1. Oktober 2024 | Magazin:

Bild des Monats: „Drück mal!“ 3D-Druck von Stahl für Bauwerke der Zukunft

Um den traditionellen Stahlbau mit komplexen Geometrien sinnvoll zu ergänzen, werden individuelle Bauteile mit dem 3D-Druckverfahren „Wire Arc Additive Manufacturing“ (WAAM) hergestellt. Für den sicheren Einsatz dieser Bauteile in Bauwerken ist es notwendig, ihr Verhalten unter Zug- und Druckbeanspruchung zu verstehen. Deshalb untersuchen Marc Müggenburg, Dr. Julian Unglaub und Professor Klaus Thiele am Institut für Stahlbau in der Arbeitsgruppe Material und Bauteilverhalten der TU Braunschweig den Einsatz des 3D-Drucks von Stahl im Bauwesen und dessen Bauteilverhalten. Das Bild des Monats zeigt ein mit dem WAAM-Verfahren gedrucktes spezielles Stahlrohr im Belastungstest.

Am Institut für Stahlbau werden Druckversuche an additiv gefertigten Rohren gemacht. Bildnachweis: Marc Müggenburg/TU Braunschweig

Die additive Fertigung, auch als 3D-Druck bekannt, ermöglicht die Verwendung einer Vielzahl von Materialien. Für das Drucken mit Stahl wird im Bauwesen vor allem die drahtbasierte additive Fertigung durch Lichtbogenauftragsschweißen (Wire Arc Additive Manufacturing – WAAM) eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird ein Schweißgerät mit einem Roboterarm kombiniert. Das drahtförmige Ausgangsmaterial wird durch einen Lichtbogen aufgeschmolzen und schichtweise übereinander aufgetragen. Das WAAM-Verfahren ermöglicht die Herstellung individueller Bauteile mit komplexen Geometrien, die in jeder Richtung mehr als einen Meter groß sein können. Mit diesen Bauteilen kann der traditionelle Stahlbau sinnvoll ergänzt werden, zum Beispiel durch innovative Fassadenknoten, baumförmige Stützstrukturen oder die Verstärkung bestehender Konstruktionen.

Additiv gefertigte Stahlrohre im Druckversuch

Um diese Bauteile sicher in Bauwerken einsetzen zu können, muss deren Verhalten bei Zug- und bei Druckbeanspruchung verstanden werden. Daher haben die Wissenschaftler spezielle Rohre aus Stahl mit dem WAAM-Verfahren gedruckt und diese anschließend am Institut für Stahlbau Belastungstests unterzogen. In den Versuchen wurden die Rohre kontrolliert mit einer hohen Kraft vertikal zusammengedrückt. Dabei zeichneten die Forschenden die Verformungen der Rohre mit vier hochauflösenden Kameras auf. Um bei den Druckversuchen unter anderem die Kontraste auf der welligen Bauteiloberfläche hervorzuheben, wurden die Rohre mit zwei intensiven roten Lichtern bestrahlt.

Bauteilverhalten unter Druckbeanspruchung

Die Druckversuche an den additiv gefertigten Rohren haben gezeigt, dass der verwendete Stahl für Anwendungen im Bauwesen geeignet ist, da die Bauteile eine hohe Festigkeit aufweisen und große Verformungen auftreten, bevor es zu einem Versagen kommt. Derzeit wird untersucht, inwieweit sich die Erkenntnisse aus den gedruckten Rohren auf größere Stahlbauteile übertragen lassen. Zudem soll in Zukunft während des 3D-Druckens der Bauteile gleichzeitig ein „digitaler Zwilling“ der Stahlbauteile erstellt werden. Mithilfe dieses „digitalen Zwillings“ können Aussagen über das Bauteilverhalten getroffen werden, ohne zerstörende Versuche durchführen zu müssen.

Hintergrund

Die in diesem Beitrag vorgestellten Forschungsarbeiten des Instituts für Stahlbau werden im Rahmen des Projekts „Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) of High Strength and Individualized Steel Components (A07)“ durchgeführt. Das Projekt ist Teil des Sonderforschungsbereichs Transregio 277 „Additive Manufacturing in Construction“ (AMC) – Projektnummer 414265976.