22. Januar 2020 | Magazin:

Das Salz von Tschuri Mit Know-how der TU Braunschweig erhobene Daten der ROSETTA-Mission wurden ausgewertet

Im September 2016 näherte sich die Raumsonde ROSETTA dem Kometen „Tschuri“ auf wenige tausend Meter. Dabei wurden mit dem ROSINA-Instrument, das mit dem Know-how der TU Braunschweig mitentwickelt wurde, Massenspektren gemessen, die noch nie zuvor gesehen wurden. Deren Analyse ist Grundlage für die aktuelle Veröffentlichung im Magazin „Nature Astronomy“ mit einer Studie über Stickstoff in der Kometenhülle.

Instrumentenrechner für das ROSINA-Massenspektrometer, entwickelt und gebaut vom Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze (IDA) der TU Braunschweig. Bildnachweis: Björn Fiethe/TU Braunschweig

Die ROSETTA-Mission endete vor mehr als drei Jahren mit der Landung auf dem Kern des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko („Tschuri“), den die Raumsonde zuvor mehr als zwei Jahre lang umkreist hat. Am 5. September 2016 erreichte sie den niedrigsten Abstand zum Kometenkern, nur 1,9 Kilometer über der Oberfläche. Dabei wurden mit dem ROSINA-Instrument vielfältige Massenspektren gemessen. Das Magazin „Nature Astronomy“ hat in seiner Januarausgabe 2020 ein Paper von Berner Kolleginnen und Kollegen mit Ergebnissen der Datenauswertung veröffentlicht: Demnach haben sie eine Erklärung gefunden, warum in der Hülle von Kometen bislang nur wenig Stickstoff nachgewiesen werden konnte. Der Lebensbaustein trete zu einem großen Teil in Form von Ammonium-Salzen auf, deren Vorkommen man bisher nicht messen konnte.

Das Massenspektrometer ROSINA – kurz für „Rosetta Orbiter Spectrometer for Ion and Neutral Analysis“ – hat mit mehreren Sensoren die flüchtigen Bestandteile des Kometen analysiert. Das Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze (IDA) der TU Braunschweig hat dafür eine Prozessoreinheit mit Spezialsoftware entwickelt und gebaut. Der Rechner beinhaltete in einem etwa würfelförmigen Gehäuse von circa zwölf Zentimetern Kantenlänge alle Funktionen, um die Sensoren zu steuern, Messdaten aufzunehmen und Daten für die Telemetrie zur Erde aufzubereiten.

Über die Mission

Landeroboter Philae auf der Oberfläche des Kometen. Copyright: ESA/ATG medialab

Die Weltraumsonde ROSETTA sowie ihre Landeeinheit „Philae“ wurden im Jahre 2004 vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guayana) auf ihre Mission geschickt. Rosetta war die erste Mission, die zum Ziel hat, einen Kometen in seiner Umlaufbahn zu treffen, ihn zu verfolgen und ein Landemdoul auf seiner Oberfläche zu platzieren. Auf ihrem Weg hat sie bereits mehrmals die Erde und den Mars umrundet sowie den Kometen 9P/Tempel und die Asteroiden (2867) Šteins und (21) Lutetia passiert, bevor sie im Juni 2011 in eine energiesparende Ruhephase versetzt wurde. Im Januar 2014 wurde sie aus ihrem Winterschlaf geweckt. Im November 2014 wurde der Lander von der Sonde getrennt und landete außerhalb der geplanten Zielregion auf der Oberfläche des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko. Im September 2016 ließ man die Sonde kontrolliert abstürzen.

Kometen sind für die Weltraumforschung von besonderem Interesse, weil sie, ähnlich einer Zeitkapsel, Material aus der Entstehungszeit der Planeten in unserem Sonnensystem in sich bergen. Die Erforschung von Gas, Staub und organischen Stoffen des Kometen verspricht Forschungsergebnisse, die auf die Entstehung unseres Sonnensystems und damit auch des Lebens auf der Erde schließen lassen.

Die TU Braunschweig war eine von drei deutschen Universitäten, die an der Rosetta-Mission beteiligt waren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Braunschweig haben einen Instrumentenrechner sowie Teile der Multifunktionskamera der Sonde entwickelt. Zudem sind sie mit ihren Messinstrumenten jeweils an einem von elf Forschungsprojekten auf der Sonde und einem von neun Forschungsprojekten auf der Landeeinheit beteiligt.