Bronze fürs „C-House“ beim Zehnkampf in Dezhou Studierende der TU Braunschweig kehren erfolgreich vom Solar Decathlon China zurück
Es ist ein Zehnkampf für innovatives und energieeffizientes Bauen – der Solar Decathlon. Beim studentischen Wettbewerb um das Haus der Zukunft in China nahmen erstmals auch Studierende der Technischen Universität Braunschweig teil – und schafften es gleich auf das Siegertreppchen. Das deutsch-chinesische TUBSEU-Team gewann mit ihrem „C-House“ den dritten Platz.
Ein gelungener Abschluss des Projekts. „Dass eine Gruppe Studierender aus Deutschland mit einer Gruppe chinesischer Studierender ein Team bilden und gemeinsam die Architektur und Technik für ein innovatives Plus-Energie-Gebäude entwerfen, ist selten. Dass dieses Haus mit einer siebenstelligen Projektsumme dann auch tatsächlich realisiert wird, ist praktisch einmalig“, freut sich Professor M. Norbert Fisch vom Institut für Gebäude und Solartechnik.
C-House-Core auf Reise
Rund zwei Jahre hatten die Studierenden der Carolo-Wilhelmina und der Southeast University Nanjing in China Zeit, um ein Einfamilienhaus mit einer Grundfläche von 120 bis 200 Quadratmetern zu realisieren. Das technische Herzstück des Wettbewerbsbeitrags entstand an der TU Braunschweig. Es ist so etwas wie der Versorgungstrakt – mit allen wichtigen technischen Anlagen wie Wärmepumpe, Pufferspeicher, Eisspeicher, Batterie, Lüftungsanlage, Schaltschrank sowie diversen Verbindungs- und Verteilungsrohren. An den Wänden des Holzkerns wurden außerdem Klimaschächte installiert. Sie übergeben Wärme und Kälte an den Innenraum des Gebäudes und dienen gleichzeitig zur Entfeuchtung der Luft. Im sogenannten Core befinden sich auch eine Küche sowie ein Bad und ein Gäste-WC. Zudem wurde eine LED-Beleuchtung installiert. Dieser Technikkern wurde bereits Ende des vergangenen Jahres gebaut, im Dezember dann demontiert und nach China verschifft, um rechtzeitig zum Start des solaren Wettkampfs in Dezhou in der Provinz Shandong anzukommen. Die Millionenstadt liegt rund 272 Kilometer Luftlinie von Peking entfernt.
Vier Wochen vor dem eigentlichen Wettbewerbsbeginn Anfang August reiste ein Team aus Studierenden und Mitarbeitern der TU Braunschweig nach Dezhou, um den knapp fünf Meter langen, drei Meter breiten und fünf Meter hohen zweigeschossigen Kern des C-House wieder aufzubauen. Der modulare Core hatte die Verschiffung in zwei Containern gut überstanden. Lediglich ein paar Gipskarton-Platten mussten die Studierenden auf dem Wettbewerbsgelände austauschen und kleinere Schönheitsreparaturen vornehmen. Auf einem blanken Fundament errichteten die Studierenden ihr Haus, das unter den 20 realisierten Bauten von Teams aus aller Welt durch seine kubische Form hervorstach.
Kommunikation mit Händen und Füßen
Unter anstrengenden klimatischen Bedingungen – zwischen 35 und 40 Grad Celsius und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit – arbeiteten die Braunschweiger Studentinnen und Studenten, um das Herz des Gebäudes in Betrieb nehmen zu können. So mussten sie Module untereinander technisch verbinden sowie die hydraulischen und elektronischen Installationen vornehmen. Gleichzeitig starteten die chinesischen TUBSEU-Mitglieder der Southeast University Nanjing mit der Gebäudehülle.
Dabei galt es auch manch kulturelle Unterschiede zur Arbeit auf der Baustelle zu überwinden. Nicht immer funktionierten die Absprachen, die meist auf Englisch, aber manchmal auch mit Händen und Füßen übermittelt wurden. So war die eine oder andere Steckdose zu viel oder am falschen Ort montiert. „Die Ausführung war nicht immer so, wie wir es in Deutschland gelernt haben“, erzählt Ann-Kristin Mühlbach, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gebäude- und Solartechnik und Projektkoordinatorin im TUBSEU-Team. „Aber auch das ist eine Erfahrung, die man aus dem Projekt mitnimmt.“
Wettbewerb in zehn Disziplinen
Letzten Endes war das TUBSEU-Team eines der ersten, das ihr Gebäude fertiggestellt hatte und sich der Bewertung der verschiedenen Jurys stellen konnte. Wie beim sportlichen Zehnkampf vergaben die Preisrichter die Punkte in zehn Kategorien, darunter Architektur, Öffentlichkeitsarbeit, Marktfähigkeit, technische Umsetzung, Behaglichkeit, Solarenergie und Innovation. So mussten die Studierenden in der Disziplin „Home Life“ eine Dinner Party für andere Teams ausrichten, um die Funktionalität und Nutzbarkeit der Küche zu demonstrieren. Auch der Verbrauch von Waschmaschine und Spülmaschine wurde täglich gemessen. Und ein E-Auto musste das Team mit selbst generiertem Strom aufladen und 160 Kilometer weit fahren. Ziel war, mehr Energie mit dem C-House zu produzieren als das Gebäude mit all seiner Technik verbrauchen kann.
Fester Kern, flexible Hülle
Das Plus-Energie-Haus überzeugte die Jury und die Besucherinnen und Besucher, die durch das innovative Gebäude geführt wurden. „Es war ein Pluspunkt, dass unser Konzept sehr simpel ist“, sagt Ann-Kristin Mühlbach. Der vorgefertigte Kern beinhaltet alle Funktionen und Elemente zur Versorgung des Gebäudes. Deshalb ist es möglich, die Gebäudehülle flexibel zu gestalten. Als einfacher Kubus, wie beim C-House, oder in anderen Varianten, die auch auf Hausdächer aufgesetzt werden könnten. Ebenfalls sieht das Konzept vor, den Kern in Bestandsgebäuden zu integrieren.
Bis Oktober sind die Häuser der Zukunft in der öffentlichen Ausstellung in Dezhou zu sehen. Was dann mit den Gebäuden am Rande der chinesischen Millionenstadt passiert, ist bislang nicht klar. Doch nach Braunschweig wird das C-House wohl nicht wieder zurückkehren.