Publikationen; ein weiterer großer Anreiz für die Nachwuchsforscher und -forscherinnen.
Kluge Köpfe sind anziehend
Für den Informatiker lohnt sich die Investition mehrfach. Das IITB ist für ihn ein Ort, an dem man viele besondere und kluge „Köpfe“ trifft. „Kluge Köpfe ziehen sich gegenseitig an“, sagt er. „Sie finden die Qualität der Interaktion spannend. Nicht zuletzt deshalb haben auch unsere Studierenden etwas von dem Austauschprogramm. Wir können ihnen zeigen, dass die TU Braunschweig ein Ort ist, der internationale Spitzenkräfte anzieht und dass es hier ein besonderes Umfeld mit guten Kontakten in die Welt gibt.“ Das motiviere auch die deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen, zum Beispiel dazu, an der Uni zu bleiben und zumindest den Master-Abschluss anzustreben, trotz verlockender Alternativen in der Region.
Austausch lohnt sich für beide Seiten
Lohnt sich für sie ein Aufenthalt an einer indischen Universität? Prof. Fekete sieht mehrere Aspekte: Zum Erlernen kultureller Kompetenz sei dies ein großartiges Land, das intensivere Eindrücke biete. Die Begegnung mit extremer Armut und gleichzeitigem Aufstiegsstreben in der bunten und kontrastreichen Stadt könne belastend, aber auch enorm bereichernd sein. Der wissenschaftliche Austausch werde immer besser, je mehr persönliche Kontakte zwischen den Studierenden, aber auch zwischen den Betreuerinnen und Betreuern geknüpft werden. „Unsere Studierenden sind insgesamt viel international unterwegs. Dabei orientieren sie sich verständlicherweise auch an technischen Aspekten wie der Anrechenbarkeit der Studienleistungen. Unser Ziel ist es, auf der Basis unserer guten Beziehungen entsprechende Verfahren zu etablieren. Dann können wir Modell für eine Partnerschaft werden, die den Austausch für beide Seiten noch attraktiver macht,“ sagt Fekete. Seine Kollegen lädt er ein, die Internationalisierung mit zu gestalten.