Come fly with me! Das neue Forschungsflugzeug der TU Braunschweig ist gelandet
Pünktlich um 14.50 Uhr ist es am Mittwoch endlich so weit: Das neue Forschungsflugzeug landet zum ersten Mal in Braunschweig und wird nach Fliegertradition begrüßt. Die Flughafenfeuerwehr empfängt die Cessna F406 mit zwei Wasserfontänen vor dem Hangar am Flughafen in Braunschweig. Gestartet ist das neue Forschungsflugzeug „D-ILAB“ anderthalb Stunden zuvor in Frankreich, in Reims wurde die Cessna komplett modernisiert und für den Forschungsbetrieb und die wissenschaftlichen Missionen umgerüstet. Ermöglicht wurde die Anschaffung des neuen Flugzeugs durch eine Förderung der Klaus Tschira Stiftung, die den Kauf und die Umrüstung der neuen Maschine mit rund viereinhalb Millionen Euro förderte.
„D-ILAB“ mit der vorläufigen Kennung „F-GVRX“
Das neue Flugzeug mit der vorläufigen, französischen Kennung „F-GVRX“ hat über 2000 Kilometer Reichweite und erreicht dank der zwei 500 PS starken Propellerturbinen eine Geschwindigkeit von 236 Knoten (etwa 437 Stundenkilometern). Das aktuelle Forschungsflugzeug, eine Dornier Do128-6 („D-IBUF“) erreicht 1200 Kilometer und maximal 140 Knoten und gehört damit bereits zu den Spitzenreitern im universitären Bereich.
Einsatz in Forschung und Lehre – Flugführung und Luftfahrtforschung
Im Institut für Flugführung (IFF) ist die Freude über die Ankunft des neuen „Forschungsgeräts“ groß: „Wir freuen uns sehr, dass wir ein neues Forschungsflugzeug haben, das bei uns in der Forschung und in der Lehre eingesetzt werden kann“, sagt Professor Peter Hecker, Leiter des Instituts. „So können wir Studierenden direkt zeigen, was Flugführung und Luftfahrtforschung bedeutet, denn die Studierenden haben die Möglichkeit an Bord dieses Flugzeugs selbst Erfahrungen zu sammeln und Messtechnik auszuprobieren. Das ist einmalig in Europa und in dieser Dimension und Größenordnung auch in Deutschland.“
Das neue Forschungsflugzeug der TU Braunschweig
Vorbereitung für wissenschaftliche Missionen – Nasenmast mit Sensoren
Bevor der neue Star des Instituts auf seine ersten wissenschaftlichen Missionen fliegen kann, werden letzte Nachrüstungen vorgenommen. In Braunschweig erhält der Flieger seinen Nasenmast, der mit einer Länge von 4,5 Metern unter dem Rumpf angebaut wird und dann rund zwei Meter über die Nase hinaus ragt. Auf diese Weise können zum Beispiel Windrichtung und -geschwindigkeit, Turbulenz, Feuchtigkeit, Temperatur sowie der Anstell- und Schiebewinkel des Flugzeugs gemessen werden. Anschließend führt der nächste Flug nach Straubing, in die Nähe von München, dort werden die Propeller ausgetauscht und das Flugzeug im Betrieb so etwas leiser und noch ein bisschen schneller.
Geplanter paralleler Einsatz der zwei Forschungsflugzeuge – weltweit einmalig
Eine der ersten Missionen ist dann für das nächste Jahr geplant, verrät Dr. Thomas Feuerle: „Wir fliegen aktuell mit der Dornier über der Nordsee hinter Windparks. 2021 wollen wir diese Messungen mit beiden Flugzeugen gleichzeitig durchführen und parallel an der windzugewandten und windabgewandten Seite messen. So etwas gab es weltweit noch nie, mit beiden Flugzeugen gleichzeitig zu fliegen, ist eine einmalige Chance.“
Einmalig sind auch die Möglichkeiten, die die Forschungsflugzeuge im Bereich der Lehre bieten. Über 3.500 Studierende der TU Braunschweig und anderer Universitäten konnten so bisher an Flugversuchen mit der „D-IBUF“ teilnehmen – beispielsweise im Rahmen von Praktika während des Studiums oder im Rahmen einer Summerschool, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der TU Braunschweig regelmäßig ausgerichtet wird.
Projekte und Missionen des neuen Forschungsflugzeugs
„Ich bin sicher, dass wir noch ganz viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse durch dieses Forschungsflugzeug sammeln werden“, sagt Prof. Anke Kaysser-Pyzalla, die Präsidentin der Carolo Wilhelmina. Das „wir“ bezieht sie dabei nicht nur auf die eigene Universität, denn auch andere universitäre Einrichtungen in Deutschland nutzten die Maschine für ihre Forschung. So kooperiert die TU Braunschweig mit meteorologischen Lehrstühlen der Universität Hamburg und mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Laboreinsätze mit der deutschlandweit bekannten „D-IBUF“ werden auch für die Technische Universität Berlin geflogen. Und neben nationalen Projekten waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Flugführung dabei auch an europäischen Projekten der angewandten Forschung im Bereich der Navigation (Satelliten- und Trägheitsnavigation bzw. Hybride Systeme) oder an Missionen zu neuartigen, umweltverträglichen und lärmarmen Anflugverfahren beteiligt.
Daten des Forschungsflugzeugs:
- Flugzeugtyp: Cessna F406 Caravan II
- Kennzeichen: D-ILAB
- Maximal erreichbare Flughöhe: 30.000 ft.
- Antrieb: zwei Propellerturbinen mit jeweils 500 PS
- Geschwindigkeit: 236 KTAS (Knoten True Airspeed)
- Reichweite: über 2.000 Kilometer
- Spannweite: 15,09 Meter